JE "Les rapports de pouvoir en littérature. Manifestations et mises en scène des formes de stigmatisation, de domination et de résistance dans l'espace littéraire" (original) (raw)
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In Frankreich wird die Literatur als repräsentativer Ausdruck der Nation verstanden; die Literatur wurde im Zeitalter der Klassik zum dominanten Bereich der kulturellen Produktion; auch die Sozialkritik artikulierte sich im 18. Jahrhundert über literarische Formen. Die Literatur erreichte nach 1789 eine neue Schubkraft und der Erfolg beim Kampf für den unschuldig verurteilten jüdischen Offizier Alfred Dreyfus beruht auf der Allianz von Schriftstellern und Hochschullehrern. In Frankreich zeichnen sich grosse Wissenschaftler nicht nur durch ihre Inhalte aus, sondern auch durch die literarische Qualität ihrer Schriften; aber auch Staatsmänner suchen über die literarische Qulität eine zusätzliche Legitimition zu erwerben. Der Literatur kommt überdies ein grosser Stellenwert in der Alltagskultur zu. Es handelt sich hier zweifellos um einen Sonderfall.
Das französische literarische Feld: Struktur, Dynamik und Formen der Politisierung
Berliner Journal für Soziologie, 2004
Der vorliegende Artikel stellt-ausgehend von der Feldtheorie Pierre Bourdieus und von empirischen Studien zu französischen Schriftstellern-die Prinzipien der Strukturierung des französischen literarischen Feldes vorn Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Beginn der 1970er Jahre vor. Das französische literarische Feld strukturiert sich um zwei grundsätzliche Gegensätze: "Herrschende" versus "Beherrschte" und "Autonomie" versus "Heteronomie". Die kreuzweise Anordnung dieser beiden Gegensatzpaare ermöglicht die Differenzierung von vier Idealtypen von Schriftstellern-die "Notabeln", die "Ästheten", die "Avantgarden" und die "populären Schriftsteller"-, die sich sowohl durch ihre Literaturkonzepte voneinander unterscheiden als auch durch die Soziabilitätsräume, in denen sie zusammenkommen, und durch die Art ihres politischen Engagements. Diese keineswegs starre Struktur prägt die Formen der Auseinandersetzung, die zwischen den verschiedenen Fraktionen über den Erhalt oder die Veränderung der konstitutiven Kräfteverhältnisse im Feld stattfinden. Sie werden im zweiten Teil des A rtikels näher dargestellt.
2021
Die vorliegende Arbeit liefert einen Beitrag zur Erforschung der institutionalisierten Zensur von literarischen Texten im Franquismus anhand der Untersuchung von Werken Ana María Matutes. Als repressives Instrument diente die Zensur der Kontrolle, dem Schutz vor ‚kritischen' Inhalten sowie der Propagierung, Durchsetzung und Konsolidierung des franquistischen Dogmas. Zensiert wurden ‚bedrohliche' Werke aufgrund ihres kommunikativen Gehalts, aber auch wegen der sie charakterisierenden materiellen Fixierung, konnte die ‚gefürchtete' Aussage ihre Wirkung doch an vielen Orten noch lange nach dem Moment ihrer Entstehung entfalten. Die originale unzensierte Textfassung vieler Werke ist deswegen für den Leser bis heute oft unzugänglich. Das gilt auch für das OEuvre Matutes, einer der bedeutendsten spanischen Autorinnen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Anhand der erhaltenen Zensurakten zu vier Romanen-Los Abel, Luciérnagas/En esta tierra, Los hijos muertos und La trampa-wird zunächst deren unterschiedliches ‚Schicksal' zwischen staatlicher Zensur und forcierter Selbstzensur rekonstruiert. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse dienen als Ausgangsbasis für die literaturwissenschaftliche Analyse der individuellen Auswirkungen dieser Eingriffe auf inhaltlicher, struktureller, figürlicher und formal-stilistischer Ebene sowie zur Feststellung des Grads an ‚Co-Autorenschaft' der Zensoren, die die Texte im Hinblick auf ihre Konformität mit den etablierten moralischen, politischen und religiösen Normen rezipierten. Darüber hinaus werden Funktionsweise, Irrtümer und Grenzen der literarischen Kontrollinstanz anhand von vier weiteren Werken dargestellt, zu denen Fiesta al Noroeste, Pequeño teatro, Los niños tontos und Los soldados lloran de noche zählen. Auf diese Art und Weise kann ein umfassender Einblick in die Arbeitsund Funktionsweise der franquistischen Zensurbehörde innerhalb des machtstrukturellen Kontextes des Franco-Regimes gegeben werden.
Macht und Widerstand in Diderots Jacques le fataliste et son maître
Axel Rüth, Gideon Stiening (Hg.): Literatur und Recht im Europa des 18. Jahrhunderts. Winter-Verlag, Heidelberg 2018 [Forum für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft], 2018
Diese Reflexion zum Thema Macht und Widerstand im Roman Jacques le fataliste et son maître von Denis Diderot ist in Auseinandersetzung mit den Organisatoren und den Teilnehmern der Tagung " Literatur und Recht im Europa des 18. Jahrhunderts " (in Köln, im Juli 2016) entstanden. Die nun vorliegende schriftliche Ausarbeitung und Vervollständigung meines dort gehaltenen Vortrages besteht aus vier unterschiedlich langen und unterschiedlich wichtigen Sektionen. Anbei eine kurze Darstellung dieser vier Teile meiner Erforschung: In Sektion I werde ich einige einführende Bemerkungen zum Roman machen. Zu diesem Zweck werden vor allem einige Übereinstimmungen und allgemeine Analogien zwischen Diderots Jacques le fataliste und Laurence Sternes The Life and Opinions of Tristram Shandy hervorgehoben. In Sektion II wird die Hauptfrage dieser Untersuchung gestellt: Setzt sich Diderot überhaupt in dem Roman mit der Frage der Macht/Autorität und eines möglichen Widerstandes zur Macht/Autorität auseinander? Die Frage lässt sich m. E. sehr unterschiedlich beantworten. Negativ, wenn man das Thema aus einer strikt politischen, rechtlichen oder sozialen Perspektive betrachtet. Positiv aber, wenn dasselbe in enge Verbindung mit der fundamentalen Reflexion gebracht wird, die hier offensichtlich die Literatur selbst (und darüber hinaus die Kunst im Allgemeinen und die Philosophie) über sich selbst und somit auch über ihre Bedeutung in sozialem und politischem Kontext durchführt. In Sektion III werden Texte und Thesen, die Thomas Klinkert in zwei Aufsätzen aus den Jahren 2007 und 2015 ausgeführt hat, diskutiert. In Sektion IV werde ich mich von den Thesen Klinkerts in zwei Punkten abgrenzen: erstens bezüglich seiner Interpretation der Form bzw. Formen der Erzählung und zweitens bezüglich der Einschätzung der Wichtigkeit zu diesen Fragen des philosophischen Themas des Fatalismus versus Indeterminismus.
In seiner berühmten Studie mit dem Titel Hegel und die französische Revolution aus dem Jahr 1956 hat Joachim Ritter mit Nachdruck die These vertreten, daß es keine "zweite Philosophie" gebe, die "so sehr und bis in ihre innersten Antriebe hinein Philosophie der Revolution" sei wie die Philosophie Hegels. 1 Mit dieser, zumindest für einen sich selbst als konservativ einschätzenden Denker, zunächst überraschenden Feststellung wendet sich Ritters Studie vehement gegen alle Versuche, in Hegels Schriften zur politischen Philosophie einen Bruch zu diagnostizieren, der sich vor allem anhand von Hegels Einstellung zur Französischen Revolution manifestiere. Das Hegel-Bild, gegen das Ritter hier anschreibt, besteht in der Annahme, Hegels anfänglich starke Begeisterung für die Französische Revolution sei einer zunehmenden Skepsis diesem "ungeheuren Schauspiel" 2 gegenüber gewichen, die sich schließlich in seinem Spätwerk, und das heißt vor allem in den Grundlinien der Philosophie des Rechts von 1821, in einem der preußischen Restauration verpflichteten Etatismus äußere. Mit diesem Hegel-Bild wird somit nahegelegt, daß es möglich ist, zwischen einem "liberalen" Hegel, der rückhaltlos progressiv ist und auf der Seite eines unaufhaltsamen Fortschritts steht, und einem "konservativen" Hegel zu unterscheiden, der sich zuletzt unter dem Druck der Verhältnisse oder aber aus tieferer Einsicht auf die Seite der Reaktion geschlagen hat. Während jedoch die so genannten Junghegelianer, die an diesem Hegel-Bild gearbeitet haben, den Grund für die Möglichkeit dieser Unterscheidung in den theoretischen Prämissen der Hegelschen Philosophie schon angelegt sehen und dementsprechend deren innovativen Gehalt von seinem metaphysischen Ballast zu trennen suchen, 3 verstehen die konservativen Interpreten den Bruch 1 Joachim Ritter, "Hegel und die französische Revolution", in: ders., Metaphysik und Politik. Studien zu Aristoteles und Hegel, erweiterte Neuausgabe, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2003, S. 183-233, hier S. 192. 2 Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts oder Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse, in: ders., Werke. Auf der Grundlage der Werke von 1832-1845 neu edierte Ausgabe, herausgegeben von Eva Moldenhauer und Karl Markus Michel, Bd. 7, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1986, S. 400. 3 Vgl. dazu Karl Löwith, Von Hegel zu Nietzsche. Der revolutionäre Bruch im Denken des neunzehnten Jahrhunderts, Hamburg: Felix Meiner 1986, S. 65-152. Dieser Interpretationslinie folgt auch noch Axel Honneth, wenn er einen "früheren" von einem "späteren" Hegel durch einen "tiefen Einschnitt" getrennt sieht. Vgl. Axel Honneth, Kampf um Anerkennung. Zur moralischen Grammatik sozialer Konflikte, Mit einem neuen Nachwort, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2003, S. 98 ff.