Politik des Lebensstils als eher weiblicher Partizipationsstil? (original) (raw)

Politische Partizipation und Geschlecht

Politische Partizipation in der Bundesrepublik Deutschland, 2001

Gender gap in der politischen Partizipation" ist ein Thema, das sich zunehmend zum Politikum in der Politikwissenschaft-zwischen sog. main-oder male-stream und feministischer Forschung-entwickelt. 1 Ausgangspunkt der Kontroverse ist die Beobachtung einer jahrzehntelangen Differenz zwischen den Geschlechtern: Frauen zeigen geringeres politisches Engagement als Männer. Während bei der Suche nach Ursachen für diesen Unterschied zwar ein Rekurs auf das biologische Geschlecht ("sex") bereits seit Jahrzehnten der Lächerlichkeit preisgegeben wäre, sind die in der Wissenschaft angeführten Interpretationen zum "gender gap" dennoch höchst diskutabel. 2

Die Politisierung des weiblichen Körpers.Vom Hungerlook zur Stilikone

2009

2007 wurde die Mailänder Modewoche in seinem Ablauf durch ein Plakat des Labels No.l.ita irritiert, das eine nackte und sehr magere Frau zeigte. Dieses Foto des bereits durch provokative Werbekampagnen bekannten Fotografen Oliviero Toscani, verbildlichte damit nicht nur die bestehende Debatte um zu dünne Models im Modebusiness. Es benannte das, was auf dem Bild zu sehen war und bot dem zugleich Einhalt, indem die abgelichtete Frau mit "No-Anorexia" überschrieben wurde. Damit verweist es auf den Ausgangpunkt einer Debatte, die mit dem Tod des brasilianischen Models Ana Carolina Reston, die Ende November 2006 an den Folgen ihrer "Magersucht" starb, erneut ausgelöst wurde. Toscanis Plakat bringt die Bild-Macht zum Ausdruck, mit der der weibliche Körper bewertet und normiert und damit auch erneut zum Politikum wird. Dabei stellt sich die Frage, wie dies geschieht und in welchem Verhältnis Bild, Pathologisierung und weiblicher Körper stehen. Abb. 1 No Anorexia © Oliviero Toscani Die Debatte um zu dünne Models im Modebusiness löste kontroverse Diskussionen in den unterschiedlichen Medien und der Modebranche aus. Einig wurde man sich darüber, dass "Skelette" auf dem Laufsteg nicht gewollt sind. Eine von Politik, Modeschöpfer und Modelagentur ausgehandelte Regel, den Body-Maß-Index zu normieren, bleibt als Idee zur Einordnung magerer Körper wichtig. Ihr wird aber wenig Erfolg zu-gesprochen. Vielmehr zeigt sich die Modebranche skeptisch und hat wenig Verständnis dafür, dass man über eine Normregelung in die Ästhetik einer Schau eingreift. Der Blick auf die Körper ist hier klar professionell gefärbt-eine Einschränkung bei der Auswahl von Models ist eine Einschränkung ihrer Freiheit, da: "[d]ie extremsten Silhouhetten [...] wegweisend [sind]", wie Casting Direktor Markus Ebner weiß. 1 Abb. 2 Twiggy Dass sich dies schon öfter bestätigt hat und das Thema älter ist als drei Jahre, zeigen nicht nur "Twiggys" Erfolge in den 1960er Jahren. Corinne Days Bilder von Kate Moss, zunächst in der Zeitschrift "The Face" und dann für Calvin Klein, haben Anfang der 1990er Jahre den "heroin-chic" geprägt. Day wurde damals zur Wegbereiterin des "Hungerlooks" in der Modefoto

Politik des weiblichen Martyriums

Christina Strunck (ed.), Faith, Politics and the Arts. Early Modern Cultural Transfer between Catholics and Protestants., 2019

Abstract The martyr has always been and remains an ambivalent figure, and this quality is even more pronounced in the case of female martyrs. In periods of political and social upheaval, the female martyr became a stylized, heroic figure transgressing the border between female and male behaviour. In late sixteenth-century Rome, the Catholic Church cultivated the veneration and the representation of virgin martyrs, the sante vergini romane, as the spearhead of the Counter Reformation and, as is generally assumed, in marked contrast to the Lutheran Church, which is well known for its depreciation of both virginity and sanctity. This essay argues, however, that it was Luther himself who attached great value to the virgin martyrs in his doctrine. A careful analysis of the earliest and relatively unknown German Protestant book of martyrs, the Historien der Heiligen Ausserwoelten, Gottes Zeugen/Bekennern und Mertyrern, published by Ludwig Rabus in 1552, reveals its influence on the typology of these female role models. This work also impacted upon the representations of the sante vergini romane in Rome, e. g. in the frescos of female martyrs in Santo Stefano Rotondo and the illustrations in Antonio Gallonio’s book on the Sante Vergini Romane of 1591

Politik des Lebens jenseits seiner selbst

Soziale Welt, 2017

Zusammenfassung: Der Artikel geht von der gegenwärtigen sozialwissenschaftlichen Konjunktur des "Lebens" als Gegenstand und Denkmodell aus. Im Anschluss an Gilles Deleuze und Felix Guattari wird ein Denken der Ökologie vorgestellt, das es erlaubt, soziale Vorgänge in Begriffen des Lebens zu fassen, ohne sich in den essentialistischen und reduktionistischen Fallstricken früherer Biosoziologien zu verfangen. Leben wird von Deleuze und Guattari als ekstatische Fluchtgestalt verstanden, die sich über ein intrikates Gefüge verteilt und nicht in einem einzelnen Lebewesen bzw. dem "Leben selbst" konzentriert ist. Das Denken des Lebens wird so für Hybridisierungsphänomene von biologischen und technologischen, sozialen und natürlichen Entitäten und Prozessen geöffnet. Darin liegt der spezifische Mehrwert dieses Ökologiedenkens für aktuelle sozialwissenschaftliche Debatten. Zum einen wird es möglich, Debatten um Biopolitik von ihrer konzeptuellen und ethischpolitische Verengung auf die Politik des "Lebens selbst" zu lösen und für Politiken des "Lebens jenseits seiner selbst", für Formen von Umweltgouvernementalität und Symbiopolitik, zu sensibilisieren. Zum anderen erlaubt das gewonnene Ökologiekonzept Netzwerk-und (Um)Weltkonzepte zusammenzudenken. Einleitung Leben-Arbeit-Sprache: Michel Foucaults (1974: 426ff) Die Ordnung der Dinge zufolge sind dies die drei Grundmodelle der Humanwissenschaften seit ihrem Entstehen im 19. Jahrhundert. Auch wenn "Arbeit" zunächst das Grundmodell der Sozialwissenschaften bildet, haben doch auch "Leben" und "Sprache" der Soziologie mehr oder weniger stark ihren Stempel aufgedrückt. Es ist in der Tat verführerisch die Geschichte der Soziologie als Abfolge der Dominanz jeweils eines dieser Modelle zu erzählen. Es ließe sich dann am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine lebenssoziologische "Evolutionsphase" ausmachen. Autoren wie Auguste Comte, Émile Durkheim, Herbert Spencer und Gabriel Tarde haben versucht, die Soziologie unter Rückgriff auf biologische Denkformen zu initiieren, etwa die Norm und die (soziale) Pathologie bei Durkheim und Comte oder die Evolution bei Spencer und Tarde. Ironischerweise hat so ausgerechnet eine Bezugnahme auf das Leben als Denkmodell-Durkheims Gesellschaftsorganismus-die folgenschwere Austreibung des Lebens als Gegenstand der Soziologie bewirkt. Freilich sind nicht wenige Soziolog_innen von Durkheims Postulat, das Soziale nur durch Soziales zu erklären, abgewichen und haben weiterhin auch auf Phänomene des Lebens Bezug genommen. Das gilt etwa für populationssoziologische Ansätze, die im 19. und frühen 20. Jahrhundert in nicht unerheblichem Maße die Entwicklung der auf populationsstatistische Daten angewiesenen Biologie geprägt haben. Nicht selten hat sich diese Spielart der Lebenssoziologie dem biopolitischen Projekt der Eugenik verschrieben und zwar keineswegs nur und nicht einmal vorwiegend in Deutschland (siehe dazu: Weingart / Kroll / Bayertz 1988) oder lediglich unter dem Vorzeichen des Faschismus. So hat John Maynard Keynes noch 1946 bei der Verleihung der Galton-Medaille an einen eugenisch forschenden Soziologen die Eugenik als "the most important, significant and genuine branch of sociology" 1. 1 Eine frühe Version dieser Gedanken habe ich auf einer Veranstaltung der Sektion Kultursoziologie auf dem DGS-Kongress 2014 in Trier vorgestellt. Ich danke den Organisator_innen des Panels Heike Delitz, Frithjof Nungesser und Robert Seyfert sowie den Anwesenden bei der Veranstaltung für ihre Hinweise und Fragen zu meinem Vortrag. Für hilfreiche Kommentare und Diskussionen des Textes danke ich den beiden anonymen Gutachter_innen sowie Nadine Marquardt, Chris Tedjasukmana, Franziska von Verschuer und last but not least ganz besonders Johannes Wilhelm, mit dem ich die große Freude hatte, über Jahre Deleuze und Guattari zu lesen und zu diskutieren.

Strategien der Partizipation

Das partizipative Museum, 2012

‚Participation' is a word that has been used a lot lately. What does this word mean today after it has been turned into a cliché so many times? How can people participate? Also how can the architect or curator participate? Who has the initiative?" (Obrist 2006, zitiert nach Miessen / Basar 2006 In unterschiedlichen Disziplinen aus Wissenschaft und Kultur stellt sich immer häufiger die Frage nach der Machbarkeit partizipativer Öffentlichkeiten. Dabei sind divergierende Standpunkte zur Strategie, zur möglichen Ausformung des Einbeziehens der Öffentlichkeit sowie zum Wissenstransfer und der räumlichen Praktiken Bestandteil des Diskurses.

Determinanten politischen Verhaltens – (Un)konventionelle Partizipation und verhaltensprägende Einstellungen

2015

Easton zufolge nur mittels von der Gesellschaft anerkannter Verhaltensregelmäßigkeiten-sogenannter Werte-gewährleistet werden. Zudem bedarf es einer Struktur aus klar verortbaren und stabilen Institutionen, Positionen und Rollen in der Politik, welche das Wertegerüst ergänzen (Easton 1957). Nur in einer solchen Ordnung sind die Erwartungen, die seitens der Regierten an die Regierenden herangetragen werden, klar artikulierbar und adressierbar. Durch die Verknüpfung der Positionen mit ihren Rollenträgern wird ein rein institutionelles, der Verfassungsnorm entsprechendes Verständnis einer politischen Ordnung um eine verfassungswirkliche, an der Performanz orientierte Dimension ergänzt (Easton 1965a, 1965b). Abbildung 2: Vereinfachtes Model des politischen Systems nach Easton Quelle: Eigene Darstellung basierend auf Easton (1965b, S. 32). Aus den getroffenen Annahmen Eastons, was ein politisches System im Einzelnen umfasst, resultieren weitere theoretische Implikationen, die final in dem hier dargestellten Modell des politischen Systems (Abbildung 2), dem Input-Output-Modell, münden (Easton 1965a, 1965b). Es verdeutlicht zum einen die Notwendigkeit der klaren Trennung zwischen dem politischen System und seiner Umwelt. Zum anderen zeigt es, dass zur Aufrechterhaltung der geschaffenen Ordnung (Persistenz) es der Gewährleistung eines stetigen Austauschs zwischen dem politischen System und seiner Umwelt bedarf. Dieser Austausch wird Easton zufolge durch den politischen Prozess ermöglicht. Die Erhaltung des Systems erfolgt demgemäß durch eine immer währende Neudefinition der Grenze zwischen System und Umwelt (Easton 1965a, S. 108-112). Die politischen Interaktionen und Rollen müssen sich stetig von den nicht politischen Handlungen unterscheiden. Dem politischen System werden in diesem Zuge von seiner Umwelt 9 entsprechende Forderungen (Demands) nach kollek-9 Easton unterscheidet bei der Systemumwelt zusätzlich zwischen "Intra-Societal Environment" und "Extra-Societal Environment", allerdings ist diese Unterscheidung für die vorliegende Arbeit nicht zielführend (Easton 1965a, S. 110).

Margarete Maurer: Zum Politischen im Naturbezug der naturwissenschaftlichen Laborpraxis. Für eine Politik der Koproduktivität und des Dialoges, in: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft (ÖZP), 5. Jg., Nr. 2, Wien 1996, S. 151–168.

Sowohl von skeptischen NaturwissenschaftlerInnen als auch von Teilen der interessierten Öffentlichkeit wird eine ökologisch und sozial verantwortbare -nicht bloß »verträgliche« -Technik und Wissenschaft bzw. Forschungs-und Technologiepolitik verlangt. Gefordert wird -als Basis eines »Handelns im Einklang mit der Natur« ein entsprechender »alternativer« Ansatz, ein der Natur angepaßtes und den menschlichen Bedürfnissen angemessenes Modell oder Paradigma von Naturwissenschaft und Technik. Die Begründungen für solche Forderungen gehören inzwischen zu den Gemeinplätzen der umweltpolitischen Diskussion: Die Schädigung und Zerstörung von »Natur« bzw. »Mitwelt« sei gerade durch die gesellschaftliche Umsetzung des naturwissenschaftlich-technischen Wissens in die Praxis mitverursacht. Oder weitergehend: sie sei in den methodischen technologiebezogenen Verfahrensweisen und regulativen Prinzipien der naturwissenschaftlichen Erkenntnissuche angelegt. In welcher Weise und in welchem Ausmaß dies der Fall ist, und wie dabei die kausalen Verknüpfungen verlaufen oder verlaufen können, darüber bestehen harte Differenzen. Welche Auffassung vertreten wird, hat auch mit den jeweils eigenen Interessen zu tun: mit Forschungsinteressen bei WissenschaftlerInnen, mit Gewinnerwartungen bei Firmen, mit dem Interesse des eigenen Wohlergehens und Schutzes bei akut oder möglicherweise »betroffenen« KonsumentInnen und Arbeit-nehmerInnen. BürgerInnen-Initiativen vertreten das Ziel der Naturerhaltung und eines ökologischen Gleichgewichts als subjektives Interesse ihrer selbst und als objektives »der Natur«. Insbesondere werden die Möglichkeit und der Wille gefordert, »Kontextualität« zu berücksichtigen, also die praktische Involviertheit der naturwissenschaftlich-technischen Entwicklungen in ökologische und gesellschaftliche Prozesse. Es wird verlangt, deren Voraussetzungen sowie ihre Implikationen zu bedenken, abzuschätzen und zu bewerten, und zwar bereits in der Entstehungsphase eines Technologieweges, um so Konsequenzen für eben diese Entwicklung daraus ziehen zu können sowie gegebenenfalls eine Umorientierung 1 Dieser Beitrag wurde erarbeitet in Zusammenhang mit einem vom Fonds zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung unterstützten Habilitationsprojekt.