De-/Kolonisierung Des Wissens (original) (raw)

Wissen in der Transnationalisierung

Grenzüberschreitende Vernetzungen und globale Interdependenzen wurden bislang überwiegend als Chance für die Entwicklung gemeinsamer, globaler oder transnationaler Wissensrepertoires und eines kosmopolitischen Weltverständnisses betrachtet. Zunehmend werden jedoch Reibun-gen, Konflikte und Brüche in transnationalen und globalen Übersetzungsprozessen sichtbar. Wa-rum allerdings transnationale Verständigung systematisch nicht in gemeinsames Wissen einmün-det, ist bislang ungeklärt. Die transdisziplinär angelegte Tagung " Wissen in der Transnationalisie-rung: Zur Ubiquität und Krise der Übersetzung " setzt an diesem Desiderat an und fragt danach, wie, unter welchen Bedingungen und mit welchen Konsequenzen Wissen in der Transnationalisie-rung hervorgebracht, verhandelt und riskiert wird. Die zunehmende Sensibilität für die Diversität und Konflikthaftigkeit von Wissensbeständen und deren historisch gewachsenen Geltungsansprüchen führt dazu, dass verstärkt nach den nationa-len (bzw. regionalen, kulturellen oder ethnischen) Entstehungszusammenhängen von Wissen ge-fragt und die Möglichkeit eines Transfers von Wissen in andere Kontexte in Frage gestellt wird. Im Anschluss an Entwicklungen in der Translationswissenschaft wird dabei die Übersetzung von Wis-sen nicht länger als eine unproblematische Ersetzung identischer Bedeutungsinhalte durch unter-schiedliche Bedeutungsträger konzeptualisiert. Ähnlich formulieren dies auch literatur-und kul-turwissenschaftliche Untersuchungen zur Übertragung und Zirkulation literarischer und anderer Texte, die auf die Bedingung der Untrennbarkeit von Form und Inhalt verweisen. Übersetzung wird daher zum einen zu einem allgegenwärtigen Phänomen, gleichzeitig rücken zum anderen zuneh-mend die (potentiellen) Konflikte zwischen unterschiedlichen Wissensordnungen, die Probleme der Verständigung zwischen Akteuren unterschiedlicher sozialer Welten und das Scheitern von Übersetzungen in den Fokus der Aufmerksamkeit. In Studien zur Transnationalisierung des sozialen Lebens, angefangen von neuen Formen der Migration über die Entwicklung global operierender Konzerne und politischer Infrastrukturen bis hin

Vern�nftiges und unvern�nftiges Wissen

Naturwissenschaften, 1992

If the value of scientific knowledge is determined by external, say, social or economical purposes, the sciences will inevitably be held responsible for environmental and technological disasters. The pursuit of reasonable knowledge should rather be guided by general human interest in a deeper understanding of the world and nature as a whole.

Gewalt weiter denken in der Kolonialität des Wissens

Postkoloniale Politikwissenschaft, 2016

Gewaltverhältnisse sind der Ausgangspunkt für zahlreiche Forschungsfragen und Gegenstände der Politikwissenschaft – doch sie werden selten so genannt. In politikwissenschaftlichen Einführungswerken ist Gewalt als eigen-ständiges Thema so gut wie abwesend. Als solches findet sie in Subfeldern wie Entwicklungs-, Friedens- und Konfliktforschung, in den Internationalen Beziehungen oder in feministischer Politikwissenschaft Eingang. Im Kern des Fachs wird Politik je nach Perspektive als Verteilungs-, Macht- oder Ord-nungsfrage verstanden. Daraus resultiert zwar die zentrale Beschäftigung mit Staatsgewalt und Gewaltenteilung, also mit zu Normen geronnenen Gewaltverhältnissen. Diese selbst gelten jedoch nicht als gewaltförmig, sondern vielmehr als Ergebnis der Überwindung von Gewalt qua Politik. Politik und Gewalt scheinen einander auszuschließende Sphären zu sein. Das Konzept epistemischer Gewalt stellt diese Vorstellung radikal in Frage.

Wissenspopularisierung in der Aufklärung

Buchkultur und Wissensvermittlung in Mittelalter und Früher Neuzeit. FS Claudia Brinker-von der Heyde, hg. v. Andreas Gardt, Mireille Schnyder u. Jürgen Wolf, 2011

Erst seit einigen Jahren wird dieser Begriff auch auf das 18. Jahrhundert oder gar auf alle Epochen der europäischen Geschichte angewandt. 2 Dies lässt sich nicht zuletzt damit begründen, dass das Wort "Popularisierung" eine Schöpfung des 19. Jahrhunderts darstellt, während man im 18. Jahrhundert nur die Adjektive "popular"/"populär" kannte, welche im Deutschen in etwa mit "volksmäßig, gemeinnützig, volksverständlich, freundlich" zu umschreiben gewesen wären. 3 Auch wenn diese Begriffe ins Zentrum der Aufklärungsideen verweisen, war das Wort "volksverständlich" nicht nur positiv gemeint, wie einem Zitat im Grimmschen Wörterbuch aus Friedrich Nicolais Leben und Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker (1773/76) zu entnehmen ist: "ich erinnere mich gehört zu haben, dasz die Franzosen auf diese art verschiedenen wissenschaften geschadet haben, weil sie popular vortragen wollten, was sich nicht 1 ANDREAS W. DAUM: Wissenschaftspopularisierung im 19. Jahrhundert. Bürgerliche Kultur, naturwissenschaftliche Bildung und die deutsche Öffentlichkeit. 1848Öffentlichkeit. -1914Öffentlichkeit. , München 1998; ANGELA SCHWARZ: Der Schlüssel zur modernen Welt.

Wissensdiskurse: Normativ, Faktisch, Hegemonial

Soziale Welt: Zeitschrift für Sozialwissenschaftliche Forschung und Praxis (SOZ WELT), 2014

In den vergangenen 30 bis 40 Jahren beschäftigte die Annahme, dass "Wissen" zunehmend wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung gestaltet, wissenschaftliche Debatten, nationale Politiken und globale Entwicklungsdiskurse. Ziel dieser Arbeit ist es, zwei unterschiedliche und sich doch überlagernde Wissensdiskurse, gefasst zum einen in Konzepten der "Wissensgesellschaft" und zum anderen unter dem entwicklungsorientierten "Wissen für Entwicklung", als kommunikative und diskursive Konstruktionen in ihrer global Entwicklung fördernden Rolle kritisch zu hinterfragen. Die Studie zeichnet somit den normativen, faktischen und hegemonialen Charakter beider Diskurse nach. Konzeptionellen Rahmen bildet der Ansatz des kommunikativen und diskursiven Konstruktivismus. Im Vordergrund stehen hierbei der von Reiner Keller entwickelte Ansatz der wissenssoziologischen Diskursanalyse (2011a; 2011b; 2005; 2003), Hubert Knoblauchs Arbeiten zu kommunikativem und gleichzeitig instrumentellem Handeln (1995; 2001) und Jo Reichertz Konzept der "Kommunikationsmacht" (2010). Die vorgelegten Untersuchungsergebnisse zweier globaler Wissensdiskurse mit lokalen institutionellen, organisatorischen und gesellschaftlichen Konsequenzen bestärken die Notwendigkeit, Diskurse und das durch sie inspirierte wie auch sie tragende kommunikative Handeln kollektiver mächtiger und weniger mächtiger Akteure im Hinblick auf die Konstruktion von Wissens- und Machtordnungen aus sozialkonstruktivistisch-wissenssoziologischer (und ergänzend zur poststrukturalistischen) Perspektive zu untersuchen.