Ausklang Das Problem der Gattungsbestimmung in transkultureller Perspektive (original) (raw)
Related papers
Gattungsmischung als kulturelle Grenzüberschreitung
Jahrbuch für internationale Germanistik – Beihefte (Bd. 11): Wege der Germanistik in transkultureller Perspektive. Akten des XIV. Kongresses der Internationalen Vereinigung für Germanistik,, 2022
Wie die komparatistisch ausgerichtete interkulturelle Ästhetik im Anschluss an die Ethnologie der Kunst gezeigt hat, können sich der Begriff von Kunst sowie ästhetische Kategorien unterschiedlicher Kulturen deutlich voneinander unterscheiden. Das bezieht sich naturgemäß auch auf den Gattungsbegriff und die gesellschaftliche Funktion der Gattungen. Lyrik, Drama und Epos können insofern nicht im Goethe'schen Sinne als "echte Naturformen der Poesie" oder mit Emil Staiger als "anthropologische Konstanten" bestimmt werden, sondern sind kulturell präfigurierte Kategorienbildungen, die sich als typisierte Schreibweisen in der europäischen Kunstpraxis herausgebildet haben. Gattungsmischungen unterlaufen diese kulturell präfigurierten Normierungen und Grenzziehungen. Als hybride Gebilde entziehen sie sich der eindeutigen Zuordnung und verstoßen damit implizit gegen eurozentrische Kategorisierungsmodelle. Das hierin sich zeigende interkulturelle Potential der Gattungsmischungen nimmt der vorliegende Beitrag exemplarisch am Beispiel von Texten der literarischen Avantgarde (Carl Einstein, Franz Jung) in den Blick.
Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte, 2020
Der germanistische Ansatz einer Funktionsgeschichte literarisch-sozialer Institutionen ist im Zuge der transnationalen Wende der Literaturwissenschaften zu revidieren. Das Problem wird am Beispiel der Gattung »Bildungsroman« aufgezeigt, deren Entstehung vielfach als eine nationale Sonderentwicklung angesehen wird. Dagegen mehren sich neuerdings Hinweise auf die starke transna-tionale Verbreitung einer offenbar doch reisenden Form. Wie ließe der Prozess einer national und kulturell grenzüberschreitenden Bewegung sich funktionsgeschichtlich beschreiben? A functional-historical approach that considers literary genres as social institutions has been developed and fruitfully applied in German Studies. The current transnational turn in Literary Studies requires this approach to be revised. The Bildungsroman genre is a distinguished example, as it is widely held to be a national particularity. Recently, though the genre's transnational spread has been pointed out. Obviously, we are dealing with a traveling form. How can we describe its movement across national and cultural boundaries, using a revised functional-historical approach?
2020
Cultures of Genre aims at a comprehensive, systematic and historical re-evaluation of the category of literary genre in German literature 1750-1950. It investigates aspects of the historical relationship between orders of knowledge, orders of literary genre and social orderings. Based on an understanding of genre as a performative act of cultural classification, the book analyzes the cultural poetics of writers and theorists including Johann Gottfried Herder, Johann Wolfgang v. Goethe, Jacob Grimm, Karoline v. Günderrode, Bettine v. Arnim, Adalbert Stifter, Georg Lukács, Walter Benjamin, Hugo v. Hofmannsthal and Bertolt Brecht.Kulturen der Gattung versucht eine umfassende systematische und historische Neubewertung der Gattungskategorie in der deutschsprachigen Literatur, 1750-1950. Gezeigt werden Aspekte einer Geschichte der Beziehungen von Literatur-, Wissens- und Naturordnung. Basierend auf einem Verständnis von Gattungen als performativen Klassifikationsakten untersucht die Studi...
Gattungswesen Zur Sozialität der menschlichen Lebensform
Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 2022
In which sense can human beings be conceived as social animals? To elucidate this question, the present paper (I) distinguishes the logical sociality of all living beings from the material sociality of social animals and the political sociality of self-conscious social animals. (II) The self-conscious political sociality that characterises the human genus-being requires a complex interplay of first and second person through which alone we can participate in our form of life and determine its content. (III) The human form of life thus constituted is characterised by a particularly open, and at the same time precarious, membership which involves specific forms of vulnerability and power. (IV) Against this background, forms of objective spirit are necessary which grant us a generalized recognition and relieve us from the contingency of each particular second-personal recognition, without abandoning the openness of the sociality of the human form of life. This double requirement has led to paradoxical institutions in modern society which strive to protect and ensure the sociality of the human form of life precisely by naturalising and individualising our access to it.
Das 18. Jahrhundert. Lexikon zur Antikerezeption in Aufklärung und Klassizismus. Hg. von Joachim Jacob und Johannes Süßmann. (Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, Supplemente 13). Stuttgart und Weimar, Sp. 495-413, 2018
2018
Ein Überblick zu den einzelnen Veranstaltungen findet sich auf der Website des Instituts für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie der mdw-Universität für Musik und darstellende Kunst Wien : https://www.mdw.ac.at/ive/rueckschau-transkulturalitaet (04.05.2018). Leider ist es nicht gelungen, alle Beiträge in diesem Band zu versammeln und somit die gesamte Bandbreite an Themen und wissenschaftlichen Perspektiven wiederzugeben. logie« dazu beitragen, ein besseres Verständnis der Zusammenhänge zu entwickeln. Adelaida Reyes, eine der PionierInnen der urbanen Ethnomusikologie, bietet einen sehr nützlichen theoretischen Hintergrund mit ihrer Unterscheidung zwischen Music in the City und Music of the City. Während im ersten Ansatz der Stadt eine passive Rolle zukommt, betrachtet der zweite die Stadt mit ihrer Infrastruktur, ihren sozialen und politischen Gegebenheiten als Bestandteil der Forschung (vgl. Reyes 2007). Minderheiten bilden (gemeinsam mit der Mehrheitsbevölkerung) ein kulturelles Mosaik innerhalb der Stadt. Sie bleiben dabei jedoch oftmals aufgrund von ungleichen Machtverhältnissen in einem Ghetto isoliert. Der oben beschriebene Transkulturalitätsprozess verleiht diesen sogenannten »Parallelgesellschaften« in der Stadt ein neues gemeinsames Profil, das Reyes als »Music of the City« beschreibt. Ein solcher transkultureller Prozess ist durch die Machtstrukturen vorbelastet. Um sich davon lösen zu können, dürfen nicht Kulturen, sondern müssen Menschen einander begegnen, die gemeinsam (kennen)lernen, eventuell vorhandene Kulturbarrieren oder Hierarchien zu überwinden. Max Peter Baumann vertritt diese Idee explizit, wenn er in seinem Artikel schreibt : »Kulturen begegnen sich nicht. Es sind Menschen, die sich in einem intra-, interoder transkulturellen Umfeld begegnen« (Baumann in diesem Buch). Baumann definiert in seinem Artikel den Begriff Transkulturalität als einen Prozess externer Vernetzungen, die einen »Hybridcharakter« aufweisen, indem sie die »Auflösung der Eigen-Fremd-Differenz« von ethnischen, religiösen und nationalen Identitäten entkoppeln. Kunstschaffende sind hier nicht mehr von einem Kulturraum eingenommen, sondern durch dauernden Austausch, immer neue Begegnungen und Entgrenzungen gefordert, ihre Perspektiven zu ändern. Ein permanentes Ausverhandeln von »Ich« mit »Wir« und von »Lokalem« mit »Globalem« findet in der intensiven künstlerischen Auseinandersetzung statt, die sich in einer »transkulturellen Welt« bewegt. Die kritischen Anmerkungen von Welsch über Begriffe wie »Akkulturation«, »Interkulturalität«, »Multikulturalität« und auch den Herderschen Begriff der Kultur als »Kugelmodell« betrachtet Baumann als nicht abgegriffen, wenn er schreibt : »[S]o wie man mit dem Begriff ›Interkulturation‹ den überlappenden Ort ›zwischen den Kulturen‹ meint, verweist auch ›Transkultur‹ immer noch auf etwas, das über ›irgendeine‹ Kultur oder über ›mehrere‹ kulturelle Bezüge hinausweist.« (Baumann in diesem Buch). Er betont dabei, dass die Begriffe immer in ihren historischen Kontexten analysiert werden müssen. Neue musikalische Ausdrucksformen (Ethno-Classic, Salsa-Latin, volksmusikalisches Crossover, Volkspunk oder generell »World Music« u. a.) stellen für Baumann transkulturelle Prozesse dar, die offene, elastische und wandelbare Reaktionen auf weitere Veränderungen und Vermischungen sind. Einleitung | 23 Der Begriff Transkulturalität ist in der Musikpädagogik ein junger Begriff und erst etwa in den letzten 10 bis 15 Jahren in Verwendung. Zwar ist das Interesse der Musikpädagogik an kulturübergreifenden Perspektiven auf musikalische Kognition, auf Lernvorgänge von Musik, auf das Verhältnis von Körper, Emotion und Geist, von Musik und Tanz und auf die musikalische Lebenswelt von Kindern schon viel älter (vgl. Campbell 2003), eine merkbare Durchsetzung in der musikunterrichtlichen Praxis ist aber in der Geschichte der letzten 120 Jahre deutlichen Schwankungen unterworfen. Zentrale Impulse für kulturübergreifendes Arbeiten im Musikunterricht rühren vor allem aus Kooperationen der Musikpädagogik mit der Ethnomusikologie. Einige dieser Impulse seien im Folgenden beispielhaft dargestellt.15 Von Bartoks Volksmusiksammlungen am Beginn des 20. Jahrhunderts, die im Musikunterricht genutzt werden, über Orffs Instrumentarium, das von Instrumenten afrikanischer und asiatischer Musikkulturen inspiriert ist (vgl. Merkt 1988), fassen entsprechende Überlegungen in der musikpädagogischen Theorie und Praxis erstmals am Beginn des 20. Jahrhunderts Fuß. Während und auch einige Jahre nach dem Nationalsozialismus bricht dieses Streben nach musikalisch vielfältigen Begegnungen mit Musiken jedoch im deutschsprachigen Musikunterricht wieder vollkommen ein und Musikunterricht verstand sich hierzulande essentialistisch, als auf den »eigenen Kulturkreis« bezogen. Die Musikpädagogik folgte damit im Übrigen auch den jeweils gängigen Denkstrukturen in der Musikwissenschaft. Der Buchbeitrag der historischen Musikwissenschaftlerin Melanie Unseld eröffnet uns einen Einblick in den Umgang der Musikgeschichtsschreibung mit dem als »eigen« und als »fremd« Erlebten. Dieser Umgang lässt sich als aus dem 19. Jahrhundert bis heute tradiert erklären. Unseld postuliert zunächst, dass musikalisch Eigenes und Fremdes zwar sowohl von Musikschaffenden als auch von Musikkonsumierenden immer individuell verortet wird. Durch normative Setzungen in der Musikgeschichtsschreibung allerdings-und Unseld zeigt dies sehr anschaulich an der Positionierung von Komponisten des 19. Jahrhunderts in Grafiken und Tabellen-werden Musiken und Musikschaffende an ganz bestimmte Stellen im Zentrum oder an die Peripherie eines kanonischen Gesamtbildes verwiesen. Den Musikstücken und Musikschaffenden wird mit der Position-ob im Zentrum oder eher in der Peripherie-eine bestimmte Bedeutung, ein Wert zugeschrieben. Unseld weist anhand von Beispielen darüber hinaus eine klare Dichotomisierung und Deutschzentrierung der Musikgeschichtsschreibung nach, die
Transactions of the Ninth International Congress on the Enlightenment/Actes du Neuvième congrès international des Lumières, Voltaire Foundation, Oxford 1996, 1996
Das Zeitkriterium in der Gattungstheorie
Scientia Poetica, 2021
In genre theory, epic, dramatic and lyric poetry are often defined in terms of the past, present or future. This association of genres and time tenses is, howewer, far from being self-evident: The idea is widely unknown before 1800. Following recent studies on time and genre, my article traces this ›time criterion‹ back from Emil Staiger to its origins in the mid-18th century and into the German and French Enlightenment's discourses on Poetry.