Nico Stehr und Hans von Storch, Klima Wetter Mensch. München: C.H. Beck, 1999 (original) (raw)
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Stehr, Nico und Hans von Storch, Das Klima in den Köpfen der Menschen
Unser Beitrag beschäftigt sich mit einer Unterscheidung in der Wahrnehmung und im Umgang mit Klima, wie sie sich in modernen Gesellschaften feststellen läßt. Es ist dies die Unterscheidung zwischen alltäglichen und wissenschaftlichen Klima-und Wettervorstellungen. Die alltäglichen Eindrücke und Überzeugungen vom Klimabeispielweise von dessen Macht, die Bedingungen des menschlichen Lebens mitzubestimmen, die Entwicklungsprozesse menschlicher Gesellschaften, aber auch die Unterschiede zwischen den Menschen, etwa ihren wirtschaftlichen Erfolg, ihre Gesundheit oder ihr Wohlbefinden, kausal zu beeinflussen -reichen sehr viel weiter zurück als die von der Klimawissenschaft entwickelten Vorstellungen von Klima und Wetter. Die wissenschaftlichen Auffassungen sind kaum ein Jahrhundert alt. Die Beobachtungen des Klimas durch die Klimawissenschaft, die sich beispielsweise auf systematische Meßverfahren berufen können, begannen erst im ausgehenden 19. Jahrhundert. Allerdings ist es der Klimawissenschaft bisher nicht gelungen, das Alltagsverständnis von Klima und Wetter zu ersetzen. Wir haben es deshalb einerseits mit dem zu tun, was man das gesellschaftliche Bewußtsein vom Klima nennen kann, und andererseits mit dem wissenschaftlichem Konstrukt des Klimas. Die Konvergenz oder die Widersprüche, die sich zwischen diesen Konstrukten ausmachen lassen, haben eine nicht unerhebliche Bedeutung für die praktische Klimapolitik und wirken sich auch auf die mehr oder weniger erfolgreichen Bemühungen der Klimawissenschaft aus, ihre Resultate und praktischen Folgerungen der Öffentlichkeit verständlich zu machen. Die Klimawissenschaftler treffen in diesen Bemühungen immer schon auf das gesellschaftliche Konstrukt des Klimas, das die alltäglichen Vorstellungen der Menschen sehr stark mitbestimmt und den Erfolg der Kommunikation der Wissenschaft mit der Öffentlichkeit, den Medien und der Politik beeinflußt. Die Divergenz von alltäglichen und wissenschaftlichen Überzeugungen hat sich erst allmählich herauskristallisiert. Noch vor wenigen Jahrzehnten fanden sich in vielen wissenschaftlichen Abhandlungen Beobachtungen und Schlußfolgerungen über den Einfluß des Klimas -Stichwort Klimadeterminismus -, die das alltägliche Bewußtsein von der Macht des Klimas wissenschaftlich untermauerten. Die Differenzierung von gesellschaftlichem und wissenschaftlichem Konstrukt ist jüngeren Datums. Nicht selten kann man allerdings beobachten, daß Klimawissenschaftler auch heute
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Nur wenige Themen bewegen uns so stark wie "Wetter" und "Klima". Seit besorgte Wissenschaftler vor einer drohenden Klimaerwärmung warnen, beschäftigen Szenarien über den Ablauf einer solchen Veränderung des Klimas und ihrer katastrophalen Folgen die Öffentlichkeit. Sie haben unseren individuellen Wetter-und Klimaerfahrungen einen noch wichtigeren Stellenwert in unserer Alltagswahrnehmung, in unseren Gesprächen und möglichen Lebensängsten gegeben. Es mag daher nicht allzusehr verwundern, daß das Verständnis davon, wie das "Klima" zu verstehen und zu interpretieren ist, je nach Religion, Bildung und sozialer Zugehörigkeit variiert.
Storch, Hans von and Nico Stehr, "Von der Macht des Klimas," Gaia, 2000,
Gaia, 2000
Von der Macht des Klimas 1 7 GAlli Y (2000) no. J Bis in die 1980er Jahre stand die Klimadynamik im Mitte/punkt der Klimaforschung, aber seit den 1990ern geht es um die drohende "Klimakatastrophe" und den Klimaschutz. Die Autoren argumentieren, daB diese Art von Forschung nicht mehr nur Naturwissenschaft/er, sondern ebenso Sozia/-und Kulturwissenschaftler fordert. Unsere Vorstellungen Dber die Gefahren, die mit einem Klimawandel einhergehen, sind nur partiell Ausdruck naturwissenschaftlichen Wissens sondern haben in erheblichem MaBe ihren Ursprung in vorwissenschaftlichen und vera/teten Wissensformen. Hier spielt der Klimadeterminismus eine besondere Rolle, der, obschon /angst in den Sozialwissenschaften diskreditiert, dennoch eine wichtige, unterschwellige Rolle in der heutigen Klimadebatte spielt.
Soziale Welt, 1997
Oft wurde in jüngster Zeit bemerkt, daß Sozialwissenschaftler der natürlichen Umwelt keine Beachtung geschenkt haben und daß erst im Gefolge zunehmender ökologischer Probleme die Aufmerksamkeit wuchs (Luhmann 1986, S. 11-25; Dickens 1992, S. 6). Dieses Urteil ist nicht ganz korrekt.1 Es trifft nur zu auf anthropogen verursachte ökologische Probleme, nicht jedoch auf den Einfluß der Natur auf die Gesellschaft. Dieser war seit Urzeiten ein Thema von For
Die erste Fassung wurde bei CH Beck veröffentlicht; später, in 2009, kam eine völlig überarbeitete Fassung bei B Budrich heraus; zudem gibt es diverse Übersetzungen, siehe http://www.hvonstorch.de/klima/books.htm, 1999
"Das vorliegende Buch diskutiert das Wort "Klima", das von jedermann verstanden wird - wobei sich bei genauerem Hinsehen erweist, daß je nach Herkunft und Bildung ganz verschiedene Dinge unter dem Begriff "Klima" verstanden werden. Da gibt es zum einen die Sphären des Alltagswissens und das Expertenwissen - oder in anderen Worten: das soziale und das wissenschaftliche Konstrukt. Einmal wird Klima als etwas "statisches" verstanden, in dem "normale Zeiten" und Extreme nach festen Wahrscheinlichkeiten auftreten - in diesem Sinne ist Klima dann eine Randbedingung und Ressource; andere sehen die durch den Menschen verursachten Veränderungen im Vordergrund - in dieser Sicht ist Klima ein Risiko und eine Bedrohung. Die Autoren versuchen eine Bestandsaufnahme der verschiedenen Begrifflichkeiten und diskutieren die Bedeutung für die gegenwärtige Klimadebatte."
Bis in die 1980er Jahre stand die Klimadynamik im Mittelpunkt der Klimaforschung, aber seit den 1990ern geht es um die drohende "Klimakatastrophe" und den Klimaschutz. Die Autoren argumentieren, daß diese Art von Forschung nicht mehr nur Naturwissenschaftler, sondern ebenso Sozial-und Kulturwissenschaftler fordert. Unsere Vorstellungen über die Gefahren, die mit einem Klimawandel einhergehen, sind nur partiell Ausdruck naturwissenschaftlichen Wissens sondern haben in erheblichem Maße ihren Ursprung in vorwissenschaftlichen und veralteten Wissensformen. Hier spielt der Klimadeterminismus eine besondere Rolle, der, obschon längst in den Sozialwissenschaften diskreditiert, dennoch eine wichtige, unterschwellige Rolle in der heutigen Klimadebatte spielt. Weinstein für ihre konstruktive Kritik der ersten Fassung dieser Studie. Außerdem danken wir Sönke Rau für die Rohübersetzung der ursprünglichen englischen Fassung des Textes ins Deutsche und Barbara Stehr für ihre editorische Überarbeitung. Wir widmen diesen Aufsatz unserem im Frühjahr 1999 plötzlich verstorben Kollegen Gerd Schroeter von der Lakehead University in Thunder Bay, Ontario, Kanada. Wir verlieren mit ihm einen Wissenschaftler, der über viele Jahre eine einmalige kollegiale 2 Bereitwilligkeit an den Tag legte, entstehende Texte anderer mit großer Sorgfalt zu lesen. Unübertroffen war dabei seine Fähigkeit, Manuskripte mit konstruktiver Gründlichkeit kritisch durchzuarbeiten und sie auf diese Weise erst zum Leben zu bringen. Auch dieser Aufsatz hat, wie andere in der Vergangenheit, von dieser Großzügigkeit Gerd Schroeters profitiert. Wir sind ihm dankbar.
Kinzelbach 2011, Alles Klima - oder was_Faunendynamik zu Beginn des 21. Jahrhunderts.pdf
Das Klima auf unserem Planeten wandelt sich fortwährend. Tier-und Pflanzenwelt haben darauf bis jetzt erfolgreich reagiert. Prognosen sind riskant, weil nicht nur die Unwägbarkeiten des Klimawandels in diese eingehen müssen, sondern auch der Einfluss dritter Faktoren sowie vor allem die gegenüber dem Abiotischen vielfach höhere Komplexität der Vorgänge in Populationen und im Ökosystem. Das Ausrufen einer Katastrophe speziell für die Tierwelt ist unglaubwürdig, da sie bereits stattgefunden hat beziehungsweise noch stattfindet: Der Mensch rottet weit mehr Tierarten aus oder schmälert ihren Lebensraum als ein mittlerer Klimawandel verursachen könnte. Die weitere Vermehrung beispielsweise der Raps-und Maisfelder (Monokulturen, Überdüngung, Pestizide, Subventionen) vernichtet mehr Arten in weiten Teilen unseres Landes als mehrere Grad Temperaturanstieg vermöchten. Regenwälder werden unter dem Vorwand der Produktion nachwachsender Rohstoffe verbraucht. Krokodilstränen über die vom Klimawandel bedrohte Tierwelt sind angesichts der vergangenen, gegenwärtigen und in naher Zukunft zu erwartenden direkten oder durch Habitatzerstörung verursachten Schäden nicht überzeugend.