Das Eigenheim im Grünen. Kontinuität und Wandel eines Sehnsuchtsortes (original) (raw)

2017, Zeitschrift für Kulturwissenschaften

Es ist bemerkenswerterweise gerade einmal 20 Jahre her, dass sich die profiliertesten Vertreter der deutschen Stadtforschung in Bremen zu einer Konferenz unter dem Titel Das Verschwinden der Städte (Krämer-Badoni/Petrowsky 1997) versammelten. Anlass der Veranstaltung war die ungebremste und scheinbar unabänderliche Abwanderung junger Familien in das Umland. Es wurde über die Folgen dieses Prozesses diskutiert, vor allem aber über die Wirkungslosigkeit planerischer Steuerungsversuche geklagt. Weder war es gelungen, die suburbanen Gemeinden in der Ausweisung immer neuer Flächen als Bauland zu bremsen, noch war der entscheidende Dreh gefunden worden, um den Abwanderungswunsch aus den Kernstädten, insbesondere von jungen Familien, abzuschwächen. In dieser Konstellation schien es naheliegender, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie die »Zwischenstadt« (Sieverts 1997) auszugestalten sei, als noch länger an dem vermeintlichen Fakt rütteln zu wollen, dass die Menschen nun mal mit der Familiengründung ins Eigenheim im Grünen streben und die Stadt sich folglich immer stärker in die Region auflöse. Heute, zwanzig Jahre später, befinden wir uns in einer völlig gegensätzlichen Konstellation: Die Städte werden, und zwar gerade auch von jungen Familien, der klassischen Zielgruppe des suburbanen Eigenheims, nachgefragt wie nie zuvor. Herfert und Osterhage (2012: 95) weisen darauf hin, dass »von 2000 bis 2008 der Anteil der untersuchten westdeutschen Stadtregionen (n=63), in denen die Bevölkerungsentwicklung im Kern günstiger als im Umland verlief, schrittweise von unter 20 auf über 75 Prozent anstieg«. Kaup et al. (2014: 217) kommen sogar zu dem Ergebnis, dass für 90 Prozent der deutschen Stadtregionen von einer Zentralisierung gesprochen werden kann. Der Übergang von einer Dezentralisierung zur Zentralisierung stellt für Herfert und Osterhage »das typische Charakteristikum der stadtregionalen Entwicklung« (Herfert/Osterhage 2012: 95) der letzten Jahre dar. Nicht immer geht es dabei um Muster der absoluten Zentralisierung (Kern gewinnt, Umland verliert Einwohner), häufig ist bislang auch das Phänomen der relativen Zentralisierung zu beobachten (Kern und Umland gewinnen bzw. in Ostdeutschland z.T. verlieren beide Einwohner, aber das Umland gewinnt weniger bzw. verliert deutlicher). Gerade die innenstadtnahen Stadtteile stehen dabei unter enormem Entwicklungs-und