Vom Verstehen zur Verständigung (original) (raw)
Oder wie der Kommissar für Mehrsprachigkeit, Leonard Orban, immer wieder betont: Die Sprache des Konsumenten ist eben seine Muttersprache. Daneben ist die Frage der Integration von Migranten in unsere Gesellschaften immer wichtiger geworden. Ich denke, die Mehrzahl befürwortet heute die Notwendigkeit, die Sprache des Gastlandes lernen zu müssen, um sich integrieren zu können. Aber sollten wir nicht auch davon profitieren, dass Migranten ihre kulturellen und sprachlichen Kenntnisse mitbringen? Vor diesem Hintergrund hat die von Kommissar Orban eingesetzte Gruppe von Intellektuellen unter dem Vorsitz von Amin Malouf, einem französisch-libanesischen Schriftsteller, das Konzept der "personal adopted language" entwickelt. Eine Sprache meiner Wahl, die mich über die linguistischen Aspekte hinaus auch hinsichtlich Kultur, Literatur und Geschichte interessiert. Ich empfehle Ihnen allen die Lektüre des Berichts. Dass profunde Kenntnisse der Muttersprache unabdingbar sind, steht ebenso außer Zweifel wie der Erfolg des Spracherlernens in jungen Jahren. Aber die eigentliche Herausforderung liegt in der Einbindung derer, die bereits der Schul-und Weiterbildung entwachsen sind. Und daneben in der Einbeziehung der Eltern, vor allem bei Migrantenkindern. Die unterschiedlichen Integrationsmodelle, sei es in Frankreich, Deutschland, Großbritannien oder den Niederlanden, kämpfen heute letztlich mit sehr ähnlichen Problemen. Aber zurück zur Ausgangsfrage Sprache versus interkultureller Dialog. Wie gesagt, ohne Sprache gibt es keine Kommunikation. Sprache schafft vor allem Identität, sie ist Basis unserer jeweiligen Kultur. Ein Eintauchen in andere Kulturen, ohne deren Sprache zu kennen und zu beherrschen, geht wohl nicht. Und trotzdem brauchen wir häufig eine gemeinsame Sprachbasis. Also doch eine lingua franca, z.B. Englisch? Hier ist Vorsicht angebracht, denn sagen wir nicht häufig in Englisch, was wir sagen können und nicht, was wir sagen wollen? Dies wäre unweigerlich der Anfang vom Ende eines wirklichen interkulturellen Dialogs. Im Übrigen bezeichnen Sprachwissenschaftler inzwischen die Form des Englisch, welches wir international zur Verständigung gebrauchen, als Globish, einen auf das Nötigste beschränkten Wortschatz. Um abzuschließen, Sprache und interkultureller Dialog bedingen einander. Unser Ziel ist, von der Vielsprachigkeit Europas hin zu einer gelebten Mehrsprachigkeit zu kommen, ganz nach dem Motto: Einheit in Vielfalt.