David Gugerli: Präzisionsmessungen am geodätischen Fundament der Nation. Zum gesellschaftlichen Anforderungsreichtum einer vermessenen Landschaft. In: David Gugerli (Hg.): Vermessene Landschaften : Kulturgeschichte und technische Praxis im 19. und 20. Jahrhundert. Zürich: Chronos 1999, p. 11 – 36 (original) (raw)

Als die «Ergebnisse der trigonometrischen Vermessungen in der Schweiz» 1840 im Druck erschienen, schlossen sie das dritte Kapitel mit einer bedeutungsvollen Zahl: «Die auf 13 0 R. und auf die Meeresfläche reducirte, auf die Berechnung des Dreiecksnetzes angewandte Länge der Grundlinie ist 13 '053,74 Meter.» 2 Die daran anschliessende typographische Linie muss für Johannes Eschmann, den Autor der Ergebnisse, mehr gewesen sein als ein drucktechnisch erzeugtes, rein dekoratives Element: Sie setzte einen definitiven Schlussstrich und machte klar, dass hier nichts zu ergänzen, nichts zu bezweifeln und vor allem nichts zu verändern war. Die Zahl bestimmte mit präzedenzloser Genauigkeit und Autorität die Distanz zwischen zwei Eisenspitzen im Berner Seeland, welche je den Mittelpunkt eines Versicherungssteines der Landesvermessung markierten. Der nördliche dieser beiden Steine befand sich, so Eschmann, «eine kleine Viertelstunde von dem Dorfe Walperswyl, hart an der Strasse nach Aarberg», während der südliche «am Ufer des Murtensees in der ungefähren Richtung auf den Kirchthurm von Avenche» zu finden war. Dazwischen lag sehr wenig. Zunächst vor allem «eine von Häusern und Bäumen entblösste Ebene», die bei hohem Wasserstand des Neuenburger-und des Murtensees stets überschwemmt wurde und deshalb nur als Viehweide genutzt werden konnte; ferner lagen zwischen den Versicherungssteinen auch der Damm der Strasse von Aarberg nach Sisselen, einige wenige sumpfige Stellen, zahlreiche Abzuggräben und eben die nun endgültig festgehaltene Distanz von 13'053,74 Metern. Oder «40'185,208 Pariser Fuss», wie der Bericht nur wenige Zeilen vor dem Kapitelende in deutlich kleineren Lettern festhielt -ein Zwischenresultat, das als Umrechnungshilfe diente und eine Brücke schlug zu jener geodätischen Vergangenheit, die sich noch an königlichen Massen orientiert hatte und nun endgültig überwunden sein sollte. 3 Grosse Bedeutung kann die Zahl allerdings kaum allein dadurch erhalten haben, dass sie auf die demonstrative Verwendung des französischen und