Das Verhältnis von Religion und Staat in Iran: Von den Safaviden bis heute (original) (raw)
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Staat und Religion im Islam: die Versuchung des Integrismus
Die politische Aufgabe von Religion, 2011
In der religiös-politischen Gemeinschaft der Muslime führte im Abstand weniger Jahrzehnte nach Mohammeds Tod (632 n. Chr.) 2 genau der irdische Erfolg, der als vornehmstes Unterpfand göttlichen Segens galt, also die unerhört rasche Ausbreitung muslimischer Herrschaft über die Arabische Halbinsel hinaus in die angrenzenden alten Kulturregionen, zu innergemeindlichen Verwerfungen. Die Rückkehr zu Mohammeds Vorbild bzw. die »Urgemein de« unter seiner Leitung als ideale und zugleich realisierbare Norm zur Überwindung von Konflikten und »Ungerechtigkeiten« in Gesellschaft und Herrschaftsverband begann als Lösung aller Probleme schlechthin einen immer wichtigeren Platz im kollektiven Gedächtnis einzunehmen 3. Die im Vorstehenden als nicht weiter zu begründende Prämisse implizierte Doppelgesichtigkeit der anfänglichen Vergemeinschaftung der Muslime als religiöser wie als politischer Organisation bedarf womöglich dennoch einer knappen Erläuterung. In der Umwelt von Mohammeds frühester Verkündigung war die Allianz zwischen politischer Herrschaft und herrschendem religiösen Bekenntnis der Regelfall, ob in Ostrom, in Armenien oder Äthiopien, im sassanidischen Iran oder dessen zeitweiligem Vorposten Jemen 4. Die arabische Halbinsel, bzw. im besonderen Mohammeds Heimatregion Hedschas, existierte, wenn auch in einem gewissen Unterdruck, keinesfalls in einem Vakuum, weder in religiöser noch sonst in irgendeiner
Soziologie des religiösen Staates im Islam und im Christentum
2008
Rechtsstaatlichkeit, der Respekt vor der Meinung anderer und die Nichtanwendung von Gewalt zur Losung gesellschaftlicher Probleme gehoren zu den spezifischen Besonderheiten von zivilen und demokratischen Gesellschaften. Gehen wir demzufolge von Hannah Arendt' aus und nehmen wir ebenfalls an, dass das Leben in einem staatlichen Gemeinwesen und politisch zu sein bedeutet, samtliche Fragen durch Dialog und Uberzeugungsarbeit zu losen anstatt durch Zwang und Gewalt, dann konnen wir das Fehlen von institutioneller und struktureller Gewalt als Bemuhen zur Schaffung einer Demokratie anerkennen. Die Menschen waren stets daran interessiert, die unterschiedlichen Formen von Gewalt aus ihrer Gesellschaft zu verbannen und an deren Stelle Frieden, Recht und Gesetz, Gerechtigkeit und Freiheit zu setzen. Die Menschen greifen aus ganz unterschiedlichen Grunden zur Anwendung von Gewaltmitteln. Zahlreiche Faktoren uben dabei einen Einfluss aus, einer davon ist die Religion. Aufgrund ihrer bitteren Erfahrungen, die die Menschen im christlichen Abendland mit der Einmischung der Religion in die Politik sowie mit Gewalt und Repression vonseiten der Kirche gemacht hatten, sahen sie in der Renaissance die Losung fur die Ausmerzung von gesellschaftlichen repressiven Zwangsmasnahmen in der Trennung von Religion und Politik sowie dem generellen Ruckzug der Religion aus dem politischen Geschehen, woraufhin allmahlich im Westen eine sakulare Gesellschaftsform etabliert worden ist. In der Geschichte der islamischen Welt hingegen ubte die Religion immer wieder dann, wenn sie mit der Politik verschmolz, ganz unterschiedliche Einflusse aus. Beispielsweise waren Staat und Religion in der Epoche der ersten islamischen Kalifen masgeblich fur die Befreiung des Volkes aus Stammesfehden, Gesetzlosigkeit und Ungerechtigkeit verantwortlich. Aus diesem Grund konnte der Islam auch innerhalb kurzester Zeit sowohl das Romische als auch das Persische Reich bezwingen. In den folgenden Jahrhunderten verlieh die Religion in der islamischen ebenso wie in der christlichen Welt den Staaten die notige Legitimation und Starke, die sie benotigten, um vor dem Volke zu bestehen. Dementsprechend haben wir es hier mit der Frage zu tun, welchen Standpunkt die Religionen zu Staat und Demokratie einnehmen und in welchem theoretischen Verhaltnis sie zueinander stehen. Sind die historischen Erfahrungen von Islam und Christentum auf diesem Gebiet identisch? Im Gegensatz zur Trennung von Religion und Politik in der christlichen Tradition ist im Islam das Einssein'' von Religion und Politik eine unbestreitbare religiose Tatsache; im Islam sind Politik und Religion miteinander verschmolzen, wahrend die Unterscheidung in religiose und weltliche Angelegenheiten im Christentum eine Verpflichtung zu doppelter Loyalitat bildet. Die Trennung von Religion und Politik hatte daher in der christlichen Welt nicht immer das gleiche Ausmas. Die Vertreter Gottes und diejenigen des Kaisers zeigten teilweise eine gegenseitige Annaherung, bisweilen wandten sie sich voneinander ab. In Anbetracht der Tatsache, dass es im Verhaltnis von Religion und Politik unterschiedliche Auspragungen gibt, sind auch differierende Ansichten uber die Frage geausert worden, in welchem Stadium ihrer Einheit Despotismus und Gewalt hervorgebracht werden. Die Beziehung zwischen Religion und Staat kann auf verschiedene Weise untersucht werden. Eine Moglichkeit besteht in der historischen Methode. Es handelt sich dabei um den Versuch, die wechselseitigen Beziehungen zwischen Religion und Regiment im Verlauf ihrer parallelen Entwicklung bei samtlichen Volkern und Kulturen in den einzelnen Epochen aufzuzeigen. Ferner konnen die in einer solchen Beziehung herrschenden Prinzipien phanomenologisch analysiert werden. Die ausschliesliche Anwendung jeder Methode hat ihre Grenzen. Aus der ersten Methode entstehen zahlreiche sich uberschneidende Materialien, bei der zweiten Methode konnte wiederum die Beschreibung mit normativen Gesichtspunkten verwischt werden. Daher ist es ratsam, die Mitte zwischen beiden Methoden zu wahlen. Es sollen die Vorteile beider Methoden genutzt und die geeigneten Elemente in eine spezielle Methode der Religionssoziologie integriert werden. Die jeweilige gegenseitige Wechselwirkung zwischen der Theologie, welche die grundlegenden Begriffe der Interpretation eines religiosen Erlebnisses formuliert, der Religionsgeschichte, die dessen Manifestationen und Entwicklungen beschreibt, und der Religionssoziologie, die die gesellschaftlichen Wirkungen religioser Phanomene und die Vielfalt der religiosen Institutionen untersucht, wird auf diese Weise illustriert? Die Besonderheit dieser Arbeit liegt jedoch in der in ihr angewandten komparativen und interdisziplinaren Methode sowie der vergleichenden soziologischen Aspekte. Diese Forschungsarbeit begrenzt sich auf die beiden ReligiAnen Islam und Christentum. Zeitlich fixiert sich die Untersuchung auf die Epoche des Mittelalters. Es wird auf zeitgenossische…
Kirche und Umma. Glaubensgemeinschaft in Christentum und Islam, Edited by Hansjörg Schmid & Amir Dziri, 2014
Organisatorische Hindernisse und theologisches Vakuum Kontextbedingungen einer Verhältnisbestimmung des Islam zum deutschen Verfassungsstaat Religion entfaltet sich stets unter konkreten politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Bedingungen. Anders als das Christentum, das in Westeuropa auf eine längere Bestandsgeschichte zurückblickt, bietet sich der Islam als Fallbeispiel für die Etablierung und Institutionalisierung einer neu zugewanderten Religion im modernen Nachkriegsdeutschland an. Der Islam bewegt sich dabei im Kontext religionsrechtlicher und -politischer Rahmenbedingungen, die aus den historischen Erfahrungen mit christlichen Großkirchen hervorgegangen sind. Die Verhältnisbestimmung zum verfassungsrechtlichen Rahmen der Bundesrepublik Deutschland, die diese Minderheitenreligion zu leisten hat, wird in diesem Beitrag exemplarisch anhand der Kontroverse rund um die „Grundsatzerklärung des Zentralrats der Muslime in Deutschland zur Beziehung der Muslime zum Staat und zur Gesellschaft“, weithin bekannt als „Islamische Charta“, in ihrer besonderen Problemlage diskutiert. Damit wird im Folgenden nicht das gegenwärtige Verhältnis muslimischer Institutionen bzw. Vertretungen in Deutschland zum Verfassungsstaat dargelegt und bewertet. Stattdessen wird dafür gehalten, die Kontextbedingungen für Initiativen zur Verhältnisbestimmung in den Vordergrund zu rücken und sie als Marksteine in einem Prozess der fortdauernden Institutionalisierung des Islam in Deutschland zu erörtern, der sich wiederum im Rahmen von Migrations-, Inklusions- und Sozialisationsvorgängen von Muslimen in die deutsche Gesellschaft vollzieht. Aus einer „zugewanderten Religion“ entfaltet sich mit der dritten Generation an Muslimen in Deutschland unter anderem über die wechselseitige Auseinandersetzung ‚der Muslime’ mit ‚Politik und Gesellschaft’ heute zunehmend ein ‚Islam deutscher Prägung’, der eigentümliche organisatorische Strukturen aufweist. Obschon in diesem Beitrag der Blick auf kontextuelle Bedingungen gelenkt wird, soll zu Anfang einleitend skizziert werden, welche sozialstrukturellen Entfaltungsweisen bislang aus der Grundbeschaffenheit des Islam hervorgegangen beziehungsweise aus dieser überhaupt möglich sind.
The relationship between state and church in Germany is characterised by a dynamic cooperation which has proven useful especially to the extent that in a state neutral to religion it manages to repeatedly adjust the requirements inherent to the system of such a cooperation to meet the social challenges. A good example for this can be found in religious education at German schools which has to react to demographic change both institutionally and in terms of content. The legal parameters for this need to be defined. Published in: Trierer Theologische Zeitschrift [TThZ] (124) 2015, 155-171.
Rationalität in der Islamischen Theologie, Band II: Die Moderne, 2022
Die vorliegende Studie befasst sich mit den Vorstellungen des zeitgenössischen islamischen Denkens in Bezug auf das Verhältnis des Nationalstaates und der christlich-religiösen Institutionen in den islamischen Ländern am Beispiel von Ägypten. Anhand der im Oktober 2010 erschienen Artikelreihe al-Idāra al-kanasiyya baina niẓām al-milla wa-l-ǧamaʿa al-waṭaniyya wird dieses Verhältnis aus der Perspektive des ägyptischen Historikers, Juristen und islamischen Denkers Ṭāriq al-Bišrī (1933-2021) erörtert. Dazu werden Beispielsfälle wie Gerichtsbeschlüsse über Ehescheidung der Kopten, die Wiederehe koptischer Geschiedener sowie die Stellungnahme der Kirche betrachtet. Die Studie setzt sich zum Ziel, die Merkmale der Strömung, zu der al-Bišrī gehört, und deren intellektuelle Wandlungen zu elaborieren, um zu sehen, ob und inwieweit diese Wandlungen einen Einfluss auf al-Bišrīs Vorstellung bezüglich des Verhältnisses von Staat und Kirche in Ägypten hatte.