Europäische Integration (original) (raw)

Die Zukunft des europäischen Integrationsprojekts

Wir, ein europäisches Volk?, 2013

Die Europäische Union ist seit dem Jahr 2010 durch die Staatsschuldenkrise einiger ihrer Mitgliedsländer und die Krise der europäischen Gemeinschaftswährung vor eine der schwersten Bewährungsproben seit ihrer Gründung gestellt worden. Obwohl sowohl bei den Bürgern als auch bei vielen politischen Akteuren die Unzufriedenheit mit der EU gestiegen und das Vertrauen in die europäischen Institutionen gesunken ist (European Commission 2012a: 13), führt der eingeschlagene Weg der Krisenbewältigung paradoxerweise nicht zu einem Weniger, sondern zu einem Mehr an Europa. Denn die Vielzahl an Hilfsmaßnahmen u.a. in Form von fiskalischen Rettungsschirmen bedeuten im Kern eine weitere politische Vertiefung der Europäischen Integration, da sich die Eingriffstiefe der europäischen Institutionen in die Mitgliedstaaten deutlich erhöhen wird und die Nationalstaaten an Souveränität verlieren werden. Europa ist durch die Krise deutlich enger zusammengewachsen und ist auf dem Weg zu einer weiteren systemischen Integration. Die Zunahme einer Europäisierung der Politik gilt nicht nur für die Anzahl an beschlossenen Maßnahmen und die Schaffung neuer institutioneller Regeln, sondern auch für den Diskurs über Europa. Analysten, die seit langem die zögerliche Entstehung einer europäischen Öffentlichkeit beklagt haben, können sich seit Beginn der Geld-, Finanzund Wirtschaftskrise nicht mehr beschweren. Nicht nur in dem engeren Kreis der Euro-Länder, sondern in allen 27 Ländern der EU steht die Zukunft der Gemeinschaft ganz oben auf der öffentlichen Agends. Über die Krise der europäischen Währung und das Krisenmanagement der Politik wird dauerhaft auf der ersten Seite der Tageszeitungen berichtet. Es gibt kaum eine Nachrichtensendung, in der die Finanzkrise nicht Thema ist; und auch in den politischen Diskussionsveranstaltungen hat die Zukunft Europas einen prominenten Platz eingenommen. Dabei haftet die Diskussion nicht allein an den tagesaktuellen Themen. Auf allen Ebenen wird über die Zumutbarkeit von Auflagen für die Krisenländer, die Belastbarkeit und die Solidarität der Geberländer, über Fragen der Verursachung und der Schuld und über das Ausmaß und die Richtung institutioneller Reformen diskutiert und gestritten. Die positive Nebenfulge der Eurokrise besteht darin, dass das europäische Projekt nunmehr zu

Europäische Integration und elektorale Repräsentation

Wahlen und Europäische Einigung, 1994

Cees van der Eijk und Mark Franklin Europäische Integration und elektorale Repräsentation l Repräsentation ist eines der zentralen Probleme demokratischer Systeme. Welche Art von Beziehung soll zwischen den Bürgern und ihren gewählten Repräsentanten bestehen, damit ein politisches System zu Recht als demokratisch bezeichnet und sein Politikoutput als legitim angesehen werden kann? Welche Beziehungen bestehen in der Realität als Ergebnis demokratischer Wahlen von Repräsentanten und wie soll diese Realität sowohl normativ als auch im Sinne der Konsequenzen für die Funktionsweise des Systems bewertet werden? Im Kontext der Europäischen Gemeinschaft wurde diese Art von Fragen immer wichtiger, nachdem sich in den vergangenen Jahrzehnten die Bedeutung von Entscheidungen der Gemeinschaft in zahlreichen Bereichen erhöhte. Nationale Parlamente, die traditionsgemäß demokratische Kontrolle über diese Bereiche ausübten, konnten diese nicht auf die Ebene der Gemeinschaft ausdehnen. Generell hoffte und glaubte man, daß direkte Wahlen zum Europäischen Parlament die aufkommende Krise demokratischer Kontrolle und Legitimation lösen würden. Die Erfahrungen der drei Direktwahlen seit 1979 enttäuschten diesbezüglich viele der Beobachter. Die europäischen Wahlen erwiesen sich eher als eine Reihe disparater nationaler Wahlen denn als Instrumente zur Verdeutlichung der Haltung der europäischen Bürger zur Entwicklung der EG. Bogdanor (1989:214) behauptet sogar, daß Direktwahlen zum EP gar nicht in der Lage seien, die Legitimation zu liefern, die die Advokaten der europäischen Integration so verzweifelt suchen. Mit der folgenden empirischen Analyse soll ein Beitrag zur Beantwortung der Frage nach der demokratischen Repräsentation und Legitimation geleistet werden. Im Mittelpunkt wird dabei das Ausmaß stehen, in dem die Positionen der politischen Parteien zur europäischen Integration die Einstellungen ihrer jeweiligen Wählerschaft widerspiegeln. 1. Repräsentation und europäische Integration Ungeachtet differierender normativer Perspektiven in bezug auf die Erfordernisse demokratischer Repräsentation 2 enthalten Studien zur Repräsentation stets eine Einschätzung des Ausmaßes, in dem Wähler und Repräsentanten hinsichtlich der Politiken, die bezüglich wichtiger Probleme verfolgt werden sollten, miteinander O. Niedermayer et al. (eds.), Wahlen und Europäische Einigung

Europäische Integration, Modernisierung und Konvergenz

Berliner Journal für Soziologie, 2003

Zum Einfluss der EU auf die Konvergenz der Mitgliedsländer' Modernisierung und Konvergenz ihrer Mitgliedsländer ist das sozioökonomische Zwillingsziel der Europäischen Union. Doch inwieweit kann die EU diese Prozesse überhaupt steuern? Dies wird in diesem Artikel für den Zeitraum 1970 bis 2000 empirisch untersucht und mit der Frage nach Mechanismen und Grenzen einer EU-induzierten Angleichung verbunden. Die EU -Gesellschaften sind durch einen Großtrend der Modernisierung aller Mitgliedsländer und einen Subtrend der nachholenden Modernisierung der leistungsschwächeren Länder gekennzeichnet. Es überwiegt die Konvergenz, bei vereinzelten Divergenzen und "neuen Unterschieden" im Zuge neuartiger Anpassungsprobleme. In weiten Teilen folgen Modernisierung und Konvergenz einer eigenen, integrationsunabhängigen Logik, doch werden beide durch die europäische Integration unterstützt. Die EU-Mitgliedschaft wirkt über die Mechanismen Ressourcendistribution, Konkurrenz, Regulation und Imitation vor allem für die Nachzügler modernisierungsfördernd und verstärkt dadurch die Konvergenz. Zugleich gibt es Grenzen einer EU -induzierten Angleichung.

Vergeschlechtlichte Integration in Europa

Berliner Journal für Soziologie, 2001

Wie sich der Prozess der EU-Erweiterung zu Geschlechterfragen verhdlt, ist Gegenstand dieses Aufsatzes. EU-Fallstudien Ober drei Beitrittslander bilden die empirische Grundlage fir die Analyse: Tschechien, Polen und Slowenien. Der Artikel besteht aus drei Teilen. Der erste Teil befasst sich mit dem gesetzlichen Rahmen der EU und insbesondere mit dem Geschlechterkontext in der EU-Politik und den Standards, die den zukunftigen Mitgliedem auferlegt werden. Der zweite Teil umreiBt die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen, unter denen Frauen in diesen Ldndern leben, arbeiten und sich urn ihre Partner, Familien und Freunde ktimmem. Der dritte Teil schlieBlich untersucht die Genderdiskurse im Dialog der EU mit den Anwarterlandem und befasst sich besonders mit den unterschiedlichen Reaktionen der Regierungen und der NGOs.

Europäische Integration und Arbeitsmigration nach Österreich

2008

Fragen nach den wirtschaftlichen Auswirkungen von Zuwanderung auf Arbeitsmärkten haben in den letzten zwanzig Jahren verstärkt Eingang in die ökonomische Forschung gefunden. Die vielen dazu entwickelten theoretischen Ansätze und Konzepte unterscheiden sich in mehr facher Hinsicht voneinander, die jeweiligen Ergebnisse sind stark annahmenabhängig. Ver sucht man eine kursorische und damit jedenfalls lückenhafte Zusammenfassung der Ergeb nisse dieser theoretischen Ansätze zu entwickeln, so können zumindest fünf "Eck punk te" fest ge halten werden: 1 Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen von Migration bzw. die ku mu lierten Effekte von Zuwanderung auf Arbeitsmärkten sind oft relativ gering, die Gesamt sicht verdeckt jedoch meistens dahinter liegende Verteilungseffekte. Die Effekte hän gen vom vorhandenen Lohnsystem ab; ist dieses sehr fl exibel, sind eher Lohnreaktionen zu erwarten, bei starreren Systemen eher Reaktionen über die Arbeitslosigkeit. In vielen Fällen bringt Zuwanderung eine Umverteilung der Einkommen von Arbeitnehmern zu Kapitaleigen tümern. Innerhalb der Gruppe der Arbeitnehmer entscheidet das jeweilige Qualifi ka tions ni veau über Richtung und Ausmaß der individuellen Betroffenheit. Immigration bringt auch eine Vermögensumverteilung von Arbeitskräften, die im Wettbewerb mit Immigranten ste hen, zu Personen, die Dienstleistungen von Immi granten einsetzen oder konsumieren, mit sich.