Der Zwettler Gerichtsdiener in der frühen Neuzeit: zur Rechts-und Sozialgeschichte eines subalternen städtischen Exekutiv-und Justizorgans (original) (raw)

2002

Abstract

""Gering waren bislang die Kenntnisse über die Tätigkeit der sogenannten Gerichtsdiener. Anhand der Zwettler Quellen versucht die vorliegende Studie nun ein wenig Licht in die Rechts- und Sozialgeschichte dieses in der frühen Neuzeit wenig geachteten und auf der untersten hierarchischen Stufe angesiedelten Amts zu bringen. Der Zwettler Gerichtsdiener erfüllte als subalternes Hilfspersonal von „Richter und Rat“ eine Fülle von Aufgaben im Bereich der Verwaltung wie auch im nieder- und hochgerichtlichen Strafwesen: Er überwachte und kontrollierte die städtische Ordnung, rief die Kundmachungen des Rats aus, stellte Verfahrensanordnungen und Urteile zu, verhaftete Übeltäter, vollzog die niedergerichtlichen Urteile, führte die Gefängnisaufsicht, stand dem Scharfrichter hilfreich zu Seite und vieles mehr … Er war geradezu der mit funktionaler Allzuständigkeit versehene, verlängerte Arm der städtischen Obrigkeit, durch ihn wurde Herrschaft ausgeübt. Der Berufstand der Gerichtsdiener hatte aber mit einem besonderen Ehrenmakel zu kämpfen. Er galt ab dem ausgehenden 16. Jahrhundert als „unehrbar/unehrlich“, wobei damit keine moralisches Unwerturteil gefällt wurde, sondern eine sozialer Status innerhalb der ständisch strukturierten Gesellschaft beschrieben war. Insbesondere die Tätigkeit im Bereich des hochgerichtlichen Strafvollzugs dürfte dafür die Ursache gewesen sein. Der Nimbus der „Unehrbarkeit“ zeichnete sich besonders deutlich im Kontakt mit dem Handwerk ab, das eine starke Abgrenzungsstrategie verfolgte und Söhnen von Gerichtsdienern den Zugang zu den Zünften strikt verwehrte. Die Ausübung eines ehrbaren Berufs war diesen damit verwehrt. Berufschancen gab es nur innerhalb des eigenen unehrlichen Stands; fand man keine Stelle, bestand die Gefahr, dass man als herumvagierender Bettler oder gar Kleinkrimineller das Auskommen finden musste. Reichsgesetzgebung wie landesfürstliche Gesetzgebung des 17. und 18. Jahrhunderts versuchten zwar dieses Problem zu beseitigen, ohne jedoch in der Praxis umfassende Verhaltensänderungen bewirken zu können. Modern gesprochen könnte man den Gerichtsdiener als ein Exekutiv- wie auch Justizorgan charakterisieren. Seine vielfältigen Funktionen üben heute so angesehene Berufe wie etwa der des Gendarmeriebeamten, Polizisten, Justizwachebeamten, Gerichtsvollziehers, Postboten usw. aus.""

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