Heckl, Raik: Mose als Schreiber. Am Ursprung der jüdischen Hermeneutik des Pentateuchs, Zeitschrift für Altorientalische und Biblische Rechtsgeschichte 19, 2013, 180-235. (original) (raw)

1. Einführung Seit mehr als 300 Jahren streitet die alttestamentliche Wissenschaft mit der traditionellen Bibelrezeption um die Verfasserschaft des Pentateuchs, der aus einer ganzen Reihe von Gründen nicht von Mose abgefasst worden sein kann, 1 traditionell aber auf ihn zurückgeführt wird. Diese Sicht hängt wahrscheinlich mit einer Reihe von Bibelstellen zusammen, 2 in denen Mose als Schreiber fungiert. 3 Mose ist Hauptfigur der Bücher Exodus -Deuteronomium, auf Gottes Befehl hin ist er im Deuteronomium 4 Ich-Erzähler und Sprecher der Gebote. Wenn Mose schreibt -und dies in einer Reihe von Stellen ebenfalls auf Jhwhs Befehl hin -, dann ist das Schreiben literarisches und theologisches Thema. Sowohl mit der Figur des Mose als auch mit dem Schreiben sind ganz bestimmte Vorstellungen verbunden. Beides gehörte für die intendierten Adressaten offenbar zum kulturellen Hintergrundwissen, das für die Rezeption des Textes erforderlich war. Daher muss zunächst in mehreren traditionsgeschichtlichen Durchgängen diesem Hintergrundwissen nachgegangen werden, bevor die Stellen, an denen Mose schreibend erwähnt wird, analysiert werden können. Dabei können in dieser Arbeit nicht alle Aspekte, die Mose als Figur betreffen, 5 diskutiert werden. In der Untersuchung steht im Vordergrund, wie Mose mit autoritativen Texten in Verbindung gebracht wird. 6 Vgl. Renz, Text und Kommentar, 38f.; Knauf, Umwelt, 119; Rollston, Scribal Education, 67f. Rollston, ebd., 65, weist auf orthographische Unterschiede zwischen judäischen und samaritanischen Texten hin, die s.E. für die Existenz zweier Dialekte sprechen. Die Verwendung der phönizischen Schrift in Israel sei ein übergreifendes Phänomen in der Region. Vgl. Rollston, ebd., 27-42., bes. 37: "Israel's use of the Phoenician script was definitely part of a broader phenomenon." 7 Vgl. Renz, Text und Kommentar, 29-39. 8 Rollston, Writing, 30, sieht den Gezer-Kalender als phönizischen Text an. 9 Vgl. Achenbach, Personae miserae, 125. Da der Text weder als Urkunde noch als Brief erkennbar ist, wird vorgeschlagen, dass es sich ebenfalls um eine Schreiberübung handelt. Zur Diskussion vgl. ebd., 95. 10 Vgl. Mazar/Ben-Shlomo/Ahituv, Pithos from the Ophel, 39. 11 Renz, Schrift, 51.