Armenfürsorge bei den Zisterziensern im Mittelalter (vor allem in Böhmen) (original) (raw)

böhmischen Ländern (auf Grund der Visitationsurkunden) 1 Einleitung 1.1 Stand der Forschung und die vorliegende Studie Die vorliegende kleine Studie bemüht sich eine Skizze der cisterciensischen Armenfürsorge in den vorhussitischen böhmischen Ländern darzustellen. Es handelt sich scheinbar um ein zusammenhangloses Thema: einerseits stehen die mit den Mauern geschlossenen Klöster des kontemplativen Ordens, andererseits gibt Armen, Pilger oder andere Wanderer, die an die Pforte klopften. Der heilige Benedikt spricht aber davon deutlich in seiner Regel und gibt mit dem Hinweis auf das Mathäusevangelium unter anderen Werkzeugen für die guten Taten folgende Ratschläge: "Die Armen erquicken. Den Nackten bekleiden. Den Kranken besuchen. Den Toten begraben. In der Bedrängnis zu Hilfe kommen. Den Trauernden trösten." 1 Die tschechische Mediävistik hat bisher keine Schrift, die sich mit diesem Thema beschäftigt. Zum Glück liegen mindestens die einzelne Kapitel im Rahmen der allgemeinen Forschung nach diesem Orden vor. Ich muss vor allem Augustin Neumann nennen, der schon in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts auf diesem Feld tätig war und der auch die klösterlichen Visitationsurkunden viel benutzte. Danach lagen die Visitationen lange ohne eine Aufmerksamkeit, was erst Kateřina Charvátová geändert hat. Schon zwei herausgegebene Bände aus der geplanten Trilogie Dějiny cisterckého řádu v Čechách 1142-1420 [Die Geschichte des Cistercienserordens in Böhmen 1142-1420] geben einen komplexen Einblick in die Wirkung des Ordens in den böhmischen Ländern. Genauso wird sicher die gleichzeitige Forschung von Dušan Foltýn über den klösterlichen Spitälern gewinnbringend sein, denn er widmet seine Aufmerksamkeit nicht nur dem Cistercienserorden. Keine historische Forschung darf auf die Berücksichtigung der ausländischen Literatur verzichten. Umso mehr gilt es für den Cistercienserorden, der mit seiner Wirkung die Grenze der Länder auf allen Weltteilen überschritt. Die Cistercienser und Visitationsurkunden fanden 1 Benediktusregel [künftig zitiert RB] 4,14-19. Deutsche Übersetzung hier und im folgenden zitiert nach: Die Benediktusregel.Lateinisch/deutsch, hrsg. von B. STEIDLE OSB, Beuron 1963. ein gegenwärtig schwer überbietendes Behandeln bei Jörg Oberste: Visitation und Ordensorganisation. Formen sozialer Normierung, Kontrolle und Kommunikation bei Cisterziensern, Prämonstratensern und Cluniazensern (12. -frühes 14. Jahrhundert) und Die Dokumente der klösterlichen Visitationen. Die Gastfreundschaft im Rahmen des Cistercienserordens, das heißt nicht nur die Armenfürsorge, dieses Thema hat Jutta Maria Berger in ihrer sorgsamer Arbeit Die Geschichte der Gastfreundschaft im hochmittelalterlichen Mönchtum: die Cistercienser behandelt. Natürlich kann man über die Armenfürsorge sehr gut in den normativen Grundtexten des Cistercienserordens lesen. Die Visitationsprotokolle helfen dann bei der Entdeckung der üblichen Praxis. Trotzdem bilden diese Protokolle heutzutage meistens einen Bestandteil der Formularbücher, darf man sie nicht als unbrauchbare Quelle beurteilen. Das Gegenteil ist häufig Wahrheit: Die blumigen Arengen wurden höchstwahrscheinlich kopiert, aber einzelne Anordnungen spiegeln vermutlich das konkrete Leben im konkreten Kloster wieder. Viele Urkunden bieten mit ein bisschen historischem Glück auch Datum und Ort an, wo diese Urkunden ausgestellt wurden. Gerade diese Visitationsurkunden aus den böhmischen vorhussitischen Klöstern wurden als Grundquelle dieser kleinen Studie benutzt. Im Fall des Klosters Vyšší Brod (Hohenfurt), das fast am besten mit den Quellen versorgt ist, benutzte ich auch die Donatorurkunden von den Rosenbergen, die sich mit der Armenfürsorge auch beschäftigen. Nur so wurde es möglich die in den Visitationsurkunden nicht so ausführlich auf Armenfürsorge an der Pforte zurückkommende Informationen zu ergänzen, also Austeilung der Speisen und Kleidung oder Betrieb des Klosterspitals. Diesen Themen widmet sich der zweiter Teil dieser Arbeit, der erster Teil beschreibt diese Themen im breiteren Kontext: die Armut und Armenfürsorge bei den Cisterciensern, Entstehung der böhmischen Klöster der grauen Mönche und die überlieferten Visitationsurkunden.