Französische Sozialgeschichte: Rückständigkeit oder eigener Weg? (original) (raw)

1990, Frankreich-Jahrbuch 1990

Wenn man sich bisher in deutscher Sprache iiber die Geschichte der fran-z6sischen Gesellschaft im 19. und 20. Jahrhundert informieren wollte, stieS man sehr schnell auf Schwierigkeiten. Einen Uberblick iiber die franz6sische Sozialgeschichte der letzten 200 Jahre gab es bislang nicht. Die Uberblicksdarstellungen von Michael Erbe, Winfried Loth und Ernst Weisenfeld sind allgemeine Darstellungen zur franz6sischen Geschichte, die die Sozialgeschichte nur nebenbei behandeln k6nnen. Wolfgang Magers gelungene Sozialgeschichte Frankreichs geht nur bis ca. 1850. Die ins Deutsche iibersetzten, von Fernand Braudel und Ernest Labrousse herausgegebenen zwei Biinde zur Wirtschafts-und Sozialgeschichte Frankreichs wiihrend der Industrialisierung enthalten Beitriige von sehr ungleicher Qualitiit, sind nicht mehr auf dem neuesten Stand der Forschung und behandeln zudem das 20. Jahrhundert kaum. Spezialliteratur iiber einzelne Themen zur franzosischen Sozialgeschichte ist in deutscher Sprache nicht sehr hiiufig. Auch die zahlreichen vergleichenden Studien zu einzelnen Aspekten der franzosischen und deutschen Sozialgeschichte sind weit iiberwiegend in Englisch publiziert und rur denjenigen, der einen Uberblick gewinnen will, auch meist zu speziell. Schon deshalb rullt das Buch von Heinz-Gerhard Haupt zur Sozialgeschichte Frankreichs in den vergangenen 200 Jahren eine empfindliche Liicke. Heinz-Gerhard Haupt, der derzeit am Europiiischen Hochschulinstitut in Florenz lehrt, bringt unter den deutschen Sozialhistorikern rur dieses Buch ungew6hnlich gute Voraussetzungen mit. Er gehort nicht nur zu dem kleinen Kreis von deutschen Kennern der modernen franzosischen Gesellschaftsgeschichte. Er hat auch mehrere Jahre an einem der wichtigsten franzosischen sozialhistorischen Zentren, am Centre Pierre LOOn in Lyon, unterrichtet und geforscht. Er iiberblickt daher nicht nur die bekannteren franzosischen Arbeiten, sondern auch die vielen, nicht selten ungedruckten Lokal-und Regionalstudien, in denen sich ein wichtiger Teil der franzOsischen sozialhistorischen Forschung abspielt. Er ist zudem nicht nur Frankreichkenner. Er hat auch 241

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Gespräche an der Grenze: Französische Sozialgeschichte in Selbst-und Fremdeinschätzungen

Kulturgeschichte, Historische Anthropologie, Alltagsgeschichte, Geschlechtergeschichte, politische Sozialgeschichtedies sind einige der zentralen Stichworte, unter denen derzeit in der deutschen Sozialgeschichte über die Neuorientierungen im Fach debattiert wird. Immer wieder ist dann auch vom internationalen Stand der deutschen Forschung die Rede. Oftmals geht hierbei der Blick viel stärker in die anglo-amerikanischen als in die romanischen Länder. Und dies obwohl die französische "Schule der Annales" 2 gerne als Vorbild für innovatorische Ansätze zitiert wird. Zwar herrscht kein Mangel an Publikationen, welche die Annales behandeln, 3 doch bleiben die Autoren dabei zumeist auf eher sicherem Terrain. In der Regel machen sie bei den frühen 1980er Jahren Halt.

Kreuzzug als Selbstbeschreibung: Burgundische Statuspolitik in den spätmittelalterlichen Traktaten des Jean Germain

Pariser Historische Studien 117, 2020

The reign of the Valois Dukes of Burgundy (1363–1477) might, in retrospect, suggest a link between modern and medieval features of their rule, especially with respect to the crusade projects of Philipp the Good (1419–1467). These ambitions may seem like a late blossoming of medieval culture, in line with the arguments of Johan Huizinga, that does not quite fit the historiographical narrative of the evolving Burgundian state. Instead of picturing Philipp the Good as a fifteenth-century Don Quixote, or as a precursor to the »last knight«, Emperor Maximilian I of the Holy Roman Empire, this book focuses on the political dimensions of his ostentatious crusading ambitions as part of the Burgundian struggle for a higher status among the hierarchy of European powers. This study examines the crusading discourse at the Burgundian court through an analysis of three voluminous treatises written by bishop Jean Germain († 1461), the first chancellor of Philipp’s Order of the Golden Fleece. It combines a discourse analytical perspective with a form of sequential analysis that is taken from qualitative social research and applies it to late medieval texts and miniatures.

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