Hanno Pahl (2022): Geldtheorie, politisch. Literaturessay zu "The Currency of Politics. The Political Theory of Money from Aristotle to Keynes" von Stefan Eich. Erschienen auf Soziopolis. (original) (raw)
Nachdem sich die sogenannte unkonventionelle Geldpolitik im Anschluss an die Great Recession 2007 �. verstetigt hatte und zwischenzeitlich als "voll normal" , also als konventionell, gelten konnte (womit die Di�erenz konventionell/unkonventionell temporär gegenstandslos wurde), scheint sich das Blatt gegenwärtig erneut zu wenden: Seit einigen Monaten sind höhere allgemeine Inflationsraten zu beklagen, wobei freilich unklar ist, welche Rolle die expansive Geldpolitik der vergangenen Jahre bei dieser Entwicklung gespielt hat und welche möglichen anderen Faktoren zu veranschlagen wären-wie etwa die pandemiebedingt stockenden Lieferketten oder durch den Krieg in der Ukraine mitbedingte explodierende Rohsto�preise, also Faktoren, auf die die Geldpolitik keinen nennenswerten Einfluss nehmen kann. Das hindert neo-und ordoliberale Parteigänger allerdings nicht daran, im Namen des Allgemeinwohls ausgeglichene Haushalte ("Schwarze Null") sowie zügige Leitzinserhöhungen zu fordern. Angesichts dessen-und zur Kontextualisierung des zu besprechenden Buchs-lohnt zunächst ein kurzer Blick in die jüngere Vergangenheit. Kürzlich wurde im Rahmen eines aktuellen Arbeitspapiers der amerikanischen FED mit dem schönen Titel Who Killed the Phillips Curve? A Murder Mystery ein auf der Interpretation von Zeitreihen und Querschnittsdaten basierendes Modell vorgestellt. In ihm wird aufgezeigt, dass es sehr wahrscheinlich gar nicht die drastischen Leitzinserhöhungen der FED unter Paul Volcker zwischen 1979 und 1981 waren, die die Eindämmung der damaligen Inflation bewirkten. Die Autoren zeigen mit ihrem Modell, dass eine fast 90-prozentige Verringerung der Inflation auch ohne geldpolitische Änderungen möglich gewesen wäre, nämlich indem-im besten Ökonomenduktus vorgetragen-"the economy transitions from equal shares of power between workers and firms to a new balance in which firms dominate. [...] [T]he decline of trade union power reduces the share of monopoly rents appropriated by workers, and thus helps explain the secular decline of labor share, and the rise of profit share". In einfachen Worten: Es war die massive Unterdrückung der Gewerkscha�en durch die erste Reagan-Regierung, die den Konsum der breiten Massen deutlich und zugunsten der Unternehmensgewinne, von denen nur wenige Leute profitierten, einschränkte. Diese Politik hatte einen dämpfenden E�ekt auf das allgemeine Preisniveau. Das Beispiel zeigt: Einerseits ist hinsichtlich den Ursachen von Inflation mit multiplen und kumulativen Kausalitäten zu rechnen und andererseits hat jegliche Geldpolitik eine Essays Besprechungen Interviews