Das Kreuz mit der Trennung von Staat und Kirche (original) (raw)

Der im Mai 1996 vom Bundestag beschlossene Gesetzesentwurf der Union Z~~r Ändenmg des Sexualstrafrechts (Vergewaltigung in der Ehe) ist eigentlich ein Erfolg. Dennoch haben ihn weder die SPD noch die Grünen begrüßt, da er das umstrittene Widerspruchsrecht verletzter Ehefrauen enthält. Dieses kann, muß aber nicht, zur Umgehung des Reform ziels führen. Im folgenden wird der Kontext der langwierigen Reformbemühungen gezeigt und eine möglichst effektive Umsetzung angeregt. D.Red. 1. Einleitung Das Gesetz zur Änderung des Sexualstrafrechts (1996) bestraft die eheliche Vergewaltigung als Verbrechen, erweitert den deliktspez.ifiseh engen Gewaltbegriff in § § 177,178 StGB und erhöht die Strafdrohung, da der minderschwere Fall der Vergewaltigung mit der niedrigen Strafdrohung von sechs Monaten gestrichen wird. Auf den ersten Blick ist dies ein Erfolg, dennoch haben weder die SPD noch die Grünen den Entwurf begrüßt, da er bei patriarchaler Nutzung Strafverfahren gegen verheiratete Täter faktisch unterbinden könnte. Das umstrittene Widerspruchsrecht mißhandelter Ehefrauen kann, muß aber nicht diesen Effekt haben. Es hat ihn, wenn keine Routinen entwickelt werden, betroffenen Frauen die Angst vor einem Strafverfahren zu nehmen. Das Widerspruchsrecht kann aber rein symbolisch bleiben, wenn die Staatsanwaltschaften trotz erklärtem Widerspruch immer dann ein Strafverfahren einleiten, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt. Die tatsächliche Umsetzung der Reform hängt also von der Interpretation des unbestimmten Begriffs des öffentlichen Interesses ab. Vergleichbares gilt für den erweiterten Gewaltbegriff. Das neu eingefügte Merkmal des »Ausnutzens« einer hilflosen Lage kann gerichtlich ausgebaut werden oder bedeutungslos bleiben. Die Implementation von Reformgesetzen obliegt der dritten Gewalt. Jede kluge Gesetzgebung berücksichtigt dies. Im folgenden soll daher historisch und rechtspolitisch der Hintergrund dieser zaghaften Reform gezeigt werden, um eine möglichst effektive Umsetzung anzuregen. Seit den 1980er Jahren ist informierten Beobachtern klar, daß das Sexualstrafrecht kein überzeugendes Konzept hat. Zwar strebte die Strafrechtsreform 1968-1975 an, das sexuelle Selbstbestimmungsrecht abschließend und umfassend zu regeln, doch gelang dies nicht. Bei gcnauerem Hinsehen sind die Strafnormen lückenhaft und enthalten zahlreiche Wertungswidersprüche. Es fehlt ein Vergehenstatbestand, der den "Normalfall« sexueller Übergriffe erfaßt. Die Verbrechenstatbestände der Vergewaltigung und sexuellen Nötigung sind im geltenden Recht an die hohe Schwelle des herkömmlich engen Gewaltbegriffs gebunden, so daß es in der Praxis zu auffällig gehäuften Freisprüchen oder extrem niedrigen Strafen kam. Die Wertungswider