Jacob S. Eder, Holocaust Angst. The Federal Republic of Germany and American Holocaust Memory since the 1970s. New York, Oxford University Press 2016 (original) (raw)
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Historische Zeitschrift, 2017
lebende. Die Entscheidung, die Züge (anders als die aus Frankreich oder Belgien) nicht nach Auschwitz (mit seinen geringen Überlebenschancen), sondern Sobibor (mit fast nicht existenten Überlebensquoten) zu schicken, fällten nicht die Niederländer. Auf frühere Arbeiten greifen Andrea Löw (Tagebücher aus dem Ghetto Litzmannstadt) und Annette Eberle (Egodokumente aus Zwangsfürsorge, Psychiatrie und KZ) zurück. Barbara Distel betont die Bedeutung der Aufzeichnungen der Häftlinge Edgar Kupfer-Koberwitz und Hans Litten für die Rekonstruktion des KZ-Alltags. Der Band schließt mit einem Beitrag von Dietmar Süß zum Luftkrieg in Tagebuchaufzeichnungen. Alle Artikel stammen von bewährten Historikerinnen und Historikern und oszillieren zwischen Überblickdarstellungen und Fallbeispielen. Allerdings sind methodische Überlegungen zu kurz gekommen. Eine systematischere Herangehensweise an die Vielzahl der Egodokumente hätte den Eindruck der Beliebigkeit gemindert und die Kohärenz der Beiträge gesteigert. So besteht zwischen Tagebüchern (die primär der Selbstreflexion dienen) und Briefen (mit mindestens einem Adressaten) ein nicht unerheblicher Unterschied. Viele Beiträge analysieren die Dokumente nur auf die Frage hin, was die Zeitgenossen von NS-Verbrechen und Holocaust wussten bzw. wie unterschiedlich Ereignisse wahrgenommen wurden. Lediglich vier Beiträge befassen sich mit nichtdeutschen Quellen. Die soziokulturellen Hintergründe der Schreibenden, die häufig dem Bildungsbürgertum entstammten, werden nur am Rande reflektiert. Ein Vergleich mit offiziellen Kriegstagebüchern militärischer Einheiten bzw. Ghettochroniken hätte neue Perspektiven eröffnet.
Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust in Südosteuropa
Sammelrezension, 2021
https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-95205; Sammelrezension zweier Monographien, die sich mit gedenkpolitischen Tendenzen in vormals sozialistischen Staaten befassen: Jelena Subotićs "Yellow Star, Red Star" (2019, Cornell University Press) und Jelena Đureinovićs "Thee Politics of Memory of the Second World War in Contemporary Serbia" (2020, Routledge).
Kulturelles Gedächtnis und Holocaust. Über den Umgang mit Darstellung und Erinnerung am Beispiel des Romans „Chronik einer fröhlichen Verschwörung“. Mit einer Analyse zum intertextuellen Verfahren des Autors Richard Schuberth, 2018
Ausgangspunkt folgender Arbeit ist, dass es eine kollektive Erinnerung an den Holocaust in den zentraleuropäischen Ländern und darüber hinaus gibt, die zugänglich ist und somit ein bewusstes Element des kulturellen Gedächtnisses bildet. Mit der zunehmenden Bedeutung von Erinnerungskonzepten und den technischen Aufschreibe- und Speichermöglichkeiten, die es erlauben, Erinnerungen dauerhaft zu speichern, ist es möglich, immer mehr Ereignisse dem kulturellen Gedächtnis zuzuführen. Dabei stellt sich die Frage nach dem Umgang mit Erinnerung und Aufarbeitung des Holocausts als Thema in neuerer deutschsprachiger Literatur. Dieser Fragestellung wird anhand des Romans Chronik einer fröhlichen Verschwörung des Autors Richard Schuberth nachgegangen, der spielerisch, metareflexiv die Thematik von Darstellungsgebot und -verbot des Holocausts, sowie den literarischen Umgang um Illustration, adäquater Auseinandersetzung und Erinnerung in moderner Literatur zum Inhalt hat. Der Roman zeigt damit die Grenzen der jüngeren Auseinandersetzung mit dem Holocaust auf, indem er einerseits, den Versuch, den Holocaust über ein individuelles Schicksal literarisch zu bearbeiten, sowie parallel dazu, die Verhinderung dieses Vorhabens zum Thema seines Romans macht. Dies führt zur Frage, inwieweit Literatur selbst, in einem metafiktionalem Akt zu einem Teil des kulturellen Gedächtnisses beitragen kann, in dem sie fiktive oder reale Prozesse nacherzählt, um diese für die Zukunft zu erhalten und dabei selbst kanonisiert werden kann. Als grundlegende Methodik wird in einer hermeneutischen Lesart analysiert, wie im Roman damit umgegangen wird, Erinnerungen an ein, in das kulturelle Gedächtnis übergegangenes Ereignis, zugänglich zu machen. Dass dabei die Struktur des analysierten Romans, eng an das Konzept des kulturellen Gedächtnisses von Jan Assmann anknüpft und figurativ wiedergegeben wird, wird im ersten Teil dargelegt. Dass Literatur dabei selbst zu einem Teil des kulturellen Gedächtnisses werden kann und somit der Art, wie erinnert wird, soll abschließend in einer ersten Conclusio dargelegt werden. In einem zweiten Schritt wird das politische Schreiben des Autors Richard Schuberth und das intertextuelle Verfahren, dem er sich dabei bedient, analysiert. Der Autor verfolgt mit seinem schriftstellerischen Wirken eine, zumeist linke Kulturkritik. Diese, so die These, ist auch im Roman ersichtlich ist. Die thematischen Schwerpunkte in Schuberths Schreiben lassen sich mit Sprach- und Gesellschaftskritik, Anti-Essentialismus und der Bedeutung von Kultur und Ethnizität zusammenfassen. Dabei bedient er sich immer wieder bei vorangegangenen eigenen Publikationen und webt die darin angestellten Reflexionen als versteckte Zitate in den Roman ein. Dass dies zu einer teilweisen Aufhebung von Autor und Erzähler bzw. Figuren führt, ist Inhalt des zweiten Teils.