«Free speech» und rechter Populismus. Universität und Neue Rechte. Geisteswissenschaftliche Positionierungen (original) (raw)
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Positive Freiheit und politische Bildung im Anschluss an Hegel (2011)
in: Zeitschrift für Politische Therie 2 (2011), No. 2, p. 151-170.
In my paper I try to show the following: Based on Isaiah Berlin’s distinction of negative and positive liberty, I argue that there exists an epistemological disagreement at the core of the discussion. This disagreement has important consequences for political theory and theory of education (Bildung). My first major argument is as follows: Whereas epistemological individualism leads to concepts of negative freedom, which leads to concepts of a minimal state, which leads to a rather instrumental understanding of education, epistemological holism leads to positive concepts of liberty, which leads to concepts of a political state, which leads to concepts of civic education. While the second step from a specific understanding of freedom to corresponding theories of the state is well known, connecting this discussion with differing epistemologies and concepts of education offers new insights on the continuing relevance of the debate. My second major argument refers to Hegel’s practical philosophy as laid out in the Philosophy of Right, which offers an astonishing modern view on this debate. It can be shown that Hegel resolves the conflicts between both lines of argument by integrating both of them into his philosophy of freedom. Both positive and negative freedom as well as the idea of both a minimal and a political state are integrated into Hegel’s political theory. The concluding major argument states that a one-sided emphasis on one conception of freedom (the negative one) overestimates instrumental and professional education and fails to acknowledge the importance of forms of civic and moral education. Der vorliegende Aufsatz fragt aus politiktheoretischer Perspektive nach dem Zusammenhang von politischer Freiheit und Bildung und geht dabei in vier argumentativen Schritten vor. Auf die Gegenüberstellung der unterschiedlichen epistemologischen und anthropologischen Prämissen des negativen und positiven Freiheitsbegriffs folgt eine Verortung beider Daseinsformen der Freiheit in Hegels Rechtsphilosophie. Die zentrale These lautet dabei, dass beide Formen in Hegels politischer Theorie berücksichtigt werden. Im Anschluss daran werden politik- und bildungstheoretische Konsequenzen aus dieser Einsicht gezogen. Zunächst zeigt sich, dass beiden Freiheitsbegriffen unterschiedliche Vorstellungen von Staatlichkeit entsprechen, wobei erst die positive Auffassung von Freiheit einen politischen Begriff des Staates zur Folge hat. Schließlich kann gezeigt werden, dass ein umfassender, autonomieorientierter Bildungsbegriff diese Differenzierungen berücksichtigen muss. Eine einseitige Fokussierung auf die Bedingungen und Bestimmungen des negativen Freiheitsbegriffs wird diesen Erfordernissen nicht gerecht, weil ein solches Bildungsverständnis nicht zuletzt die politische Bildung des citoyen vernachlässigt.
Ambivalenzraum Universität, 2016
Das problematische Verhältnis von Freiheit und Macht. Die Universität ist nicht nur ein Ort der Freiheit. Vielmehr ist sie immer auch ein Ort, an dem es um Macht und Herrschaft geht. Das Verhältnis von professoraler Macht und Freiheit ist ein ambivalentes. Denn die Freiheit der ProfessorInnen schlägt im akademischen Alltag nicht selten in Machtausübung um. Der Grund dafür mag darin liegen, dass eine grundlegende Prämisse des Prinzips der ‚Freiheit von Forschung und Lehre‘ allzu häufig uneingelöst bleibt. Die größte Bedrohung der Freiheit geht dabei zweifellos vom Zeitregime aus, das der bürokratisch komplexen Universität des frühen 21. Jahrhunderts eigen ist. Neben dem Zeitfaktor gibt es aber auch noch andere, diffusere Aspekte, die das Potential haben, die Freiheit von ProfessorInnen zu untergraben. Diese lassen sich vielleicht am besten als psychologische Effekte des für das deutsche Universitätssystem typischen Karriereverlaufs beschreiben.
Die AG Hochschulpolitik des Departements Gesellschaftswissenschaften der Universität Basel hat im Herbstsemester 2017 eine Ringvorlesung zum Thema "Geld-Macht-Wissen: (Un-)Möglichkeiten von Wissenshaft heute" organisiert. Daraus ist dieser Diskussionsbeitrag im Widerspruch 71 entstanden, in dem wir versuchen die gesellschaftliche Situation von Wissenschaften, insbesondere Gesellschaftswissenschaften, im aktuellen Kontext rechter und (neo)liberaler Infragestellungen und Umstrukturierungen zu begreifen. Konkret geht es um Auseinandersetzungen um die Universität Basel aufgrund der Sparmassnahmen. Geschrieben ist der Text von Jonas Aebi, Malte Flachmeyer, Sarah Khayati, Matthias Luterbach, Tobias Rein und Anika Thym.
»Realismus und Utopie in Zeiten des Rechtspopulismus« (philosophie-indebate.de).
Rechte halten sich für realistisch. Zu ihrem Selbstverständnis gehört, dass sie distanziert und rational auf die objektiven Fakten blicken, während die »Gutmenschen« um ihre eigenen Gefühle kreisen, in Utopien schwelgen und sich moralisierend erhöhen. Tatsächlich aber waren für den Erfolg der AfD wie für denjenigen Trumps nicht die angeblich harten ökonomischen Fakten entscheidend, sondern scheinbar subjektive-emotionale, symbolische, kulturelle-Faktoren.[1] Zu diesen Faktoren gehört zentral, wie die Soziologin Cornelia Koppetsch herausarbeitet, »das Gefühl, dass Verhaltensmaßstäbe, die für die eigene Identität […] und die gesellschaftliche Wertschätzung bislang relevant waren, nicht mehr gelten und dass […] die eigenen Leistungen nicht mehr hinreichend […] gewürdigt werden.«[2] Die Basis dieses Gefühls beschreibt Koppetsch im Anschluss an Bourdieu als »Hysteresis-Effekt«: Der Habitus, also das implizite System von Handlungs-, Sprech-und Wahrnehmungsweisen, mit denen Menschen sich in der Gesellschaft orientieren, »passt« nicht mehr zu den veränderten gesellschaftlichen Umständen. Was einem früher als selbstverständlich galt, erweist sich nun als nur eine Möglichkeit unter vielen; Handlungsweisen, über die gar nicht nachgedacht werden musste, können nun zu Irritationen und Konflikten führen. Anfällig für den Rechtspopulismus sind demnach vor allem solche Gruppen-insbesondere in der Mittelschicht-, die relative Einbußen an symbolischer Macht und Geltung hinnehmen mussten.[3] Paradigmatisch ist dafür diejenige gesellschaftliche Gruppe, die dazu neigt, ihre privilegierte Stellung für selbstverständlich zu halten und auf Konflikte nicht mit Selbstreflexion zu reagieren, sondern mit dem Bedürfnis, wieder in eine heil und übersichtlich erscheinende Welt der Vergangenheit zurückzukehren-also Männer.