Energie und Bewegungsmenge als Schlüssel zum Verständnis der Mechanik (original) (raw)
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Ignaz Semmelweis erfolgloser Einsatz für elementare Hygieneregeln und Alfred Wegeners links liegen gelassene Theorie der Kontinentalverschiebung sind Geschichten, die wir heute ungläubig zur Kenntnis nehmen. Wieso wurden Handlungsweisen und Ideen, die jedes Kind kennt oder anhand eines Globus sofort begreift, von führenden Wissenschaftlern aufs äusserste bekämpft? Die etwas weniger populäre Entdeckung von Marshall und Warren, dass Magengeschwüre durch ein Bakterium namens Helicobacter pylori und nicht durch Übersäuerung oder Stress verursacht wird, wurde zu lange nicht ernst genommen und erst 2005 mit dem Nobelpreis geehrt. Der vorliegende Aufsatz beschreibt etwas ähnliches, eine bildhafte und leicht verständliche, aber auch kontroverse Darstellung der Mechanik, die von einer eingeschworenen Gruppe von Bewahrern mit Hass und Häme überschüttet worden ist. Ohne den Bezug zum Ganzen zu verlieren kann das erste Kapitel, das die heute geltenden Gesetze der Mechanik in Worte fasst, wie auch das letzte, das den formelmässigen Bezug zur Relativitätstheorie herstellt, übersprungen werden. Sollten bei den restlichen sieben Kapiteln Zweifel über die Zulässigkeit von Begriffen oder gewissen Aussagen aufkommen, kann sich der Leser auch später noch diesen beiden Themenkreisen zuwenden. Der Zweck dieser theoretischen Klammer besteht denn auch darin, die hier dargelegten Ideen direkt aus der epochalen Arbeit von Albert Einstein abzuleiten und mit dieser höheren Weihe vor ungerechtfertigten, ja geradezu fanatischen Angriffen seitens einiger Teilchenphysiker zu schützen. Kapitel zwei beschäftigt sich mit einem etwas komplexeren Beispiel aus der Mechanik, der Darstellung im Flüssigkeitsbild sowie der Übertragung in ein systemdynamisches Modell. Diese Darstellungsweisen stehen keinesfalls im Widerspruch zur Punktmechanik, sondern fördern deren Strukturverständnis, was sich speziell auf den Kraftbegriff positiv auswirkt. In Kapitel drei werden der Transport von Impuls und Energie in Drähten, Seilen und Riemen besprochen. Das vierte Kapitel befasst sich mit der Gravitation als nicht messbare Scheinkraft, die Newton nur mit grossem Unbehagen als Fernwechselwirkung eingeführt hatte. Impuls- und Drehimpulsströme in Brücken, Thema von Kapitel fünf, klingt verwirrend und riecht nach Esoterik, obwohl die Vorstellung eines Kraftflusses seit Jahrzehnten durch die Lehrbücher der Statik geistert. Vögel, Flugzeuge, Triebwerke und Windräder, die Gegenstände der beiden nächsten Kapitel, zeigen exemplarische den Vorteil des Bilanzierens von Impuls und Energie.
Relativitätstheorie als Fundament der Mechanik
Die Relativitätstheorie hat nicht nur unsere Vorstellung von Raum, Zeit und Universum grundlegend verändert, sie stellt auch die irdische Mechanik auf ein neues Fundament. So wird die Gravitation nicht mehr durch eine unsichtbare Anziehungskraft der Erde verursacht, sondern entsteht durch die Relativbewegung gegen den freien Fall. Mit dem Relativitätsprinzip von Albert Einstein fällt auch der Unterschied zwischen Gravitations- und Trägheitskraft weg. Zweitens wird die Masse als grundlegende Menge durch die Energie und den Impuls abgelöst. Mit der Äquivalenz von Energie und Masse erfährt der Energiebegriff eine umfassende Neudefinition. Die Energie des 19. Jahrhunderts wird zu einer relativistischen Störgrösse, wobei die kinetische Energie und der Energietransport zwei verschiedene Ursachen haben, erste-re wird von der Masse und letztere vom Impulsstrom verursacht. Energie- und Impulsströme können nicht mittels einer bewegten Menge erklärt werden, denn sie hängen nicht mit den zugehörigen Dichten zusammen. Die hier vorgelegte Neudarstellung der Mechanik erweist sich in mehrfacher Hinsicht als vorteilhaft. Erstens werden die Newtonschen Gesetze in einen grösseren Rahmen eingebettet und können kaum mehr falsch interpretiert oder angewendet werden. Die so erzielte Einsicht in die Struktur der Punktmechanik lässt anerkannte Lehrbücher ziemlich alt aussehen. Die Neugestaltung erweist sich auch bezüglich des Lernerfolgs dem traditionellen Zugang weit überlegen. Statt Kinematik, Newtonsche Gesetze, Energie- und Impulssatz stufenweise einzuführen, wählt man ein komplexes Beispiel wie etwa eine Zugfahrt zwischen zwei Stationen und erklärt alle möglichen Aspekte anhand von drei sich ergänzenden Bildern. Die korrekte Begriffsbildung und die ganzheitliche Betrachtung mechanischer Prozesse bedeuten einen wesentlichen Fortschritt, der bis in die Statik wirkt. Wer die Belastung von Gebäuden und Brücken mittels Impuls- und Drehimpulsströmen erklärt, findet auf kürzestem Weg zu einem umfassenden Ver-ständnis der Bauwerke. Nimmt man noch die systemdynamische Modellbildung dazu, betritt man ein Neuland des Denkens, dessen Auswirkungen auf den Fachunterricht noch nicht mal abzuschätzen sind.
Ein systemdynamischer Zugang zur Mechanik
Praxis der Naturwissnschaften - Physik in der Schule, 2005
Die Physik der dynamischen Systeme, eine Synthese aus Karlsruher Physikkurs und System Dynamics, setzt andere Akzente als der klassische Zugang, wendet sich neuen Fragestellungen zu und formt eigene Bilder. Der Paradigmawechsel ist eine Chance, den Physikunterricht an Schulen attraktiver zu gestalten. Dabei stellt die Schere im Kopf der Lehrenden das größte Risiko dar. Wer nicht bereit ist, Althergebrachtes zu hinterfragen, neue Wege zu beschreiten und das Risiko eines didaktischen Fehlschlages auf sich zu nehmen, sollte die Finger davon lassen. In diesem Aufsatz wird dargelegt, wie ein systemdynamischer Physikkurs zur elementaren Mechanik aussehen könnte. Der Einsatz der Modellbildungswerkzeuge, ein wichtiger Erfolgsfaktor dieses Zugangs, kann leider nur mittelbar, d. h. durch statische Beschreibung statt direkte Anwendung, gezeigt werden. Es bleibt zu hoffen, dass die Flowcharts und Diagramme dem interessierten Leser einen Einblick in die Möglichkeiten und Chancen der systemdynamischen Modellierung zu geben vermögen. Wer mehr wissen will, besorge sich ein entsprechendes Tool und baue das eine oder andere Modell nach.
Die Systemphysik führt auf neuen Wegen zu den Grundgesetzen der Physik. In der Mechanik liefert sie ausgehend von der Relativitätstheorie eine umfassende, aber erstaunlich verständliche Darstellung der fundamentalen Zusammenhänge. Wer diesen Weg kennt, wird nie wieder Kräfte falsch einzeichnen, Impuls mit Energie verwechseln oder behaupten, F = m*a sei das Grundgesetz der Mechanik.
Die Verweise Leonardo da Vincis auf seine verlorenen Traktate zur Mechanik
Technikgeschichte, 2011
Überblick Mit den Verweisen Leonardos auf eigene, guten Teils verlorene Werke befasst sich die Wissenschaft beiläufig seit spätestens 1870, Klarheit hat sie nicht erreicht. Auch von den 120 eigenen Schriften, die Leonardo gegen Ende seines Lebens mit dem Bedauern ansprach, sie nicht vollendet zu haben, sind umfangreiche Fragmente in einem bisher nur schwer zu bestimmenden Umfang erhalten. Es fehlt eine Übersicht über diese Titel und eine Zusammenstellung der Fragmente, die eine Zuweisung zu den einzelnen Titeln erlauben. In Abschnitt 2 ist das Problem anhand der einschlägigen Verweise aus Leonardos Codex Madrid I (1493-1495) nur vorläufig angesprochen. Auf die Benutzung antiker Autoren (Abschnitt 3) wird vor allem hingewiesen, um eine Typologie der Verweise in ihrer Verschiedenheit abzubilden. Es zeigt sich, dass die wichtigsten antiken Autoren bei der Arbeit am Codex Madrid I noch nicht zur Verfügung standen: Euklid wurde erst ab 1195/96 für Leonardo wichtig, Archimedes noch später. Als weiteres verlorenes Werk kommt hinzu der seit langem bekannte Titel der Elementi macchinali (Abschnitt 4). Die jetzt 16 Verweise auf dieses Werk stammen aus deutlich späteren Handschriften Leonardos. Codex Atlanticus fol. 421v liefert eine (geplante) Inhaltsübersicht in mindestens 20 Abschnitten. Die Intention war eine Systematisierung des reichen Inhalts von Madrid I mit Schwerpunkt auf der Statik (Entstehung ca. 1495-1499). Eine Rekonstruktion zumindest der Grundstrukturen dieses Werkes mit den in Madrid I angezeigten Textstellen scheint möglich. In Teil 5 geht es um ein verlorenes Werk über Statik und Dynamik, ein Werk, das mindestens neun Teile umfasste. Sein Titel war vermutlich teorica meccanica. Der Codex Madrid I liefert für dieses frühe Werk 47 Verweise, verteilt auf beide Teile des Bandes. Das sich aus ihnen ergebende verlorene Werk liegt damit chronologisch vor 1493 bis 1495. * Für seine effiziente Unterstützung bei der Ermittlung und Transkription der Belegstellen danke ich Frank Hasters, Aachen. Mannigfache Anregungen vermittelten Dr. Ulrich Alertz und Dr. Thomas Kreft. Alle drei sind Mitarbeiter am DFG-Projekt "Leonardo da Vinci, Codex Madrid I. Kommentierte Neuausgabe", durchgeführt am Historischen Institut der RWTH Aachen (vgl. Anm. 10). Freundliche Beratung verdanke ich außerdem Gerhard Dohrn van Rossum, Chemnitz, und Marcus Popplow, Heidelberg. Eine verkürzte englische Fassung dieses Beitrags ist in den Archives internationales d'histoire des sciences geplant.
2021
Das Erkenntnisziel dieses Buches liegt in der Bedeutung des antiken Erbes für die Ausbildung der frühneuzeitlichen Ästhetik – oder schlicht: der Ästhetik. Der Autor untersucht in seiner klar geschriebenen Studie, weshalb die Etablierung des mechanistischen Weltbildes ab dem 16. Jahrhundert keine Verabschiedung von der klassischen antiken Literatur nach sich zog und darüber hinaus die Entstehung neuer Konzepte von Kraft und Bewegung auch die Ästhetik und Poetik im 17. und 18. Jahrhundert in der Weise beeinflusste, dass die aus der Antike tradierte Literatur teils ihren alten kanonischen Platz behaupten konnte, teils aber auf spezifische Weise umgewertet wurde. Borghardt gelingt es auf beeindruckende Weise zu zeigen, wie stark der neuzeitliche Naturbegriff das antike Erbe durchdringt und seinerseits durch die antike Naturphilosophie bestimmt bleibt.
Systemphysik: Impuls und Energie
"Impuls und Energie" bildet das zweite Kapitel zur Translationsmechanik des Lehrwerks Systemphysik für Fachhochschulen. In der Einführungsphase werden Systeme mit einem systemdynamischen Tool (System Dynamics) modelliert, simuliert und validiert. Diese Methode fördert das saubere Analysieren und das strukturierte Denken. Nach einer intensiven Lern- und Erfahrungsphase werden die ausgereiften Modelle auf Modelica umgeschrieben und in einer speziell dafür geschriebenen Bibliothek hinterlegt.
Zum Individuationsproblem der klassischen Mechanik
2011
Der Titel meines Vortrags "Zum Individuationsproblem der klassischen Mechanik" suggeriert, es gäbe ein Individuationsproblem der klassischen Mechanik (KM). Das gibt es allerdings allenfalls in einem eingeschränkten Sinne, den ich im Laufe dieses Vortrags erläutern werde. Vielmehr gibt es stattdessen ein allgemein ontologisches Problem, nämlich die Unvereinbarkeit von relationaler Raumauffassung und dem principium identitatis indiscernibilium (PII). Ich beginne mit einer kurzen Darstellung des PII (1) und entwickle sodann im 2. Teil das "Individuationsproblem" aus den für den Vortrag relevanten Grundzügen der KM. Im 3. Teil erörtere ich die philosophische Bedeutung des Problems und präsentiere im 4. Teil eine mögliche klassische Lösung.