Reisen In Erinnerung: Versuch Einer Narratologischen Raumtheorie Angesichts Des Jugoslawischen Zerfalls (original) (raw)

1 Einleitung: (Visueller) Umbruch im ex-jugoslawischen Raum

2017

Die Darstellung der Mythen sind (...) lauter ,Ikonen der Nation' im religiösen und liturgischen Sinne des Wortes. 1 "Es lebe Yugoslawien/Živela Jugoslavija" von Lepa Brena, aus dem Jahr 1985: "Tu je rođen maršal Tito, naše ime ponosito, k'o heroja ceo svet ga zna, blago zemlji što ga ima, pamtit će se vekovima, živela Jugoslavija". 2 Nation wird hier nach Benedict Anderson als eine "imagined comunity" verstanden, die nur in der Vorstellung ihrer Gemeinschaft existiert. Obwohl die Mitglieder einer Nation die anderen Mitglieder nicht kennen, existiert jedoch die Vorstellung einer Gemeinschaft. Vgl.: Bendedict Anderson: Die Erfindung der Nation. Zur Karriere eines folgenreichen Konzepts, aus dem Englischen v. Benedikt Burhard, Frankfurt/Main. Campus Verlag 1993, 15f. 3 Der sich auf Tito beziehende Ausdruck "Heroj naših naroda i narodnosti" war in den ex-jugoslawischen Teilrepubliken weit verbreitet. Mit Naroda sind die Völker Serben, Kroaten, Slowenen, Bosnier, Mazedonier und Montenegriner, gemeint, in die Nationalitäten werden zudem die Minderheiten miteinbezogen: Ungarn, Sinti und Roma, Albaner etc. 4 Wenn ich die Landesbezeichnung Serbien verwende, ist dies als vereinfachende und verallgemeinernde Bezeichnung zu verstehen, da Serbien sich 1992 als Bundesrepublik Jugoslawien Open Access. © 2017 Klaudija Sabo, publiziert von De Gruyter. Dieses Werk ist lizenziert unter der Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 Lizenz.

Die verlorenen Regionen als Narrativ im österreichischen historischen Roman der Ersten Republik – Funktion, Implikationen, Zeitgeschichte

Prace Literaturoznawcze

After the collapse of the Habsburg Monarchy, many Austrian nationalistic writers were reinforcing anti-Slavic resentment by means of highlighting the superiority of German culture and heritage over Slavic culture across the territory of the newly formed states. On the example of several historical novels, above all the novel “Die Fackel des Hus” (1929) by the Sudeten writer Karl Hans Strobel, who was one of the leading writers of the Viennese nationalist and pro-fascist faction in the First Austrian Republic, it is shown how national-patriotic and catholic writers fostered the myth of the elitism of German spiritual culture in Austria.

Literatur topographiert. Der Balkan und die postjugoslawischen Kriege im Fadenkreuz des Erzählens

2014

Die postjugoslawischen Kriege haben das Friedensprojekt Europa in seinen Grundfesten erschüttert. Das neu erstandene stereotype Bild vom Balkan hat aber ebenso sehr mit der historischen Implikation Österreichs und Deutschlands zu tun. Darum wird gleich eingangs Diskursbildung und konkretes Kriegsgeschehen miteinander verschränkt, um die literarische Verarbeitung der jüngsten Kriege erstmals aus einer Doppelperspektive von ›innen‹ und ›außen‹ zu analysieren. Dabei steht die Frage im Zentrum, wie die Literatur durch die kriegsversehrte Landschaft topographiert wird und wie sie selber diese wiederum topographiert. Augenzeugenberichte kritisieren nicht nur einschlägige Diskurse, wie z.B. den »Clash of Civilizations«, sondern akzentuieren genuin literarische Verfahren, um das Trauma überhaupt benennen zu können. Dagegen nimmt sich die Außenperspektive geradezu bescheiden aus, ist man doch im deutschsprachigen Raum zunächst mit sich selber beschäftigt. Dennoch sind aus komparatistischer Sicht Parallelen auszumachen. Dazu gehört der Vergleich mit dem Zweiten Weltkrieg. Während sich Sebald einer melancholischen Dekadenzgeschichte verschreibt, ist bei Autoren Ex-Jugoslawiens (Albahari, Drakulić, Karahasan) ein ungebrochener Wille erkennbar, aus der Geschichte lernen zu wollen. Bei der jüngsten Generation (Gstrein, Stanišić, Hemon, Kim) wird ein metanarratives Erzählen immer wichtiger. Aus der Abgleichung von Reisebewegung und verhandelten Topoi lässt sich anhand der postjugoslawischen Kriege eine Raumnarratologie entwickeln, die bereits für die Analyse von Handkes polemischen Schriften gebraucht und gegen Schluss der Monographie bis hin zur Gedichtanalyse (Stojić, Dežulović, Waterhouse) immer zentraler wird. Damit wird erstmals der Versuch unternommen, aus einer Gesamtsicht die literarische Rezeption des jüngsten Traumas der europäischen Geschichte nachhaltig aufzuarbeiten.

Protokolle eines Zerfalls. Aspekte der postjugoslawischen Exilliteratur

Kulturwissenschaftliches Jahrbuch 4 (2008), 2008

Die Jugoslawienkriege von 1991–1999 hatten bekanntermaßen große Fluchtbewegungen zur Folge, die auch breite Schichten von Intellektuellen, KünstlerInnen und SchriftstellerInnen erfassten. Dies gilt gleichermaßen für alle Republiken sowie die autonomen Provinzen der ehemaligen SRF Jugoslawien. Ohne auf politische, kulturelle und biografische Differenzierungen innerhalb der ins Exil gegangenen AutorInnen einzugehen, versucht die folgende Analyse Gemeinsamkeiten einer bosnischen, kroatischen und serbischen Exilliteratur (die hier als postjugoslawische zusammengefasst wird) festzuhalten.