"Schlafende Schöne?" Vom Sinn und Unsinn der Begriffsgeschichte Russlands, in: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas 60 (2012), H. 3. (original) (raw)
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Zeitgeschichten : zur Rezeption der deutschen Begriffsgeschichte in Russland
2015
In einem 2015 veröffentlichten Ranking des populären Wissenschaftsportals 'postnauka' wurde in der Rubrik "die fünf wichtigsten Bücher zur intellectual history" Reinhart Kosellecks Monographie 'Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten' vorgestellt. Der Autor Ivan Boldyrev bezeichnete den Band als eines der Grundlagenwerke der deutschen Begriffsgeschichte und hob auf die Leistungsfähigkeit der historischen Semantik ab. Dass ein deutschsprachiges Buch auf die Liste kam, stellt eine große Ausnahme dar. Deutsche Titel erscheinen in diesen Rankings ansonsten nur, wenn sie in russischer Übersetzung vorliegen. Eine intensive Rezeption der Begriffsgeschichte Reinhart Kosellecks und seiner Arbeiten zu Zeitstrukturen setzte bereits vor über zehn Jahren ein. 2004 beendete der Historiker Aleksandr Dmitriev einen Überblicksartikel zur 'Intellectual History' mit der Ankündigung, dass der Moskauer Verlag 'Novoe literaturnoe obozrenie' (Neue ...
Historische Anthropologie, 2015
Menschen können in rosigen Erinnerungen schwelgen. Sie können sich sehnen nach einer Zeit und einer Welt, die nicht mehr existiert. Sie können behaupten, dass das Vergangene wie der Karamellgenuss war, dessen Geschmack einige von ihnen noch auf der Zunge zu haben glauben. 1 Doch die rückwärts gewandte Sehnsucht ist in unserer Vorstellung nichts anderes als Nostalgie und niemals Erinnerung, weil sie verharmlost und erfindet, weil sie beschönigt und lügt. Mit der Nostalgie verhält es sich nicht anders als mit der "Ostalgie" und der "Jugostalgie". Die zuckersüße Schwelgerei verstehen wir als Erfindungen von Geistern, die sich der Wirklichkeit der sozialistischen Unterdrückungsregime nicht stellen. Die Nostalgie der schönen Literatur können wir noch gelten lassen. Doch wenn es um die "N-Ostalgie" geht, kennen wir kein Pardon. Die "Erinnerungen an den Kommunismus", so der Titel eines Südosteuropa gewidmeten Bandes, bewege sich eben zwischen "Amnesie und Nostalgie". 2 Als Wissenschaftler wissen wir besser als die Zeitgenossen, was ihre Vergangenheit gewesen ist. Was über die sozialistischen Gesellschaften unbedingt gesagt werden muss, liegt für uns Ost-und Westeuropa-Historiker auf der Hand. Wenn aber die Zeitgenossen in der ehemaligen DDR, im ehemaligen Jugoslawien oder in der ehemaligen Sowjetunion sich zurücksehnen nach ihrem "Land", das "verlorenging", sehen wir uns in unserer Aufklärungsmission bestärkt. Und manchmal scheint es, als habe der Westen auch nach dem Ende des Kalten Krieges nicht aufgehört, über seine "Erfindung" Osteuropa zu triumphieren. 3 Der vermeintliche "Fetisch" 4 der Nostalgie ist uns vor allem dort offensichtlich, wo das Ende von Imperien zu bewältigen ist. Der Nationalstaat ist für uns die einzig 1 Vgl. Monica Rüthers, Wegwerfbilder mit Nachleben: Sowjetische Verpackungen, virtuelle Konsumwelten und russische Eiscreme-Nostalgie, in: Historische Anthropologie 23 (2015) H. 2, 205-228; dies., Die süsse Seite des Terrors. Erinnerungen an die Weltmacht -Russland pflegt mit nationalem Stolz die Eiscrème-Nostalgie, in: Neue Züricher Zeitung, 16. 10. 2014, 45. 2 Ulf Brunnbauer/Stefan Troebst (Hg.), Zwischen Amnesie und Nostalgie. Die Erinnerung an den Kommunismus in Südosteuropa, Köln u. a. 2007. Vgl. auch: Christoph Reinprecht, Nostalgie und Amnesie: Bewertung von Vergangenheit in der Tschechischen
(Nicht)Reiseland Russland? Russlandbilder und Stereotypen in postmoderner themenbezogener Literatur
2019
Das Buch Literarische Russlandbilder. Konstruktion von Selbst- und Fremdbildern in der russischen und russlandbezogenen Literatur der Transformationszeit von Yvonne Drosihn ladt ein, uber den Gebrauch der im Alltag unbedacht aufgegriffenen land- und nationenbezogenen Bilder intensiv nachzudenken. Den Schwerpunkt der zwischen Literaturwissenschaft, Psychologie, Soziologie und Ethnologie gelegenen Untersuchung bilden Stereotype in der postmodernen Literatur. Es wird aufgezeigt, nach welchem Bauprinzip welche Russlandbilder entstehen, wie sie miteinander verbunden sind und wie sie in der Postmoderne mit Blick auf jahrzehntelang tradierte ost-westliche Muster behandelt und gedeutet werden.
Die Frühe Neuzeit in der russischen Geschichtsschreibung - gestern und heute
Opera historica, 2019
Die Gründe für die wissenschaftliche Erforschung der europäischen Frühen Neuzeit, Reformation und Gegenreformation wurzeln in Russland noch im 18. Jahrhundert in der Zeit von Peter dem Großen. Im Jahre 1724 wurden in Petersburg drei wichtige akademische Einrichtungen gegründet: die Russische Akademie der Wissenschaften, die Universität und das akademische Gymnasium. Die akademischen Sitzungen fanden in der heutigen Kunstkammer in St. Petersburg statt. Dort war auch die akademische Bibliothek untergebracht, die erste öffentliche Bibliothek in Russland, deren Kern die Privatsammlung von Peter dem Großen bildete. Dadurch wurden die Grundlagen des wissenschaftlichen Lebens wie auch der historischen Forschungen in Russland institutio nell geformt. 1 Zwei äußerst wesentliche Faktoren haben die Entwicklung der russischen Geschichtswissenschaft im 18. Jahrhundert im Großen und Ganzen bestimmt. Es geht um den Einfluss der deutschen Tradition akademischer Universitätswissenschaft einerseits und um protestantische Ansichten, die von Deutschen hereingebracht wurden, andererseits. Peter der Große hat die Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg unter dem Einfluss des berühmten deutschen Philosophen und Historikers Gottfried Wilhelm Leibnitz gegründet, einem Mitbegründer der Preußischen Akademie in Berlin. Nach seinem Tode und gemäß seinem Rat und seinen Entwürfen hat der erste russische Kaiser seine Idee in St. Petersburg verwirklicht. Die ersten Gelehrten und Pädagogen, die an der Petersburger Universität lehrten, waren Kollegen von Leibnitz aus Brandenburg, Kursachsen und Thüringen. Die meisten deutschen Wissenschaftler, die nach St. Petersburg kamen, gehörten zu den Freunden und Schülern des berühmten Philosophen und Historikers. 2 Es ist wichtig, hier Gerhard Friedrich Miller zu erwähnen, den 1
Die Rezeption russischer Gegenwartsprosa in österreichischen Literaturzeitschriften (2000 - 2008)
2010
Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Erfassung von zwischen 2000 und 2008 in osterreichischen Literaturzeitschriften erschienenen Rezensionen zu russischer Gegenwartsprosa, sowie die Erforschung von Tendenzen in der Vermittlung. Dabei ist die distributive Analyse des recherchierten Materials nur ein erster Schritt der Annaherung. Der Fokus wird bewusst auf die formal-inhaltliche Dimension der Rezensionen gelegt. Methodisch orientiert sich die Untersuchung an dem von Martina Warnke in ihrem Werk „Die Rezeption russischer Gegenwartsprosa in der Bundesrepublik 1976-1995“ erstellten Kriterienkatalog zur Analyse der Textsorte Rezension. Anhand dieses Katalogs konnen die Rezensionen nach Uberzeugungen und Werturteilen der RezensentInnen, Einordnung des rezensierten Werks in bekannte literarische Zusammenhange, Informationen fur die LeserInnen als Rezeptionshilfen (vermutete Zielgruppe), Bezugnahmen auf den Lekturevorgang und Ubersetzungskritik als vermittelnde Elemente, Auserungen z...
Nikolaj Berdjaev und die russische Idee der „neuen Nacht“ bzw. des „neuen Mittealters“
2016
Nikolaj Berdjaev und die russische Idee der "neuen Nacht" bzw. des "neuen Mittelalters" Die russischen Emigranten, die nach dem Sieg der bolschewistischen Revolution ihr Land verließen, wurden zu Zeugen und Opfern des ersten geschichtlichen Versuchs, eine totalitäre Utopie in die Wirklichkeit umzusetzen. Viele von ihnen begriffen, dass die Ereignisse von 1917 lediglich den ersten Akt eines allgemeineuropäischen Zivilisationsbruchs darstellten und versuchten, die Öffentlichkeit in ihren jeweiligen Gastländern vor der sich anbahnenden Katastrophe zu warnen. Sie erzielten dabei allerdings wenig Resonanz. Anders als oft vermutet, hatte dies wenig mit den sprachlichen Barrieren zu tun. Zahlreiche Schriften der russischen Exildenker wurden in westliche Sprachen übersetzt, abgesehen davon beherrschten diese Autoren in der Regel vorzüglich Fremdsprachen und verfassten ihre Abhandlungen nicht selten in den Sprachen ihrer jeweiligen Gastländer. Die schwache Reaktion der westlichen Öffentlichkeit auf die Warnungen der Emigranten lässt sich auch nicht durch das mangelnde Interesse der deutschen, französischen oder britischen Intellektuellen für Russland erklären. Im Gegenteil, Russland übte damals auf den Westen eine große Faszination aus. 1921 beklagte sich Hugo von Hofmannsthal sogar, dass Dostoevskij nun drohe, Goethe von seinem Sockel zu stürzen. 1 Warum profitierten die russischen Emigranten so wenig von diesem Russlandfieber, das damals den Westen erfasste? Dies ungeachtet der Tatsache, dass der freie intellektuelle Diskurs, den die bolschewistische Diktatur im Lande selbst abwürgte, sich beinahe gänzlich ins "Russland jenseits der Grenzen" (Hans von Rimscha) verlagerte. Nur im Exil konnte sich die russische Kultur, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine beispiellose Blüte (die philosophisch-religiöse Renaissance) erlebt hatte, weiterhin in vollem Umfang entfalten. Auch diese Tatsache wurde von der damaligen westlichen Öffentlichkeit kaum gewürdigt. Sogar Hans von Rimscha, aus dessen Feder eine der differenziertesten Analysen der Ideengeschichte der russischen Emigration stammt, schrieb 1927 von der geistigen Sterilität des Exils. Es sei den Emigranten nicht gelungen, auf dem Gebiet der Philosophie, der Geschichtswissenschaft oder anderer Geisteswissenschaften etwas Erwähnenswertes zu schaffen. 2 Dem Historiker, der diese Worte 1927 schrieb, fehlte die zeitliche Distanz, um zu erkennen, wie unbegründet sein Vorwurf war. Dieser mildernde Umstand gilt jedoch
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