"Geisteskrankheit" als hartnäckige Aushandlungsniederlage (original) (raw)

„Geisteskrankheit“ als hartnäckige Aushandlungsniederlage: Die Unausweichlichkeit der Durchsetzung von Definitionen sozialer Realität

Recht und Devianz als Interaktion, 2014

Sociologists in the past have termed "mental illness" a label, an act of domination and a myth. The present paper argues that these descriptions contain valuable insights but that their partially alarmist conclusions were premature. The vocabulary of "mental illness" presents a strategy for the defense of definitions of social reality that, as Goffman wrote, would have to be invented did it not exist. Social realities always have to be defined. This paper proposes to conceive of people labeled "mentally ill" as those who lose three language games in negotiating such definitions without being labeled as having given them up.

Geleitwort zu Hans Prinzhorn – Bildnerei der Geisteskranken

2011

"Bildnerei der Geisteskranken" erscheint in der siebten Auf lage, zehn Jahre nach der sechsten von 2001,die in Antiquariaten schon ebenso hoch gehandelt wird wie die vorangegangenen Ausgaben des Buches. Die Faszination die ses Klassikers ist bis heute ungebrochen. Gleich beim Erscheinen 1922 fand der Band großen Zuspruch. Die Auflage von 1500 Exemplaren war so schnell vergriffen, dass der Verlag die zweite schon im Folgejahr 1923 herausbrachte. Für diesen Erfolg gab es mehrere Gründe. Der Text beleuchtete das Gebiet der "Irrenkunst" erstmals umfassend von psychiatrischer und ästhetischer Seite und konnte von der bis dahin größten Sammlung von Werken dieser Art ausge hen. Außerdem sprach die Gestaltung des Buches einen breiten Interessentenkreis an. Und schließlich traf "Bildnerei der Geisteskranken" einen Nerv der Zeit. Der Verfasser des Buches, Hans Prinzhorn (18861933), war durch seine Doppelquali fikation als Kunsthistoriker und Psychiater für die Darstellung des Gebietes besser vorbereitet als seine Zeitgenossen. Geboren 1886 in Hemer/Westfalen als Sohn eines Papierfabrikanten, hatte er ab 1904 Kunstgeschichte und Philosophie in Tübingen, Leipzig und München studiert, in einer Zeit, als man in beiden Fächern stark an psy chologischen Fragestellungen interessiert war. Promoviert worden war er 1909 mit einer Arbeit über "Gottfried Sempers ästhetische Grundanschauungen" bei Theodor Lipps, einem bedeutenden Vertreter der Einfühlungspsychologie. Anschließend hatte er sich mehrere Jahre in Leipzig und London einer Gesangsausbildung gewidmet. Als seine zweite Frau Erna, geborene Hoffmann, ebenfalls Gesangsschülerin, 1913 psy chisch erkrankte,entschloss ersieh zu einem weiteren Fachwechsel und studierte in Freiburg und Straßburg Medizin. Seinen zweiten Doktortitel erwarb er 1919 mit einer Arbeit über "Das bildnerische Schaffen der Geisteskranken",ein Text, der die Vorläufer seines Buchprojekts aufarbeitet. Im Kriegslazarett hatte Prinzhorn den Psychiater Karl Wilmanns kennen gelernt, der 1919 als neuer Leiter der psychiatrischen Universitätsklinik in Heidelberg den junge ren Kollegen zum Assistenzarzt machte. Von den üblichen Pflichten dieser Stellung weitgehend befreit, war seine Aufgabe, eine kleine, so genannte Lehrsammlung von Patientenkunst zu erweitern, die von Emil Kraepelin Ende des 19. Jahrhunderts be gonnen worden war. Gemeinsam mit Wilmanns verfasste Prinzhorn Schreiben an sämtliche Psychiatrien im deutschsprachigen Raum, mit denen er um künstlerische Patientenwerke zum Aufbau eines "Museums für psychopathologische Kunst" bat. Daraufhin wurden in den nächsten zwei Jahren über 5000 Zeichnungen, Aquarelle, Ölgemälde, Skulpturen und textile Arbeiten aus der Zeit zwischen 1850 und 1920 nach Heidelberg geschickt und formten hier eine einzigartige Sammlung. Prinzhorn ordnete und inventarisierte die Werke und betreute erste kleine Ausstellungen aus III

Sinnlosigkeit aushalten! Ein Plädoyer gegen die Spiritualisierung von Krankheit

Wege zum Menschen, 2009

In the presence people tend to ask for the spiritual or psychological meaning of illnesses. This is due to the fact that they aim to control their body and their finitude. In Christianity we have a tradition that seeks in a similar way for a religious purpose of suffering. But there is also a tradition (i. e. Hiob) that refuses to make sense out of dangerous illness. Faith is understood then as a power that dispenses from a religious use of pain and disease.

Feurige Argumente-Bücherverbrennung und Geistesgeschichte

2003

Der Kanzler Li Si widersprach dem Akademiker. Nicht auf das Altertum dürfe man sehen, sondern allein auf die Erfordernisse der Gegenwart.2 Die Zeiten hätten sich geändert, das Reich sei geeint für Generationen ohne Ende. Jetzt herrsche Frieden im Reich, Recht und Ordnung seien ...

Widerspenstiger Geist - Kritisches Forschen und Denken

www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-135654, 2023

Bericht zu Aktivitäten der Arbeitsgemeinschaft 'Kritische Wissenschaft' des Evangelischen Studienwerks Villigst in Kooperation mit Forschenden des Insituts für Medizingeschichte und Wissenschaftsforschung (IMGWF) der Universität zu Lübeck. This report presents the work of the working group 'critical science' of the Evangelisches Studienwerk Villigst on current understandings of 'critique' in science and political thought. It highlights how the concept of critique has undergone a central transformation after the decline of all-encompassing theories of society and how it can best be understood today as an emphasis on the need to accept ambiguity, to resist 'method fetishism' and to combine emancipatory practices with an awareness of singular phenomena.