Burleske und groteske Elemente in Max Frischs Biedermann und die Brandstifter Ein Lehrstück ohne Lehre (original) (raw)
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Anuari de Filologia. Literatures Contemporànies, 2020
Die Kritik an den bestehenden sozialen Verhältnissen im vorrevolutionären Deutschland zählt zu den zentralen Themen des prägnanten Werks Georg Büchners. In seinen Dramen denunziert er die Heuchelei und Frivolität der oberen Klassen sowie ihre Unterdrückung der ärmeren Schichten zur Befestigung der sozialen Hierarchien. In Anlehnung an die Arbeiten Martins (2015, 2017) zur entstehungsgeschichtlichen und konzeptionellen Parallelität von Georg Büchners letzten Dramen Leonce und Lena und Woyzeck wird im vorliegenden Beitrag versucht, die Rolle der Ästhetik des Grotesken bei der Darstellung sozialer Umstände in den erwähnten Stücken Büchners zu bestimmen. Der Fokus der Untersuchung liegt auf den grotesken Elementen und Motiven bei der Darstellung der unterschiedlichen gesellschaftlichen Sphären. Dazu zählen u.a. die Automaten, die Aufhebung der Grenzen zwischen Tieren und Menschen sowie der Wahnsinn des Titelhelden in Woyzeck. Dabei werden die Theorien Kaysers und Bachtins zum Grotesken herangezogen, die exemplarisch die Ambivalenz dieser ästhetischen Kategorie zeigen.
Global Journal of HUMAN-SOCIAL SCIENCE: A Arts & Humanities, 2019
Zusammenfassung-Die Aussagekraft des Begriffes des Bildungsromans steht im Zentrum dieses Artikels und wird anhand wesentlicher Momente der Begriffsbildung beleuchtet. Die Absicht dabei ist aufzuzeigen, dass der Begriff nie in exakt geprägt wurde, und dass es daher unvermeidlich wurde, ihn in Frage zu stellen oder gar ganz zu verwerfen, zumindest, was die Forschung zu Wilhelm Meisters Lehrjahre betrifft. Bildungsromans steht im Zentrum dieses Artikels und wird anhand wesentlicher Momente der Begriffsbildung beleuchtet. Die Absicht dabei ist aufzuzeigen, dass der Begriff nie in exakt geprägt wurde, und dass es daher unvermeidlich wurde, ihn in Frage zu stellen oder gar ganz zu verwerfen, zumindest, was die Forschung zu Wilhelm Meisters Lehrjahre betrifft.
Groteske und Banalität. Abgrund des Zusammenhangs in Juraj Herz' DER LEICHENVERBRENNER
Hermann Kappelhoff, Daniel Illger, Christine Lötscher (Hg.): Filmische Seitenblicke. Cinepoetische Exkursionen ins Kino von 1968, De Gruyter: Berlin, 2019
Als Juraj Herz im August 1968 seinen Film "spalovač mrtvol" - im Folgenden "der leichenverbrenner" - drehte, marschierten die Truppen des Warschauer Pakts in der damaligen Tschechoslowakei ein; ein Ereignis, das die Dreharbeiten unterbrach: viele Innenaufnahmen waren noch nicht fertiggestellt und der Hauptdarsteller, Rudolf Hrušínský, tauchte für einige Zeit unter. Der Einmarsch war auch ein Ereignis, das Herz in seinen Film integrieren wollte, obwohl dessen Plot 30 Jahre früher angesiedelt ist. Es drängt sich die Frage auf: Welcher Art ist die Verbindung des Films zur Geschichte, dass es möglich schien, semi-dokumentarische Bilder in seine doch vermeintlich klar als fiktional erkennbare Welt einzufügen? Diese Frage möchte ich zum Anlass für einige Erörterungen nehmen, die das Verhältnis zwischen historischer und ästhetischer Erfahrung betreffen. Ich glaube, dass eine Einsicht in dieses Verhältnis hilfreich sein kann, um die aktuelle Relevanz der poetischen und politischen Umwälzungen von 1968 einzuschätzen. Meine Erörterungen werden sich einerseits um die Frage drehen, ob sich dieses Verhältnis mit Hilfe zweier Begriffe denken lässt: nämlich mit dem Begriff der Banalität, wie er durch Hannah Arendt in ihrem 1964 auf Deutsch erschienenen Buch Eichmann in Jerusalem geprägt worden ist, und mit Bachtins Begriff des Grotesken. Andererseits und etwas konkreter wird es um das Problem gehen, wie das eine - die historische Erfahrung - ins andere - die ästhetische Erfahrung - übergehen kann.
»Es ist so ein Feuerrad«. Zum ductus der Prosa in Friederike Mayröckers Reise durch die Nacht
Prosa: Theorie, Exegese, Geschichte
Als 1986 der Maler Andreas Campostellato am Max-Planck-Institut in Berlin unter dem Titel Österreichische Vegetationen eine Ausstellung gestaltet, liefert Friederike Mayröcker einen Begleittext. In also, wem die Flamme aus der Leinwand schießt reflektiert Mayröcker nicht über die Bilder Campostellatos, sondern in ihnen. Diese Gelegenheit nutzt sie, um ihr eigenes Schreiben zwischen Prosa und Vers zu situieren: ob Vers oder Prosa darauf kommt es nicht anes kommt nur darauf an, wie sie angezogen sind, ich meine die Worte: die mir meine Eingebung eingibt, welche Art Knochenwerk sich da herausbilden will, darauf kommt es an, in Böen wechselt mein Sinn. Meine Erleibung ist meine Erleidung bis ich nicht mehr weiter kann. (Mayröcker 2001c, 14) Was sich in der Kontur der Worte abzeichnet, ist ihre knöcherne Buchstäblichkeit. Es ist ein »Knochenwerk«, durch das sich eine gleichsam bewegliche, von Böen angeleitete Wendigkeit des Sinns heraus artikuliert. In der elementaren Bildlichkeit des Schreibens, die Mayröcker hier in Anschlag bringt, sticht in der Arbeit am und Eingebung durch das Wortmaterial die Scharnierstelle des Körpers heraus. Als »Erleibung« ist hier keine distanzierte Beherrschung, sondern eine aktive, ja affektive »Erleidung« heraufbeschworen. Schreiben, ob Prosa oder Vers, wird derart zu einer Vermischung des schreibenden Körpers und des Schriftkörpers, von Sinn und Sinnlichkeit, von Knochenwerk und Windrichtung. In der paradigmatischen Reihenbildung von »Erleibung« und »Erleidung« verschiebt sich dabei der Wortsinn selbst aus der Variation eines einzelnen Buchstabens, aus der Spiegelung von »b« und »d«. Die Böe hat ihre Richtung gewechselt. Diese kleine Passage dient als Ausgangspunkt, um das Schreiben von Prosa bei Mayröcker in einer spezifischen Relation zum Körper und zur Materialität der Schrift zu verfolgen. Dem Ansatz, Prosa nicht von einer Form her zu denken und sie stattdessen entlang von »forminkompatiblen Texten« (Simon 2018, 416) zu beschreiben, wird im Folgenden durch einen Fokus auf die Konfiguration des Materials und der Materialität von Prosa und Prosaschreiben nachgegangen.
Faschistischer Wunsch und Literatur – Vorschläge für die Literaturdidaktik der Oberstufe
The paper discusses Klaus Theweleits Theory of Fashism and how it might be converted into a method for teaching about fascism and literature in higher education. It provides an outline of questions and texts for such a didactic method. Der Artikel diskutiert Klaus Theweleits Faschismustheorie und stellt Überlegungen an wie sich diese Theorie in eine didaktische Methode umwandeln lassen könnte um über Faschismus im Deutschunterricht der Oberstufe aufzuklären. Es wird außerdem eine Skizze mit didaktischen Fragehorizonten und mögliche literarische Texte für eine solche Methode erarbeitet.
"Kameraden, wir werden sterben." Sterbende Individuen und wandelbare Kollektive in Brechts Lehrstück
Figurationen, 2023
Brechts Lehrstücke, die bekanntlich ein Publikum entbehren können und oft für die radikalsten Theaterexperimente des Autors gehalten werden, sollten ihren Spielenden das Einüben kollektiven Handelns und dessen Organisation ermöglichen. Entsprechend wird in ihren schlichten, musterhaften Fabeln der Einzelne oft zugunsten einer Kollektivität explizit negiert – eine Negierung, die manchmal sogar in seiner Liquidierung bzw. in den Tod mündet. Anhand des Stücks Das Badener Lehrstück vom Einverständnis hinterfragt dieser Aufsatz die Bedeutung dieser Negierung des Einzelnen bzw. der individuellen Figur und ihr Verhältnis zum kollektiven Handeln, das die Theaterpraxis der Lehrstücke nach Brechts pädagogischen Grundsätzen fördern sollte. Durch eine Analyse des Stücks und dessen metatheatralische Dimension wird aufgezeigt, wie seine Dramaturgie auf die Veränderung der Haltung und des Verhaltens der Figuren – und damit der Teilnehmenden – abzielt. Anstelle des Primats des Kollektivs über den Einzelnen inszenieren das Stück und die Theaterpraxis der Lehrstücke vielmehr vielfältige und teilbare „In/Dividuen“, die gerade aufgrund ihrer Vielheit, welche sich im Theaterspiel erproben lässt, kollektivfähig werden.
Kleist-Jahrbuch, 2007
Der Mensch weiß nicht, auf welchen Platz er sich stellen soll. Er ist sichtlich verwirrt und von seinem wahren Ort vertrieben, ohne ihn wiederfinden zu können. Unruhig und ohne Erfolg sucht er ihn überall in der undurchbringbaren Finsternis. Blaise Pascal, Pensées (1670) I Es gehört zu den schärfsten Paradoxien des Kleist'schen Textes Über das Marionettentheater, wenn der von einem "Maschinisten" gelenkte "Gliedermann" am Ende "Gott" an "Grazie" gleichgestellt wird. Dies geschieht im letzten Glied einer Argumentationskette, die das auf das Ästhetische reduzierte Phänomen "Grazie" paradigmatisch an das ‚verlorene Paradies' des Menschen und der ‚Menschheit' bindet, dieses in Rousseau'scher Manier mit der Abwesenheit von (stets unglücklichem und stets denaturiertem!) Bewusstsein begründet 1 und daraus im dialektischen Verfahren eine Utopie konstruiert, die dem omnipotenten Bewusstsein ein synthetisches Paradies und damit erneut die Voraussetzungen für "Grazie" assoziiert. Paul de Man hat angesichts dieser Konstruktion von einem "der verführerischsten, mächtigsten und illusionsreichsten Topoi der idealistischen und romantischen Periode" 2 gesprochen. Möglich wird sie durch die Prämisse, dass "Anmut" ohne "Geist" gar nicht zu denken sei, denn nach Schiller ist diese "eine Schönheit, die nicht von der Natur gegeben, sondern von dem Subjekte selbst hervorgebracht wird" 3. Sie ist also ein anthropologisches Spezifikum, wie es nur im Rahmen eines gnostischen Menschenbilds denkbar ist. Indem der Begriff "Geist" das Nicht-Materielle schlechthin repräsentiert, scheint es naheliegend, dass 1 Über theologische und Rousseau'sche Elemente in dieser Denkfigur vgl.: Gerhard Kurz, ‚Gott befohlen'. Kleists Dialog ‚Über das Marionettentheater' und der Mythos vom Sündenfall des