Paul Zech im südamerikanischen Exil 1933-1946. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Emigration in Argentinien (original) (raw)
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Paul Zech in Argentinien - Kulturkrise und Neuschöpfung der Welt
Es fehlt Deutschland, aber insbesondere Argentinien nicht an Beispielen für Erfahrungen gescheiterter oder erfolgreicher Einwanderer. Argentinien ist als Einwanderungsland umfassend erforscht, die Einwanderung stellt einen Wesenskern des argentinischen Selbstverständnisses dar. Auch ist die Immigration der Deutschen dort dokumentiert, nicht aber ist es bisher gelungen, die Erfahrungen deutscher Einwanderung in Argentinien für Deutschland als Einwanderungsland des späten 20. Jahrhunderts fruchtbar zu machen. Die deutsche Wanderung nach Argentinien ist zeitlich und geografisch zu weit entfernt, als dass sie z. B. mit der Migration der Gastarbeiter ab 1960 nach Deutschland in Verbindung gebracht würde. Argentiniens Sozialgeschichte bietet jedoch ein großes Potenzial, denn die Geschichte und Erfahrungen deutscher Einwanderer in Argentinien geben ein vergleichbares, aber im Kern anderes Bild, als es diejenigen der Gastarbeiterwanderung nach Deutschland darstellen. Dem Kulturkonflikt weicht in der neuen Welt die kreative interkulturelle Neuschöpfung einer neuen Identität, die Altes und Neues verbindet. Buenos Aires und Argentinien versprachen Millionen von Einwanderern ein neues Leben, das " hacerse la América " wurde zum Allgemeinplatz, es blieb leider oft nur ein Traum. Viele Einwanderer des späten 19. und 20. Jahrhunderts scheiterten bzw. blieben in Buenos Aires in elenden Lebensverhältnissen stecken. Nicht hinterfragt wird in Argentinien jedoch die Vermischung der Kulturen. Deutschland begreift sich dagegen noch nicht als interkulturell, Argentiniens Identität findet darin aber gerade die Grundlage, auch wenn das Land seit seiner Gründung mit der Verbindung seiner unterschiedlichen Kulturen ringt. Die Verbindung der Migrantenkulturen dort wurde zur Basis einer neuen Identität, ganz anders als z. B. im angelsächsisch geprägten Nordamerika. Paul Zech kann als Avantgarde-Migrant eine paradigmatische Stellung im Prozess der Identitätskonstruktion einnehmen. Er war wohl der erste maßgebende deutsche Exilant und Expressionist in Argentinien, der angesichts der Machtüberlassung 1933 unfreiwillig seine Heimat verlassen hatte und über unterschiedliche, mehr oder weniger erfolgreiche Integrations-und Distanzversuche letztlich in der Kulturschaffung und -vermittlung seine neue Heimat fand. Erst zögerlich wird er aber von der argentinischen Literaturwissenschaft bemerkt. Hier steht er immerhin für den sog. " Avantgardetransfer " oder für die " Stadtbricolage ". 2 Zech erfasst und bearbeitet als deutscher Exilant in Argentinien auf seine Weise geradezu den Grundkonflikt des Landes: eine sich hinterfragende eurozentrische Moderne, die gegen ein verschüttetes altes und zugleich hervor drängendes neues Amerika steht. Es gelingt ihm in dem bedeutenden Zeitfenster der Dreißiger-und Vierzigerjahre schließlich, beides zu verbinden. Das Exil stellt dabei die Extremsituation der Migration dar. Zechs Grunderfahrungen werden so zu Metaphern des postmodernen Menschen, der haltlos zwischen einer Kultur und der anderen wandert und sich neu konstruiert. Wenn man eine wesentliche Erfahrung Zechs in der neuen Umwelt Argentiniens hervorheben muss, so ist es wohl die Krisenerfahrung in der amerikanischen Großstadt, die sich auf verschiedene Weise durch alle Phasen seines Exils zieht.
Anuario de Historia de América Latina
The article presents a failed plan of emigration of German colonists to Chile during the first half of the 50’s. Previous scholarship has explored the organization and development of this agricultural project. Here we add reflection on the ways in which the post-war upheavals, and the problem of European displacements, affected the relation between Germany and Chile during this period. There has been no previous attempt to explain the impact of the cold war on this remote place, but it is worthy of consideration from both the German and Chilean point of view. The project broke down, though, in light of national interests of both states. Even though the soil was bad, President González Videla held fast to the project, given the prestige involved. On the other hand, the workers that had been elected for this purpose were hardly prepared. Problems with the language, inadequate professions, as well as the conduct of the colonists, made the project enormously difficult. It is hard to res...
2008
Argentinien als NS-Fluchtziel. Die Emigration von Kriegsverbrechern und Nationalsozialisten durch Italien an den Rio de la Plata 1946-1955. Mythos und Wirklichkeit l Forschungslage und Fragestellung-Unser Wissen über die Flucht von NS-Kriegsverbrechem nach Übersee ist 60 Jahre nach Kriegsende immer noch dürftig. Dieses Kapitel zählt zu den wenigen großen Grauzonen der NS-Vergangenheit. Das ist keineswegs zufällig, beschäftigt sich doch die Zeitgeschichte erst seit einigen Jahren mit diesem Thema. Es waren Schriftsteller und Journalisten, die sich über viele Jahre der NS-Fluchtwege exklusiv angenommen hatten. Die Schilderungen über Geheimorganisationen, die NS-Täter ins Ausland geschleust haben sollen, trugen in der Regel romanhafte Züge. Unser Bild ist bis heute stark davon geprägt. Spätestens seit dem Buch ,JJie Akte Odessa 46 von Federick Forsyth wurde die Organisation-Dieser Beitrag basiert teilweise auf der Habilitation des Verfassers,.NazIS aUf aer Flucht Wie NS-Kriegsverbrecher und Nationalsozialisten über Italien nach Obersee entkamen 1946-1955", die am Institut für Zeitgeschichte an der Universität Innsbmck im Sommer 2001 eingereicht wurde. Der Verfasser dankt Henn Univ.-Doz. Dr. Hans Heiss und Dr. Georg Mischi für die Durchsicht des Aufsatzes, fi1r wichtige Anregungen und Feedback. Vgl. auch Steinacher,. Gerald, "The Cape of Last Hopen: Tbe Postwar Flight ofNazi War Criminals through Italy/South Tyrol to South America, in: Eisterer, KlausIBischof: Günter (Hg..), Transallantic Relations. Austria and Latin America in the jyJt and 2(j" Century (Transatlantica 1) New-Bnmswick 2006, S. 203-224.
Widerstand zu Exil im Exil - Alice Rühle-Gerstel und Leo Trotzki in Mexiko
2019
ALICE GERSTEL, 1894 in Prag geboren, Studium ebendort und in München, Heirat mit OTTO RÜHLE in Deutschland, Emigration von Dresden zurück nach Prag. Exil nach Mexiko (1935/36). Dort Zusammentreffen (1937)mit dem Verbannten LEO TROTZKI: Freundschaft und Bruch. Mord des Leo Trotzki (1940) durch Stalin; natürlicher Tod Otto Rühles; Suizid Alice Rühle-Gerstels (beide 1943). Ihr Werk spiegelt nicht nur ihre fünf kulturellen Identitäten wider: die altösterreichische, die tschechoslowakische, die deutsche, die mexikanische und die jüdische, sondern auch die intellektuelle internationale Vernetzung. Als assimilierte Jüdin wurde sie sich ihrer Herkunft erst durch die Nürnberger Gesetze bewusst. Ihr Lebenswerk kann im Grunde in drei Perioden eingeteilt werden: in die populärwissenschaftliche Periode in Deutschland; die journalistische in Prag; die literarische in Mexiko.
1974-2004: 30 Jahre Lateinamerika im Suhrkamp/Insel Verlag
Lateinamerikanische Literatur im …, 2007
Was ich hier möglichst kurz erzählen werde, ist zum einen die persönliche Bilanz meiner Arbeit, denn seit 1974 bin ich im Suhrkamp Verlag verantwortlich tätig im Bereich der spanischen, portugiesischen und lateinamerikanischen Literatur, d.h. seit 30 Jahren. Ich bitte also um Entschuldigung für die Beschreibung der eigenen Tätigkeit. Zum anderen ist es aber auch der Versuch, eine möglichst objektive Bestandsaufnahme vorzulegen, was der Verlag in dieser Zeit geleistet hat. Schließlich möchte ich noch die Lücken aufzeigen, die unverändert in der Rezeption der lateinamerikanischen Literatur bestehen, und auf einige größere Verlagsprojekte, die zur Zeit in Arbeit sind, hinweisen. Als ich im Sommer 1973 dank der Vermittlung eines Suhrkamp-Autors in Kontakt mit Siegfried Unseld trat, bat er mich um eine kleine Auflistung der wichtigsten Bücher des Kontinents. Ich schickte ihm am 28. August-Goethes Geburtstag, für den Verleger ein Datum von besonderer Bedeutung, was ich damals natürlich nicht wusste-einen Brief mit etwa einem Dutzend Titel und Autoren, die unübersetzt oder vergriffen, aber alle unverzichtbar waren. Die Liste umfasste Erstübersetzungen wie Rayuela von Julio Cortázar, Das kurze Leben von Juan Carlos Onetti, Paradiso von José Lezama Lima, Tres tristes tigres von Guillermo Cabrera Infante oder ein Buch des jungen Manuel Puig sowie Neuauflagen vergriffener Titel (Juan Rulfo, Augusto Roa Bastos, Octavio Paz, Alejo Carpentier) und Neuübersetzungen von gekürzten oder fehlerhaften "Versionen" bedeutender Romane (Carpentiers Die verlorenen Spuren existierte z.B. nur als grob gekürzte Flucht nach Manoa). Nach einem ersten Treffen mit dem Verleger während der Buchmesse 1973 wurde die Zusammenarbeit beschlossen, die am 1. Januar 1974 begann. Siegfried Unseld wollte sechs oder sieben große Romane aus Lateinamerika publizieren.
Zwei Emigranten in Südamerika: Der Briefwechsel zwischen Walter Blumenfeld und Emilio Mira y López
Psychologie Und Geschichte, 1991
Die Beschäftigung mit der Geschichte der Psychologie in Lateinamerika befindet sich zur Zeit in einer Phase des Umbruchs, in der die ersten Schritte zur Institutionalisierung erkennbar sind. Das entscheidende Datum war das Jahr 1988, in dem die Stiftung F u n d a c a o Getulio Vargas in Rio de Janeiro die I. Lateinamerikanische Tagung zur Geschichte der Psychologie mit großem Erfolg organisierte.
Der Fall Eichmann transnational Gesellschaftliche und kulturelle Wirkungen in Deutschland, Israel und Südamerika, 2024
Two cases of Adolf Eichmann's direct intervention in the deportation of Jews with Argentinean citizenship are explored. They are Gershon Willner, a naturalised Argentine, and Hans-Peter Mayerhoff, a German Jew who, with the complicity of the Argentinean Embassy in Berlin, claimed to the German authorities he was an Argentine citizen. Both cases were used by the prosecution as grounds for the indictment of Adolf Eichmann during his trial in Jerusalem in 1961. These cases received some coverage in the press and publications in Argentina at the time of the trial. It is argued why the notion of an alleged abandonment of Argentines abroad by Argentinean diplomacy during the Holocaust is incorrect. It then points out how and when this reconfiguration of the past came about to the point that events are evoked today in a diametrically opposed sense to how they happened.
In 1969 changes in international politics intended the German Social Party (SPD) to support the Portuguese political opposition. In this framework, six Portuguese students, who participated and went through trial in the 1968 student movement in Lisbon, were given support scholarships of the Friedrich-Ebert-Foundation. The thesis analyzes different experiences and political activities in which these exiled Portuguese engaged while pursuing their studies in Stuttgart, West-Germany, in 1969-1974. The center of the research is their radical-left-wing newspaper “A Batalha” which they distributed on 1000-1500 copies for 10 editions during 1973 and 1974 among Portuguese workers, so called “Gastarbeiter”, but also within other exile groups, e.g. in France, the Netherlands and Switzerland. Additionally, the project is based on oral-history interviews with the former scholars, archive research of private and public correspondence as well as documents of the PIDE. The main questions of this thesis are: What kind of political oppositional work did the exiled students do among and with the Portuguese working migrants? How did West German political role and context of the Cold War influenced their exile? Is there a necessity to rethink the role of Germany within the Portuguese exile network? Taking into account that studying exile offers a complexity of different factors and a broad understanding of the country of origin as well as of the place of the exile, and thus as international political and social contexts the projects aims to offer a new insight into Portuguese migration to Germany, which was until now hardly analyzed from a political oppositional point of view against the Estado Novo.
In: Unterrichtspraxis/ Teaching German. A Journal of the American Association of Teachers of German. Band 43, 1. Michigan State University: Blackwell Publishing, S. 22-30., 2010
Using Argentina as representative for Latin America, this essay lays out the situation of German instruction at the post‐secondary level. A general description of German curricula at Argentinian universities is provided, with special emphasis on the Universidad Nacional de Córdoba, one of the most important universities in providing translators, teachers and researchers. Since the number of students has been in steady decline, the author proposes changes in university curricula and in the administrative policies of German‐language schools. Latin American Germanists are encouraged to make more use of their out‐standing comparative perspective on the field, an advantage which may also be applied to undergraduate curricula. Finally, more exchange could take place concerning research in Germany, Latin America and between (Latin) American countries.