Poeta theologus - theologus poeta. Theologisch informierte Dichterrezeption bei Eugenius II. von Toledo (am Beispiel des carm. 3) (original) (raw)
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1455a 32-34 heißt es in der „Poetik“ des Aristoteles, dass die Dichter entweder begabt oder von einem göttlichen Wahnsinn (furor poeticus) besessen seien. Damit scheint es sich bei diesem Satz um die einzige Stelle zu handeln, an der Aristoteles eine göttliche Entrückung der Dichter in Betracht zieht. Die Kommentatoren des 16. Jahrhunderts haben deshalb viel philologischen Scharfsinn auf den Versuch verwendet, diese Stelle so zu deuten, dass sie zur Konzeption der Dichtung als einer technischen Fähigkeit, wie sie die „Poetik“ entwickelt, nicht in Widerspruch steht. Mehr oder weniger explizit wenden sie sich dabei gegen die neuplatonische Enthusiasmus-Theorie Marsilio Ficinos.
Karolingische Gelehrte als Dichter und der Wissenstransfer am Beispiel der Epigraphik
Wissenstransfer und kulturelle Innovation, 2015
Vor wenigen Jahren hat Nick Everett die gut begründete These aufgestellt, dass der langobardische König Liutprand in bis dahin unbekanntem Maß Epigraphie als ein Mittel königlicher Propaganda genutzt habe, um allen sein Wohlwollen, seine Frömmigkeit und die rechtmäßige Erfüllung seiner königlichen Pflichten zu demonstrieren.1 Laut Rudolf Kloos "wurde erstmals in Pavia, der langobardischen Königsstadt, um 700 eine erfolgreiche Wiederbelebung epigraphischer Schriftkultur ins Werk gesetzt".2 Diese öffentlichen, auf die Propagierung königlicher Ideale zielenden Inschriften richteten sich demnach unmittelbar an die literaten Rezipienten. Gleichwohl wurde materiell Geschriebenes auch von nur partiell literaten oder gar illiteraten Akteuren rezipiert, für welche die Ikonizität des Gesamtsbildes in den Vordergrund trat.3 Der Inschriftentext hat zwar primär eine verbale Botschaft, aber die figurale Anordnung transportiert daneben eine ganze Reihe assoziativer Bedeutungen, die für die illiteraten Rezipienten erkennbar waren.4 Die Materialität und die Präsenz der Epigraphik verbinden deswegen in ganz spezifischer Weise die Visualisierung basaler Botschaften mit der klassisch-christlichen Gelehrsamkeit im Umfeld der gebildeten Elite am Hof eines Königs. Die erwähnten langobardischen Inschriften sind sowohl in der epigraphischen Technik als auch in der literarischen Gestaltung bemerkenswert.5 Ihre neuartigen Formen wurden bald auch andernorts, vor allem in Süditalien übernommen, auch wenn man bis heute die konkreten Vermittlungswege nicht rekonstruieren konnte.6 Nach Liutprands Tod könnte diese königliche Propaganda durch Inschriften auch von weiteren Kreisen der langobardischen Elite kopiert worden sein.7 Denn nun traten
2021
Wer verfasst eigentlich die lehramtlichen Dokumente des Stellvertreters Jesu Christi auf Erden? Wie entsteht ein Dogma und wie erfolgt die Inszenierung einer unfehlbaren Verkündigung durch den Papst? Und vor allem: Kann sich katholische Glaubenslehre entwickeln oder gar korrigiert werden? Diesen und weiteren theologisch brisanten Fragen geht der Autor in der vorliegenden Studie nach. Hierzu stellt er das Lehramt der Päpste Pius XI. (1922–1939) und Pius XII. (1939–1958) regelrecht auf den Prüfstand der Geschichte. Das Werk bietet hochspannende Einblicke in die Schreibwerkstatt päpstlicher Dokumente, wie etwa der Eheenzyklika „Casti connubii“ (1930), der Apostolischen Konstitution „Sacramentum ordinis“ (1947) über die heiligen Weihen oder der Dogmatisierungsbulle der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel von 1950. Der Leser wird nach Rom, ins Machtzentrum der katholischen Kirche, mitgenommen und kann gewissermaßen über die Schulter des päpstlichen Ghostwriters blicken: des deutschen Jesuitenpaters und Professors für Moraltheologie Franz Hürth (1880–1963). Dafür wurden bislang unbekannte Akten aus dessen Privatnachlass sowie neu zugängliche Quellen aus den vatikanischen Archiven ausgewertet. Die Studie liest sich nicht nur wie eine kirchenhistorische Detektivgeschichte und bietet theologische Sprengkraft sondergleichen, sondern präsentiert auch neue historisch fundierte Optionen für die anstehende Reform der katholischen Kirche.
Tarsus unterwiesen wurde. Tatsächlich kann man erst seit Theodor von einer klassischen antiochenischen Christologie sprechen und die Spuren dieser Tradition sind im Werk des Nestorius unverkennbar. Nestorius wird in der antiochenischen exegetischen Tradition der literarischen, buchstäblichen und historischen Schriftdeutung geschult. Diese steht in einem gewissen Gegensatz zur alexandrinischen Schule, die exegetisch vor allem an einer allegorischen Auslegung interessiert ist. Freilich ist es schwierig, so unterschiedliche Theologen wie Diodor von Tarsus, Johannes Chrysostomos, Theodor von Mopsuestia, Theodoret von Khyrros und Nestorius von Konstantinopel in dieselbe Schule einzureihen. Überdies hat in Antiochien im Gegensatz zur Schule von Alexandrien keine beständige Katechetenschule oder Lehrinstitution bestanden. Daher sollte man, trotz der Disparität der antiochenischen Theologen, eher von einer spezifischen Denkrichtung oder Methode antiochenischer Exegese und Theologie sprechen, die von einzelnen bedeutenden und schulbildenden Lehrern getragen wird.