Vermittlung statt Konfrontation: Mediation - eine Dienstleistung mit Zukunft - Grundprinzipien, Konfliktfelder, Erfahrungen (original) (raw)
2003, Arbeitsmarkt, Bildung, Kultur & Sozialwesen, 9. Jahrgang, Nr. 48
Steht bald wieder ein Arbeitskampf ins Haus? Im Frühjahr stellen sich viele diese Frage in Deutschland. Im Sommer gibt es dann häufig Arbeitskämpfe. So auch im Jahre 2003, als IG-Metaller und Unternehmensvertreter aufeinander los gingen. Grund waren die immer noch längeren Arbeitszeiten in den neuen Bundesländern. Doch das Ergebnis war mager. Die einen wollten die 35 Stunden-Woche beibehalten, die anderen die längeren Arbeitszeiten. Kein Schlichter, wie in sonstigen Arbeitskämpfen üblich, brach die verhärteten Positionen auf. Schließlich ging es nicht mehr weiter: Die Gewerkschaftsfunktionäre beharrten auf ihren einmal besetzten Positionen und zerstritten sich sogar untereinander. Aber auch die andere Seite, stahlhart, vertreten durch die sächsischen Arbeitgeber, gab nicht nach. Dann knickte die Gewerkschaft ein unter dem "quer durch Politik, Wissenschaft und Medien gehenden Trommelfeuer" (Die Zeit). Klaus Zwickel erklärte schließlich am 28. Juni 2003 den Streik für gescheitert. Hätten beide Parteien rechtzeitig eine umfassende Mediation eingesetzt, wären einige Probleme gar nicht entstanden. Auch manche gewerkschaftsinternen Schwierigkeiten hätte eine Mediation beheben können. In Tarifauseinandersetzungen kommt es doch zu Schlichtungen, was würde hier eine Mediation bringen? Das ist eine berechtigte Frage. Tatsächlich bestehen Gemeinsamkeiten zwischen beiden Verfahren. So setzen jeweils beide Parteien einen unparteiischen Dritten ein, der helfen soll, ein zufriedenstellendes Ergebnis zu erzielen. Doch andererseits ist Mediation, im Gegensatz zur tariflichen Schlichtung, eher ein offener, freiwilliger Prozess. Beruhen die Schlichtungsverfahren der Tarifparteien überwiegend auf besonderen Schlichtungsabkommen, die zur Errichtung von Schlichtungsstellen führen (paritätisch besetzt mit Beisitzern und einem unparteiischen Vorsitzenden), so können in der Mediation die beiden Parteien immer wieder neu aushandeln, unter welchen Rahmenbedingungen sie sich streiten wollen. Schaltet sich im Arbeitskampf die Presse ein, arbeiten Mediatoren oft unbemerkt. Tarifauseinandersetzungen sind hochpersonalisiert, gerade auch dann, wenn ein Schlichter zu vermitteln sucht zwischen den von vorneherein überspannten Positionen. Die Mediation dagegen bewegt sich weg von den Personen, tastet sich langsam an die Probleme heran und arbeitet schrittweise mit den Konfliktparteien heraus, welche Interessen sich hinter welchen Positionen verstecken. Steht am Ende von vielen Tarifverhandlungen ein Kompromiss, mit denen die Tarifparteien eine Weile zähneknirschend leben können, verhilft die Mediation zu stabilen Lösungen, mit denen die Beteiligten zufrieden sind.