Polychrome Provinz – eine Spurensuche Bemerkungen zu einem Weihrelief aus Güglingen-Frauenzimmern, Baden-Württemberg (original) (raw)

Geht man vom Publikumserfolg der Wanderausstellung "Bunte Götter" aus, bestätigt sich, dass die Beschäftigung mit der Skulpturen-Polychromie im Trend liegt, sogar einen wahren ‚Boom' erlebt. Erinnert sei allerdings daran, dass es sich bei dem, was im Rahmen dieser Schau massentauglich als bahnbrechend-neu präsentiert wird, eher um das Revival schon seit längerer Zeit bekannter Sachverhalte handelt, die zwischenzeitlich in eine Art wissenschaftlichen Dornröschenschlafs gesunken schienen. Seit der Zeit von z. B. Antoine Chrysostôme Quatremère de Quincy (1755-1849, frz. Schriftsteller, Archäologe und Kunsthistoriker), Adolf Furtwängler (1853-1907; einer der bedeutendsten und einflussreichsten Klassischen Archäologen des 19. Jhs.) und Georg Treu (1843-1921; Klassischer Archäologe und Direktor der Skulpturensammlung des Albertinums in Dresden) sind nämlich Philologen wie Archäologen bereits darum bemüht, unsere Vorstellung vom marmorweißen bzw. überhaupt monochromen Aussehen antiker Skulpturen, die auf der von Winckelmann und Goethe propagierten Sicht von der Reinheit plastischer Qualitäten und der Sublimierung des Fleisches durch den Marmor basiert, zu modifizieren. 1 War nach Ansicht der vorerwähnten Geistesheroen "nun mal die weiße Farbe diejenige ..., ... welche die mehresten Lichtstrahlen zurückschickt ... weshalb auch ein schöner Körper desto schöner sein wird, je weißer er ist", ist schon Winckelmann das literarisch und in der bildlichen Hinterlassenschaft belegte Faktum bekannt gewesen, dass zumindest die Augen eingelegt bzw. bemalt waren, * Es handelt sich um eine wesentlich erweiterte Fassung meines auf dem 10. Internationalen Kolloquium zum Provinzialrömischen Kunstschaffen gehaltenen Referats. Um den Vortragscharakter der Ausführungen zu wahren, wurde versucht, den Text, wo immer möglich, von Anmerkungen zu entlasten. 1 Bunte Götter. Die Farbigkeit antiker Skulptur (München 2003).-Die Ausstellung wurde u. a. in München, Basel, Kopenhagen, Rom und Hamburg gezeigt.-Allg. zum Themenfeld: Couleurs et matières dans l'Antiquité. Textes, techniques et pratiques (Paris 2006).-P. Reuterswärd, Studien zur Polychromie der Plastik, Griechenland und Rom. Untersuchungen über die Farbwirkung der Marmor-und Bronzeskulpturen (Stockholm 1960).-The Polychromy of Ancient Sculptures and the Terracotta Army of the First Chinese Emperor. Intern. Konferenz in Xi'an 1999. Icomos. Monuments and Sites (