Erkenntnistheorie als Sprachanalyse? (original) (raw)

2005, Deutsche Zeitschrift für Philosophie

Schnädelbachs Einführung ist ansprechend gegliedert, gut lesbar geschrieben und trägt in aller Kürze beeindruckendes philosophisches Material zusammen. Das Einleitungskapitel beginnt mit einem historischen Abschnitt, der die Entstehung der Erkenntnistheorie bei Descartes, Locke und Kant als "Ergebnis der neuzeitlichen Krisengeschichte der Metaphysik" (8) schildert und darauf hinweist, dass sich die Erkenntnistheorie seit dem 19. Jahrhundert als komplementäre philosophische Ergänzung zur naturwissenschaftlichen Erkenntnis verstand. Anschließend werden zwei alte Einwände gegen die Erkenntnistheorie diskutiert, nämlich die Fragen, ob sie nicht angesichts der modernen Wissenschaften überflüssig ist; und ob sie nicht auf das zirkuläre Unternehmen hinausläuft, sich als Theorie, die auf Erkennen des Erkennens zielt, selbst vorauszusetzen. Um diesen Einwänden zu begegnen, werden der Erkenntnistheorie folgende Aufgaben zugesprochen: 1. Die explikativen Aufgaben der Erkenntnistheorie bestehen darin, den Erkenntnisbegriff durch Analyse seiner Beziehungen zu unseren Begriffen von Wissen, Gewissheit, Meinung, Überzeugung und Glauben zu klären. Dabei handelt es sich um ein sprachanalytisches Geschäft: "Der explikative Diskurs der Erkenntnistheorie ist nichts anderes als eine Grammatik epistemischer Ausdrücke" (29). 2. Die normativen Aufgaben der Erkenntnistheorie bestehen in der Suche nach Geltungskriterien für den Gebrauch von Ausdrücken wie , wahr',,richtig', ,stringent',,methodisch korrekt' usw. Hier begibt man sich in das Feld der Diskussion um Wahrheit und Rechtfertigung. 3. Die deskriptiven Aufgaben der Erkenntnistheorie bestehen darin, Auskunft über die Anwendbarkeit der Erkenntnistheorie auf "wirkliche Erkenntnisprozesse" (24) zu geben. Dabei betrachtet der Verfasser den explikativen gegenüber dem normativen und deskriptiven Diskurs als grundlegend für die Erkenntnistheorie-und versteht die Erkenntnistheorie somit primär als sprachliche Analyse erkenntnistheoretischer Ausdrücke.