Stepan Banderas Verantwortung für die Verbrechen ukrainischer Nationalisten (original) (raw)
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AUS POLITIK UND ZEITGESCHICHTE, 2017
Der transnationale Faschismus ist neben einer komplexen Geschichte der deutschen Besatzung und des Judenmordes zentral, um Bandera und die radikale Form des ukrainischen Nationalismus zu verstehen. Selbst wenn die OUN ihren Faschismus aus nationalen Gründen zeitweilig tarnte, verstand sie sich als eine faschistische Bewegung und ihren europäischen Pendants zugehörig. Bandera wollte als ihr Führer einen faschistischen Kollaborationsstaat im von den Nationalsozialisten kontrollierten "Neuen Europa" errichten. Die "Säuberung" des Staates von Juden, Polen, Russen und anderen ethnischen und politischen "Feinden" war ein fester Bestandteil des politischen Programms der OUN, das die Bewegung zumindest in der Westukraine teilweise realisierte. Der ukrainische Fall – ähnlich wie der kroatische, slowakische oder rumänische – zeigt, dass der radikale Nationalismus in keinerlei Gegensatz zum Faschismus stand, sondern mit ihm verschmolz beziehungsweise ein fester Bestandteil dessen war.
Stepan Bandera und die Krise der ukrainischen, europäischen und globalen Demokratie
Die Krisen der Demokratie in den 1920er und 1930er Jahren, 2023
Die Frage der Demokratie ist für das Verstehen von Stepan Banderas Leben und der ukrainischen Geschichte zentral. Ohne Bezug auf Demokratie und demokratische Werte lässt sich Banderas Biographie nicht kontextualisieren und erforschen. Umgekehrt sagt Banderas Leben viel über die Krisen der Demokratie aus. Sein Kult verrät auch viel über die europäische Krise der Demokratie vor dem und im Zweiten Weltkrieg und auch darüber, wie sich die Demokratie nach dem Zweiten Weltkrieg nicht erholen und wie eingeschränkt sie nach der Auflösung der Sowjetunion in der Ukraine funktionieren konnte. Da der Bandera-Kult, vor allem nach seinem Tod, ein globales Phänomen war, kann man daran auch die globale Krise der Demokratie erkennen bzw. den undemokratischen Umgang mit der Geschichte des Faschismus, des Holocaust und der Gewalt in verschieden Ländern der Welt beobachten.
Umstrittener ukrainischer Nationalist Bandera. Als Volksheld verehrt, als Schurke geschmäht
Der Mann ist heute in Deutschland kaum bekannt. Dabei verbrachte er ein Drittel seines Lebens in Berlin und München und prägte die deutsche Politik im und nach dem Zweiten Weltkrieg mit: Stepan Bandera (1909-1959) gehört zu den umstrittensten ukrainischen Figuren und steht wie kaum ein Zweiter für die Zerrissenheit des Landes. Die unzureichende Beschäftigung mit seiner Vita zeigt, dass es Verehrern wie Gegnern nicht um die Person und Geschichte Banderas, sondern um politische Instrumentalisierung geht.
Stepan Bandera: Geschichte, Erinnerung und Propaganda
Ukraine-Analysen , 2022
Über keine andere Person der ukrainischen Geschichte existieren so gegensätzliche Bilder wie über Stepan Bandera. Für die einen ist er der Inbegriff der ukrainischen Kollaboration mit den Deutschen während des Zweiten Weltkriegs und der Beteiligung von Ukrainern am Holocaust. Die »banderowzy«, die Anhänger Banderas, stehen im Zentrum des propagandistischen russischen Vorwurfs, die Ukraine werde von »Nazis« beherrscht und müsse »entnazifiziert« werden. Für andere, insbesondere in der Ukraine, ist er das Symbol des heroischen ukrainischen Unabhängigkeitskampfes. Die historische Wirklichkeit ist deutlich komplizierter. Der folgende Beitrag versucht, die tatsächliche Bedeutung Banderas und die Herkunft der gegensätzlichen und zu einem großen Teil auch falschen Bilder zu skizzieren.
Stephan Merl: Stepan Bandera, in: sehepunkte, 16, 1 (2016).
Rossoliński-Liebes Resümee ist dem schwierigen Thema angemessen und vermeidet einseitige Schuldzuweisungen. Es verweist darauf, dass der Umgang mit der eigenen Geschichte auch ein Prozess der Heilung einer Gesellschaft sei, und dass hierbei der Ukraine noch ein langer Weg bevorstehe. Dieser sei erst abgeschlossen, wenn die Ukrainer auch Mitgefühl für die vielen Opfer der ukrainischen Nationalisten empfinden könnten (558). Heute indes begehrten nur wenige gegen den Bandera-Kult auf. Die "Bandera-Debatte" im Vorfeld seiner Erklärung zum Nationalhelden habe gezeigt, dass auch für viele "liberale" Historiker Bandera den Widerstand gegen die Russen symbolisiert. Sie empfinden kein Mitgefühl für die Opfer der ukrainischen Nationalisten.
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 2024
The documentation presents central passages of the memoirs of the KGB agent Bohdan Stashynskyi, which are held by the Archives of the Bundesnachrichtendienst (Foreign Intelligence Service of Germany). Stashynskyi was a talented but internally torn assassin, who went down in the history of the intelligence services and the Cold War because of his assassinations of the leaders of the Organisation of Ukrainian Nationalists (OUN), Lev Rebet and Stepan Bandera. In his notes, which he wrote after his intentional arrest in order to seek judicial leniency, he reported what made him join the KGB, successfully infiltrate the nationalist underground in western Ukraine, murder OUN leaders in Munich and finally turn his back on probably the most brutal of all intelligence services.
Ukraine-Analysen
Der folgende Artikel zeichnet die Entwicklung der Bemühungen von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und dem ukrainischen Staat nach, konfliktbezogene Verbrechen auf dem Gebiet der Ukraine, die im Zusammenhang mit der russischen Aggression seit 2014 begangen wurden, zu dokumentieren. Der Beitrag analysiert weiterhin, wie die Erfahrungen von 2014 bis 2021 die Dokumentation von Kriegs-und Menschenrechtsverbrechen seit der russischen Invasion im Februar 2022 beeinflusst haben.
Der Bandera-Kult verhindert die Demokratisierung und destabilisert das Land
Die Beziehungen zwischen Polen und der Ukraine haben sich in den letzten Jahren verschlechtert, selbst wenn Polen bei dem NATO-Gipfel eng an der Seite der Kiewer Regierung steht. Ein wichtiger Grund dafür ist die polnisch-ukrainische Geschichte bzw. die geschichtspolitische Instrumentalisierung oder Nichtaufarbeitung bestimmter Aspekte dieser Geschichte. Der Nato-Gipfel in Warschau fand kurz vor dem 11. Juli statt, an dem in Polen jedes Jahr an die Massaker in Wolhynien erinnert wird. Daher wurde in den Medien viel über dieses Thema berichtet und zu Recht auf den problematischen Umgang mit dieser Geschichte in Polen und der Ukraine hingewiesen. Auch in Deutschland haben Historiker diesen Aspekt der Geschichte lange vernachlässigt und sich nur um die Aufarbeitung der Verbrechen der Nationalsozialisten bzw. deutscher Truppen in der Ukraine gekümmert, als ob die Beteiligung ukrainischer Nationalisten am Judenmord und ihr Terror gegen die polnische Bevölkerung nicht ein Teil der Besatzungsgeschichte gewesen wäre.