Der Vorzug des Erlebens – eine historisch-systematische Revue (original) (raw)
2020, Als Andere unter Anderen
Wie wir leben können und leben wollen-so die These, die sich durch die gesamte vorliegende Arbeit zieht-, lässt sich nur in Beziehung zu Anderen beschreiben. Hier geschieht also die Darstellung dessen, was es für die Wirklichkeit bedeutet, dass wir gezwungenermaßen mit Anderen zusammenleben. 1 Diese Art und Weise zu leben werde ich in dieser Arbeit mit dem Begriff des Erlebens bestimmen, da durch ihn all das gefasst werden kann, was für uns darlegt, wie man sich verhält, und dadurch auch, wie es in Erscheinung tritt. Dies erfordert jedoch nicht nur eine Beschreibung des Notwendigen oder des Wesenhaften, wie es in der Phänomenologie durch die eidetische Variation erreicht werden soll. Es erfordert vielmehr eine Fokusverschiebung auf dasjenige, was in der eidetischen Variation als kontingent beiseitegelassen bzw. ausgeklammert wird (also nicht für eine Wesensbestimmung zu rechtfertigen ist). Es ist demnach die Aufgabe dieser Arbeit, aufzuzeigen, dass das Erleben notwendig bzw. wesenhaft mit nicht zu Rechtfertigendem beschäftigt ist, um auf dieser phänomenologischen Basis eine Bestimmung der sozialen Strukturen, unsere Abhängigkeit von Anderen, aufzuzeigen. Oder kurz: Wie kann das Zusammenspiel von kontingenten sozialen Strukturen und den Bedingungen unserer Wirklichkeit dargestellt werden? Um diese Frage zu beantworten, werden in dieser Arbeit phänomenologische Positionen mit poststrukturalistischen Bestimmungen der sozialen Strukturen zusammengebracht. In diesem ersten Hauptteil wird dafür der Begriff des Erlebens in Abgrenzung zum Begriff eines theoretisierenden Bewusstseins beschrieben, durch welches vor