Wann ist der Mensch ein Mensch? Anthropologie und Kulturentstehung in spätantiken Autoren (original) (raw)
Aspekte spätantiker Anthropologie
wird in dieser Abhandlung nicht eigens behandelt. Generell kann man sagen, dass christliche Autoren in dieser Hinsicht zumeist eine Chance versäumt haben; siehe den Beitrag von Clark oben S. 159-180. 4 Im Jahr 2004 wurde in den Kinos ein Film mit dem Titel "Genesis" gespielt, dessen Untertitel lautete "Woher kommen wir?". Basilius reflektiert in seiner Predigt zum Sechstagewerk darüber, indem er die Bedeutung von arche in Gen 1, 1 nicht als ,Zeitteil', sondern als .Prinzip der Ordnung und des Zwecks' festlegt und damit vom Simultanakt der Schöpfung ausgeht (alles war vom ersten Augenblick der Schöpfung an vorhanden), was theologische Ursachen hat; cf. Bas. hex. 1, 6. Für einen Überblick über pagane Kulturtheorien cf. Müller. 5 Der im Folgenden als im Wesentlichen agrarisch-vegetarisch eingegrenzt wird, da die Pflanzen als Nahrung für Mensch und Tier definiert werden (Gen 1, 29-30). 6 Cf. Thraede 1192-1194 und passim für einen allgemeinen Überblick über die Entwicklung dieses Konzeptes von der Antike zur Spätantike.
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Facetten des Menschen : zur Anthropologie Moses Mendelssohns
2010
This study portrays Moses Mendelssohn’s oeuvre as a unique approach to the just emerging science of rational anthropology. The overarching concern of his ‘Science of Humankind’ is the explanation and justification of ‘the vocation of the human’: to make oneself and others more perfect. I argue that Mendelssohn’s version of it is one of the most elaborate attempts to reformulate humankind’s characteristic features as a cultural achievement. It therefore serves as an alternative to more naturalistically oriented theories as held by Ernst Platner or the “Philosophical Doctors” at Halle. At the same time, Mendelssohn seeks hereby to avoid the pitfalls of a more historical, or ethnological conception such as Herder’s. Mendelssohn’s attempt to explain the human striving for perfection and the effects of this fundamental need were challenged throughout his life. He developed and modified his theory by engaging in philosophical debates with his contemporaries, be it in direct exchange, via letters and reviews, or by written reactions of book-length. This study reconstructs his battles to carve out the encompassing idea which unites his work. Thus, Mendelssohn is shown as a part of different intellectual constellations of the Enlightenment era, which continues to inspire modern philosophical thought. Mit der vorliegenden Studie wird das Oeuvre Moses Mendelssohns (1729-1786), eines der berühmtesten Vertreter der Aufklärungsphilosophie, im Lichte der Debatte über die „Bestimmung des Menschen“ interpretiert. In Auseinandersetzung mit seinen Zeitgenossen, u.a. Lessing, Abbt, Kant, Herder und immer mit Rückgriff auf Wolff, Baumgarten und insbesondere Leibniz entwickelt Mendelssohn eine umfassende Version frühaufklärerischer Anthropologie, mit der er die Bereiche des menschlichen Vergnügens, Wollens und Erkennens, sowie die Leiblichkeit des Menschen und die Unsterblichkeit der Seele in einer einheitlichen Theorie zusammenfasst. Mendelssohn leistet dies durch die Bestimmung des Menschen als eines kultürlichen Wesens, indem er insbesondere dessen auf intersubjektiven Austausch und Traditionen beruhende Weise der Vervollkommnung reflektiert. Schon von vornherein ist sein Ansatz tiefgreifenden Zweifeln ausgesetzt, da sich das Phänomen menschlicher Offenheit nur bedingt mit dem es im Sinne der Theodizee zu überlagern drohenden metaphysischen Prinzips der besten aller möglichen Welten verträgt. Mendelssohns Verteidigung seiner Version einer „rationalen Anthropologie“ wird anhand der wechselnden intellektuellen Konstellationen nachvollzogen, in denen er seine Konzeption menschlicher Bestimmung und Bestimmtheit ausarbeitete und die der regen Anthropologiedebatte des 18. Jahrhunderts wichtige Facetten hinzufügen.
Der Mensch als Kulturwesen. Perspektiven der Philosophischen Anthropologie
Kultursoziologie, 2010
Kultursoziologie meint zweierlei: zum einen ist sie, beispielsweise als Kunst-, Musik-, Religions-oder Bildungssoziologie, eine Spezielle Soziologie von Kulturbereichen. Zum anderen jedoch ist dies der Name für eine grundlegende Perspektive, die Kultur als wichtigstes Merkmal des Menschen und somit aller seiner Handlungen und Beziehungen auffasst. "Kultur" ist also kein Sondergebiet innerhalb der menschlichen Vergesellschaftung und umfassender aufzufassen als Jacob Burckhardt (1982: 254) es mit seiner Unterscheidung von den drei "Potenzen" vorschlug: neben dem Staat und der Religion gab es für ihn als dritte Lebensmacht "Cultur". Diese sollte alles umfassen, "was zur Förderung des materiellen Lebens und als Ausdruck des geistigen und gemüthlich-sittlichen Lebens spontan zu Stande [!] gekommen ist, alle Geselligkeit, alle Techniken, Künste, Dichtungen und Wissenschaften", welche auch "keine Zwangsgeltung in Anspruch" nehme. Wenn Kultur als die der Natur abgerungene, umgearbeitete "Welt" des Menschen erscheint, sind anthropologisch und kulturtheoretisch alle Formen der Vergemeinschaftung und Vergesellschaftung, des Öffentlichen und Intimen, des Ästhetischen und des Technischen grundsätzlich als Kulturtatsachen zu verstehen, ist "das Soziale" durch und durch kulturell codiert. Für einen derartigen kultursoziologischen Ansatz ist grundlegend, dass eine symbolische Vermittlung für alle Handlungen, Gefühle, Denk-und Wissensformen ebenso zutrifft wie für alle komplexen und hochaggregierten Objektivationen des menschlichen Lebens (vgl. Rehberg 1986; 2007a; 2008). Das nun wird grundlegend vor allem in der Philosophischen Anthropologie thematisiert. Die deutsche Kultursoziologie war seit ihrer Entwicklung aus dem Historismus oftmals dualistisch: Kultur und Gesellschaft wurden als Gegensätze be-Für die Unterstützung bei der Bearbeitung des vorliegenden Textes danke ich Matthes Blank und Tim Deubel sowie Monika Wohlrab-Sahr für ihre Einladung, diese Gedanken in ihrer Leipziger Ringvorlesung vorzutragen, der sich eine ungewöhnlich intensive und aufschlussreiche Diskussion mit den Studierenden anschloss.
Wolff hat sich die Frage gestellt, "wie die Aufgabe einer verläßlichen Lehre vom Menschen wissenschaftlich überhaupt lösbar ist" 1 . Denn hier "… steht der Forscher vor jenem äußersten Grenzfall, bei dem das Problem der Nichtobjektivierbarkeit schlechterdings nicht zu bewältigen ist. So wenig ein Mensch sich selbst gegenübertreten kann, so wenig ein Heranwachsender aus sich selber weiß, wessen Kind er ist, so gewiß bedarf der Mensch grundsätzlich der Begegnung mit einem anderen, der ihn erforscht und erklärt. Doch wo ist der andere, den das Wesen Mensch fragen könnte: Wer bin ich?" 2
Die Philosophische Anthropologie Helmuth Plessners weckt seit mehr als zwanzig Jahren wieder großes Forschungsinteresse. Das zeigt sich an einer stattlichen Anzahl von Arbeiten, die seine Position systematisch und argumentativ rekonstruieren, sie in Beziehung zum philosophischen und wissenschaftlichen Kontext ihrer Zeit setzen und für den Diskurs der Gegenwartsphilosophie fruchtbar machen. In Hinblick auf die Position Nicolai Hartmanns ergab sich bis vor kurzer Zeit ein ganz anderes Bild. Sie befand sich, obwohl Hartmann zu Lebzeiten als der im Vergleich zu Plessner bedeutendere Philosoph galt, noch immer in der Vergessenheit, in die sie etwa ein Jahrzehnt nach seinem Tod im Jahre 1950 versunken war. Mittlerweile gibt es allerdings eine Reihe von Anzeichen für eine Wiederentdeckung Hartmanns: Im Anschluss an Hartmann-Konferenzen sind zwei Sammelbände zum gesamten Spektrum seiner Philosophie publiziert worden (2011 und 2012) 1 ; das Deutsche Literaturarchiv Marbach hat den Hartmann-Nachlass angekauft (2013) und damit neue Forschungsmöglichkeiten eröffnet; es ist ein Hartmann-Studienbuch mit den wichtigsten seiner Aufsätze zur Ontologie und Anthropologie erschienen (2014) 2 ; nach einer Pause von sechs Jahrzehnten werden wieder Monographien und Aufsätze Hartmanns ins Englische übersetzt 3 ; entsprechend liegt inzwischen auch die Veröffentlichung einer neuen englischen Einführung in Hartmanns Gesamtwerk vor (2014) 4 . Die Frage nach dem Verhältnis zwischen Plessner und Hartmann liegt also bereits durch die Koinzidenz der Reaktualisierung ihrer Ansätze in der Luft. Sie liegt auch deshalb nahe,
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