Wie das Menschenbild die Unterrichtspraxis beeinflusst. Empirisch-rekonstruktive Studie zu Respekt aus Schülersicht (original) (raw)
Wie Lehrer*innen ihren Unterricht gestalten, wie sie im Schulalltag handeln und sich erzieherisch verhalten, im Folgenden als Praxisformen oder Handlungspraxen bezeichnet, ist häufig Ausdruck ihres Menschenbildes. Menschenbilder wirken innerhalb individueller Lebenswelten von Geburt an ständig auf Personen ein, bis schließlich eine Internalisierung erfolgt und sie im Handeln Ausdruck finden. Menschenbilder und Haltungen, die über Praxisformen von Lehrpersonen sichtbar werden, stehen daher im Mittelpunkt des Forschungsinteresses dieser Publikation. Ausgehend vom Respektverständnis von Dillon (2003), nach dem Lehrpersonen ihre Schüler*innen respektieren, wenn sie diese beachten, wahrnehmen, verstehen und begreifen, wird in der Folge als konstitutiv für respektvolle Praxisformen, ein Menschenbild des Respekts vor der Vielfalt generiert, das grundlegend den Erwartungen von Schüler*innen an die Praxisformen ihrer Lehrpersonen entsprechen dürfte. Dazu wird eine empirisch-rekonstruktive Studie durchgeführt, die aufzeigen soll, inwiefern Schüler*innen wahrnehmen, dass die von ihnen erlebten Praxisformen ihrer Lehrpersonen ihren normativen Erwartungen an ein Handeln bezüglich dieses Menschenbildes entspricht. Mithilfe von Gruppendiskussionen mit Schülerinnen und Schülern an berufsbildenden Schulen und der Auswertung mittels Dokumentarischer Methode (Bohnsack 2014) wird versucht, Menschenbilder von Lehrpersonen anhand der wahrgenommenen Praxisformen aus Perspektive der Schüler*innen zu rekonstruieren. Zunächst erfolgt eine Entfaltung der Orientierungsfiguren, wodurch die Originalität der Einzelbeiträge der Gruppen erhalten bleibt und die Nachvollziehbarkeit ermöglicht wird. Anschließend wird eine Sinngenetische Typenbildung durchgeführt, indem überindividuelle Muster erfasst und so über das Typische verallgemeinerungsfähige Aussagen erzielt werden. Mittels der Forschungsergebnisse werden schließlich respektvolle Handlungspraxen identifiziert, was letztendlich der Schlüssel für ein positives Miteinander ist und Chancen zur gemeinsamen konstruktiven Gestaltung der Lebenswelt Unterricht bietet. Ferner stellen die Befunde für Schulpraktiker*innen und die Lehrerbildung eine Möglichkeit dar, die eigenen Praxisformen zu reflektieren, und sie sollen Anregungen für den wissenschaftlichen Diskurs und allenfalls Anschlussforschungen geben.