Ein Tellensohn in Paris. Form, Normalisierung und Gewalt in einem Brief an die Liebe Marta (original) (raw)

Sex als Problem. Körper und Intimbeziehungen in Briefen an die "Liebe Marta"

2010

Die "Liebe Marta" gab zwischen 1980 und 1995 in einer Boulevardzeitung Tipps zu Liebe und Sexualität. Peter- Paul Bänziger analysiert die Briefe der Leserinnen und Leser, die dort Rat suchten. Er beschreibt ihre Hoffnung auf eine von Beziehungs- und sexuellen Problemen unbelastete Zukunft. Der Sex stellt sich hier als Problem dar, das gelöst werden muss und kann. Darin zeigt sich eine "mechanistische" Auffassung von Sexualität - alles ist machbar und lernbar, Sex ist behandelbar und beschreibbar und wird damit zusehends normalisiert.

Von Liebe und Beliebtheit. Sennewalds kritischer Blick auf den Pariser Kunstfrühling

Kunst und Auktionen 7, 2014

Um dieses Potenzial dem internationalen Kunstmarkt zu erschließen, lancieren einige der führenden Pariser Galerien nun endlich das langersehnte und ebenso lange bei den Berlinern neidvoll beäugte Galerienwochenende. „Choices“ wird es heißen und als „Collector’s Weekend“ schon gleich klar machen, wer erwünscht ist bei Vernissagen und Empfängen.

Predigt der Gewalt? Betrachtungen zu Frantz Fanons Klassiker der Dekolonisation

Im Gegensatz zu Teilen Asiens, wo die Unabhängigkeitskämpfe etwa in Indochina und Malaya durch langjährige militärische Auseinandersetzungen gekennzeichnet waren, kam es auf dem afrikanischen Kontinent nur in Algerien zu einem vergleichbar blutigen Dekolonisationskrieg. Das heißt freilich nicht, dass das Ende der europäischen Empires im Rest von Afrika ein friedlicher Prozess gewesen wäre. In der britischen Siedlerkolonie Kenia etwa mussten im Zuge des so genannten Mau-Mau-Aufstandes Tausende von Menschen ihr Leben lassen. Mehr als 1.000 Afrikaner wurden auf der Grundlage von hastig verabschiedeten Antiterrorgesetzen gehenkt, weit mehr als in jedem anderen kolonialen Konflikt einschließlich Algeriens. 1 Doch es war vor allem der Algerienkrieg, welcher sich im Bewusstsein der Zeitgenossen mit spätkolonialer Gewalt und Gegengewalt verknüpfte. 2 Und wie kaum ein zweiter Autor hat der intensiv am algerischen Unabhängigkeitskampf beteiligte Frantz Fanon damalige Debatten über den Prozess der Dekolonisation, über die Berechtigung antikolonialer Gewalt sowie über die Zukunft der "Dritten Welt" geprägt. "Die Dritte Welt", schrieb Fanon in der Schlussfolgerung seines zuerst 1961 publizierten Buches "Die Verdammten dieser Erde", "steht heute als eine kolossale Masse Europa gegenüber; ihr Ziel muss es sein, die Probleme zu lösen, die dieses Europa nicht hat lösen können [...]. Also, meine Kampfgefährten, zahlen wir Europa nicht Tribut, indem wir Staaten, Institutionen und Gesellschaften gründen, die von ihm inspiriert sind. Die Menschheit erwartet etwas anderes von uns als diese fratzenhafte und obszöne Nachahmung. Wenn wir Afrika und Lateinamerika in ein neues Eu

Schrift und Gewalt bei Tarzan. Meuchelmorde - Liebesbriefe - (unmögliche) Utopien

»Ich Tarzan.«, 2008

Tarzan ist zweifellos eine Kultfigur, und vermutlich hat jede und jeder eine vage Idee von Urwald, Affen und dem berühmten Schrei-Ahiaiaia-wenn dieser Name fällt. Aber wer erinnert sich genauer an die Geschichte des kleinen weißen Jungen, der in einer Affenfamilie aufwächst und am Ende des ersten Bandes der deutschen Adaption der Romanserie für Kinder zum Herrn des Dschungels geworden ist? 1 Wer weiß, dass der berühmte erste Satz von Tarzan an seine Geliebte: »Ich Tarzan-Du Jane« im Roman niemals gefallen ist? Trotz oder gerade aufgrund ihrer Popularität ist die ursprüngliche Geschichte kaum (mehr) bekannt. Obwohl wesentliche Motive auch in den zahllosen Film-und Comic-Adaptionen in unterschiedlicher Weise präsent sind, bleibt eines der zentralen Themen des ersten Romans über Tarzans Kindheit und Jugend ausgeblendet. Große Teile von »Tarzan of the Apes« handeln nämlich davon, wie Tarzan sich selbst mit außerordentlichem Fleiß und viel Mühe das Lesen und Schreiben beibringt. Dennoch hat das Buch in ambitionierten Elternkreisen keinen besonders guten Ruf-was seiner Popularität allerdings nie geschadet hat. Anders als »Mowgli«, »Peter Pan« oder »Alice in Wonderland« ist Tarzan nie in den Kanon der ›guten Kinderliteratur‹ eingegangen, er ist und bleibt ein Klassiker der Trivialliteratur, übertrifft all die vorgenannten Werke allerdings nach Auflagenzahlen weit. »Tarzan« der Trivialklassiker kann auch im Dschungel der akademischen Diskurse auf eine beachtliche Karriere zurückblicken. Neben Untersuchungen des Stoffes selbst ist ›Tarzan‹ dabei zu einer vielfältigen, wenn nicht universell einsetzbaren Metapher geworden. In der Alphabetisie

Gemalte Geheimnisse. Die Stigmatisierung Katharinas von Siena und ihre (Rück)Übertragung ins Bild (2010)

2010

Einen der folgenreichsten Einschnitte in der mittelalterlichen Geschichte des Vi sionären markiert d as Phänomen d er Stigmatisierung: Die imaginäre Erfahrung visionärer Schau verbindet sich mit der somatischen Einprägung von Wund ma len und bringt so ein neues Paradigma der Körper-Vision hervor. Hatte bis dahin als Rezeptionsorgan aller Jenseitsschau allein d as innere Auge d es Menschen gegolten, übernimmt d ie entscheidende Rolle nun der Körper, in dessen Glied er d ie fünf Male der Kreuzeswunden Christi eingetragen werden. Mit den Stigmata erwirbt d er Körper d es Visionärs einen bislang unbekannten Bild status. Seine Med ialität bemisst sich an dem Ged anken, d ass d er Stigmatisierte so etwas wie eine direkte Spur des Göttlichen an sich trage, die den Gläubigen dann direkt zu gänglich sei. In d er Verehrung d er Stigmata-Träger-angefangen bei Franziskus bis hin zu Anna Katharina Emmerick und Pad re Pio-ist diese Unmittelbarkeit jed och gar nicht verfügbar. Stets muss sie durch komplexe med iale Konstrukti onen neu evoziert werd en. 1 Ein intensives Nachd enken über d ie notwend ige Vermitteltheit von Körper-Visionen begegnet uns in d en frühen Bildern zu Katharina von Siena. Deutlich erkennbar sind d ie Berichte zur Stigmatisierung Katharinas nach d em Vorbild Franziskus mod elliert. Doch werd en d ie Wund male d er Sienesin im Inneren d es Körpers verortet, wo sie d em Blick eines äußeren Beobachters entzogen sind. Die Transformation Katharinas in ein Ebenbild d es gekreuzigten Christus vollzieht sich in einer Sphäre der Unsichtbarkeit. Mit großer Dringlichkeit stellt sich so die Frage nach dem Verhältnis von Geheimnis und Medialität im Offenbarungsprozess der Körper-Vision. 2 Für Bild er erweist sich d ie Konstruktion von Stigmata am inneren Körper als kaum zu lösend es Parad oxon. Das Geheimnis d er unsichtbaren Wund male steht im Wid erspruch zur trad itionellen Aufgabe von Visionsd arstellungen, innerlich geschaute Bilder in ein sichtbares Medium zu übertragen. Jede Visua-«3

Brief aus Paris, Gewalt im Garten des Königs

Kunst und Auktionen 11, 2015

Also doch Prüderie in Frankreich? Weit gefehlt: In Wirklichkeit juckt der ganze Pop-Porn hier keinen. Vielmehr profitiert eine extremistische Minderheit aus Katholiken, Konservativen und Royalisten jedes Mal vom Medienrummel.

Brief aus Paris. Frühlings-Metamorphosen

Kunst und Auktionen 7, 2015

Überall, besonders an den grünen Hügeln, die mühsam gegen das Betongrau der Stadtautobahn „Périphérique“ ankämpfen, blühen Narzissen. Gepflückt von Wanderarbeitern, die illegal diese Hügel in Blechhütten bewohnen, werden sie an Metro-Eingängen und auf Wochenmärkten feilgeboten.