Schule und soziale Ungleichheit (original) (raw)
Die Bedeutung der Schule als Bildungsinstitution nahm mit der Einführung der Schulpflicht im 18. und 19. Jahrhundert in vielen Regionen Europas zu. Seitdem hat sich die Schule als wichtiges gesellschaftliches Subsystem etabliert und neben den eingangs erwähnten anfänglichen Aufgaben übernimmt Schule bedeutsame Funktionen für den Fortbestand der Gesellschaft. Schule hat sich nicht nur zu einer Bildungsanstalt, sondern auch zu einem Berechtigungswesen entwickelt, das Bildungschancen zuweist, die zentrale Voraussetzungen für den späteren Berufserwerb, Status, Einkommen sind. Letztere Aspekte sind wiederum mit weiteren Lebenschancen eng verknüpft, zum Beispiel politischer Partizipation, Gesundheit und Lebenserwartung. Im Folgenden wird der Beitrag nach begrifflich-theoretischen Bestimmungen von sozialer Ungleichheit und Bildungsungleichheit auf historische Meilensteine der Schulforschung eingehen. Anschließend werden zentrale Themen und Befunde der aktuellen Schulforschung zur sozialen Ungleichheit – von Merkmalen von Schüler*innen auf der individuellen Ebene über Lehrpersonen und Elternhaus hin zu Schulkulturen, Schüler*innenkomposition und Bildungssystem auf höheren Analyseebenen – in sechs Abschnitten näher ausgeführt. Zum Schluss geben wir einen Ausblick auf Trends und Desiderate.
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Soziale Ungleichheit in der Schulklasse und Schulerfolg
Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 2004
In dieser Arbeit verfolgen wir die Frage, ob sich auf den Schulerfolg nicht nur die sozioökonomische Lage der Herkunftsfamilie (SES) und der Erziehungsstil der Eltern auswirken, sondern auch die in jeder Schulklasse entstehende Ungleichheit der Kinder nach ihrem sozialen Rang. Zur Beantwortung stehen Daten aus einer Querschnittsuntersuchung an zwei Berliner Schulen zur Verfügung, an der 234 Mädchen und Jungen aus zehn Schulklassen der dritten und fünften Jahrgangsstufe untersucht wurden. Zunächst zeigte sich, dass der Schulerfolg-hier gemessen an der Durchschnittsnote aus Mathematik, Deutsch und Sachkunde sowie am Urteil des Klassenlehrers über die Lernbefähigung-wie in der PISA-Studie von SES und Erziehungsstil der Eltern beeinflusst wird. Zusätzlich hängen aber der soziometrisch gemessene Einfluss-und Beliebtheitsrang der Kinder und ihr Verhalten gegenüber anderen Kindern mit dem Schulerfolg zusammen, wobei dieser Zusammenhang mit dem Lehrerurteil über die Lernbefähigung noch ausgeprägter ist als mit der Durchschnittsnote. Diese Zusammenhänge bleiben erhalten, wenn für SES und Erziehungsstil kontrolliert wird. Dabei dürfte es sich um Wechselwirkungen handeln. Für künftige Längsschnittforschung richtungsweisend ist aber die generalisierende Interpretation und Feststellung: Die auf der Grundlage von Interaktionen und Kommunikationen unter Kindern entstehende Ungleichheit des sozialen Ranges der Kinder in der Schulklasse wirkt sich ebenso auf den Schulerfolg aus wie die soziale Un-Summary Social Inequality in Schools and School Success-An investigation in years 3 and 5 in Berlin primary schools This paper deals with the question of whether success in schools is not solely attributable to the socioeconomic background of pupils' families (SES) and the style of children's upbringing, but also to the inequality of pupils in respect of their social rank in the classroom. This question will be investigated on the basis of data from two Berlin schools which includes 234 pupils from ten classes in the third and fifth years. The analysis shows how school success as measured by average marks in maths, German and general studies and
Bildung und Soziale Ungleichheit
Schule in der Wissensgesellschaft, 2005
Besonders infolge der PisA-studien rückt das Thema der Bildungsungleichheiten nicht nur auf bildungspolitischer ebene, sondern auch innerhalb der Debatten in den entsprechenden fachwissenschaftlichen Bezugsdisziplinen wieder in den Mittelpunkt der Diskussion. nach einer Phase der "Vergessenheit" kann seit etwa Mitte der 1990er-Jahre von einer "Wiederentdeckung der Ungleichheit" innerhalb der Bildungsforschung gesprochen werden. Verstärkt wird diese Debatte durch die PisA-studien, die bezüglich des Bildungssystems in Deutschland einen sehr engen zusammenhang zwischen sozialschichtzugehörigkeit und Basiskompetenzen konstatieren.
Soziale Ungleichheit und Erwachsenenbildung
2013
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Frieden, 1988
Historische Voraussetzungen. Soziale Ungleichheit (sozU) ist zugleich sozialwissenschaftlicher Schlüsselbegriff und gesellschaftliches Schlüsselproblem. Wer sich -in wissenschaftlicher Absicht -mit sozU beschäftigt gerät deshalb unweigerlich in ein Spannungsfeld gesellschaftlicher Konflikte und kontroverser Interessen. Eine "neutrale" Begriffsbestimmung, die von allen Zeit-und Standortgebundenheit abzusehen versucht versucht, ist prinzipiell nicht möglich. Dennoch trägt der Begriff der sozU aber einen Bedeutungskern in sich, der nicht be-liebig austauschbar ist.
Bildungsungleichheit — der Beitrag von Familie und Schule
Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 2005
Die Bildungsungleichheit im deutschen Schulsystem ist noch immer stark ausgeprägt. Eine besondere Rolle spielt hierbei der Übergang von der Grundschule auf die weiterführenden Schulformen. Berichtet wird über Ergebnisse der ersten Erhebung in Klassenstufe drei im Rahmen einer längsschnittlichen Untersuchung an bayerischen Grundschulen. Die Ergebnisse zeigen eine erhebliche Differenz zwischen den elterlichen Bildungsaspirationen und den Empfehlungen der Lehrkräfte zum weiterführenden Schulbesuch. Die Empfehlungen der Lehrkräfte bleiben oftmals hinter den Erwartungen der Eltern zurück. Die Bildungsaspirationen der Eltern, die Schulleistungen der Kinder und die Empfehlungen der Lehrkräfte variieren mit der sozialen Herkunft der Familien. Hierbei sind die Bildungsaspirationen der Eltern sozial selektiver als die Empfehlungen der Lehrkräfte. Die Empfehlungen der Lehrkräfte orientieren sich deutlich stärker als die Aspirationen der Eltern an den Leistungen der Kinder, während für letztere die Merkmale der sozialen Herkunft wesentlich bedeutsamer sind.
Soziale Ungleichheit und ständische Gesellschaft
2011
Zu den wohl augenfälligsten Merkmalen der ständischen Gesellschaft gehörte ihr spezifischer Umfang mit dem Phänomen sozialer Ungleichheit. In der Art und Weise, wie soziale Unterschiede gesellschaftlich wahrgenommen, legitimiert und in der sozialen Praxis stets aufs Neue hervorgebracht wurden, unterschied sich die Gesellschaft der Frühen Neuzeit signifikant von den Gesellschaften anderer Epochen. Dieser Band nimmt eine kritische Bilanz der bisherigen Theoriebeiträge und Debatten in der Frühneuzeitforschung vor und möchte neue Wege zu einer Geschichte der Ungleichheiten aufzeigen. In ihren Beiträgen widmen sich die Autorinnen und Autoren einzelnen Theoretikern wie Max Weber, Pierre Bourdieu, Niklas Luhmann und Michel Foucault oder theoretischen Konzepten wie gender und fragen nach ihrem jeweiligen heuristischen Ertrag für die Analyse sozialer Ungleichheit in der ständischen Gesellschaft.
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