Die Praxis der Plattformarbeit (original) (raw)

P lattformarbeit ist eine markante Facette der potenziellen Arbeit der Zukunft. Das Phänomen steht aktuell sowohl im medialen als auch im wissenschaftlichen Fokus und zunehmend werden breite und differenzierte Erkenntnisse veröffentlicht. Wenig Berücksichtigung finden dabei ethnografische Perspektiven. Dabei vermag gerade dieser Zugang relevante Einblicke in Arbeitskulturen allgemein und besonders ihre digitalen Formen bieten. Die These dieses Aufsatzes ist, dass ein Mangel an methodischer Vielfalt und Passgenauigkeit bei der sozialwissenschaftlichen Analyse digitaler Arbeitskulturen zu Leerstellen und schiefen Resultaten führen kann. Sowohl quantitative als auch qualitative Instrumente der Sozialforschung laufen Gefahr, die soziale Realität zu verzerren, insofern sie die Praktiken der Akteur*innen nur isoliert von ihren Kontexten und nicht unmittelbar in actu analysieren. Im Folgenden wird daher ein ethnografischer Zugang propagiert, um digitale Arbeitskulturen zu analysieren. Erläutert wird dies am Phänomen der plattformvermittelten Kurier*innenarbeit, mittels derer in urbanen Zentren Mahlzeiten von Restaurants zu Kund*innen gebracht werden. Die entsprechende Forschungsliteratur (Veen u. a. 2019; Schreyer/Schrape 2018; Ivanova u. a. 2018) ist mitunter von Technikdeterminismus geprägt, der zwar in der Lage ist, die Kontrollregime dieser Art der Plattformarbeit treffend zu identifizieren, doch dabei von einer einseitigen und mitunter monokausalen Wirkkraft der digitalen Techniken ausgeht. Daraus gehen insbesondere zwei Forschungsmängel hervor, die dieser Beitrag thematisiert: Zum einen werden individuelle widerständige Praktiken der Arbeitenden nicht wahrgenommen und zum anderen wird die Relevanz struktureller Gegebenheiten vernachlässigt. Diese Strukturen drücken sich im deutschen Kontext bei den beiden zentralen Plattformen in einer gegensätzlichen formalen Arbeitsbeziehung aus-angestellt einerseits, selbstständig andererseits. Phänomen plattformvermittelte Kurier*innenarbeit Die Lieferung von Mahlzeiten ist keine neue Dienstleistung. Doch infolge innovativer digitaler Technologien entstand ab 2014 ein plattformvermitteltes Pendant, das neue Märkte erschloss, sich innerhalb weniger Jahre in zahlreichen europäischen Städten etablierte und hohe jährliche Zuwachsraten aufweist. 1 Plattformvermittelte Kurier*innenarbeit stellt in Deutschland die relevanteste Form ortsgebundener Plattformarbeit (gig work) dar. Trotzdem ist der gesamte Umfang dieser neuen Arbeitsform begrenzt. Gig work allgemein wird nur von 0,9 Prozent der deutschen Bevölkerung ausgeübt (Bonin/Rinne 2017). Für Deutschland ist von circa 4.000 Arbeitenden im Bereich der plattformvermittelten Kurier*in

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