In Zeiten der Digitalisierung: Welche Medienbildung brauchen Kinder? (original) (raw)

Medienkompetenz fördern – Lehren und Lernen im digitalen Zeitalter

Dieser Beitrag widmet sich dem Stand in der Aus-und Weiterbildung zur Medienkompe-tenz mit besonderem Fokus auf interaktive digitale Medien. Wir gehen dabei davon aus, dass die Nutzung digitaler Medien zwar eine Reihe positiver Entwicklungen, sowohl in der Lehre als auch im Lernprozess, initiieren und freisetzen kann, dass aber Technikeinsatz allein noch keinen Garant für eine Qualitätssteigerung im Bildungssystem darstellt. Die tech-nischen Möglichkeiten digitaler Medien müssen im Hinblick auf die Realisierung eines di-daktischen Mehrwerts beurteilt werden. Darunter verstehen wir die Gestaltung von medial unterstützten Lehr-und Lernsituationen, die einen Vorteil generieren, der ohne technische Unterstützung nicht vorhanden wäre. Weil im Rahmen des Nationalen Bildungsberichts diese spezielle – aber umfassende – The-matik bisher noch nicht behandelt wurde, konzentrieren wir uns auf die Situation bei den Lehrenden. Diese Beschränkung ist auch inhaltlich gerechtfertigt, weil aus unserer Sicht die Medienkompetenzen der Lehrenden der entscheidende Faktor für eine didaktisch sinnvolle Nutzung digitaler Medien im Unterricht sind. Wir beginnen diesen Beitrag daher mit einer Diskussion zum Begriff der Medienkompetenz, um die unterschiedlichen inhaltlichen Dimensionen, die es hier zu beachten gilt, darzulegen. Daran schließt sich ein kritischer Blick zum Status quo in Österreich an, wobei wir insbeson-dere Maßnahmen zur Kompetenzentwicklung von Lehrpersonen in den Blick nehmen. Da-nach diskutieren wir Potenziale digitaler Medien zur Erhöhung der Lehr-und Lernqualität an drei aktuellen Beispielen. Das Schlusskapitel dieses Beitrags fasst unsere Einschätzungen zusammen und stellt denkbare politische Strategien und Maßnahmen sowohl zur Nutzung digitaler Medien als auch zur Kompetenzentwicklung zur Diskussion. 1 Medienkompetenz heißt heute vor allem digitale Kompetenz In der modernen Wissensgesellschaft haben Informations-und Kommunikationstechnolo-gien (IKT) bereits einen bedeutenden Stellenwert eingenommen. So sind 28 % des öster-reichischen Wirtschaftswachstums auf diese Technologien zurückzuführen und Prognosen gehen von einer weiteren Steigerung der Wertschöpfung durch diesen Bereich aus (Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, 2012). Inzwischen durchdringen IKT alle gesellschaft-lichen Bereiche und sind allgegenwärtig (" ubiquitous ") geworden. Sie haben unseren Alltag sowohl im beruflichen (Arbeit) als auch im privaten (Freizeit) Bereich verändert. Digitale, interaktive Medien spielen auch für die Entwicklung der Zivilgesellschaft eine immer wich-tigere Rolle (Baumgartner, Tarnai, Wolf & Ertl, 2014, S. 376 f.): Gesellschaftliche Teilhabe, und damit die Entwicklung und Festigung demokratischer Strukturen, erfolgt in zuneh-mendem Maß über digitale Medien. Sachgerechter und kritisch-reflektierter Umgang mit diesen Technologien wird daher folgerichtig als eine der acht Schlüsselkompetenzen für Lifelong Learning gesehen (Europäische Union [EU], 2006). Eine Definition von Medienkompetenz ist nicht einfach, weil es eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen gilt: Es müssen inhaltliche Beschreibungen wie Medien, Computer, IKT mit Bildungskonzepten wie Fertigkeiten, Literarität (Literacy) und Kompetenz miteinander verknüpft werden.

Relevanz schulischer Medienkonzepte als Orientierung für die Schule im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung

Unterrichtswissenschaft, 2020

ZusammenfassungFür Schulen sind Orientierungen in der digitalen Welt angesichts neuer Herausforderungen durch die Digitalisierung von steigender Relevanz. Ein zentrales Instrument stellen dabei schulische Medienkonzepte dar, die gemeinsam vereinbarte Orientierungen für die schulische Arbeit und Schulentwicklungsprozesse enthalten. Zudem stellt die Medienkonzeptentwicklung einen Bestandteil theoretischer Modelle zur Erfassung und Beschreibung von Qualitätsdimensionen schulischer Medienbildung dar. Vor diesem Hintergrund untersucht der vorliegende Beitrag (1) die Relevanz von Medienkonzepten aus der Sicht von Schulleitungen und Schulträgern. Außerdem wird beleuchtet, (2) welche Personengruppen an den Schulen für Aufgaben im Kontext des Medienkonzeptes zuständig sind und (3) ob signifikante Unterschiede der schulischen Rahmenbedingungen, des Schulleitungshandelns und des Support je nach Vorhandensein eines Medienkonzeptes vorzufinden sind. Die Fragestellungen werden explorativ auf Grun...

Bildschirmmedien im Alltag von Kindern und Jugendlichen

Bildschirmmedien im Alltag von Kindern und Jugendlichen, 2007

Vorwort Das vorliegende Buch stellt Befunde zusammen, die vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen zum Thema "Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen" erarbeitet wurden. Die empirische Grundlage des Textes bilden die Daten der KFN-Schülerbefragung 2005. Diese Form der Datenerhebung wird vom KFN seit dem Jahr 1998 durchgeführt. Ein zentrales Thema sind dabei jeweils die Gewalterfahrungen von Schülerinnen und Schülern. Hinzu kommen wechselnde inhaltliche Schwerpunkte. Im Jahr 2005 war dies erstmals die Frage der Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen, die wir in Beziehung zu anderen Aspekten ihres Lebens gesetzt haben-zu ihrem familiären und sozialen Umfeld, ihrem Freizeitverhalten und ihren schulischen Leistungen. Insgesamt wurden im Jahr 2005 in 11 Landkreisen und Städten aus sechs westdeutschen Bundesländern 14.301 Schülerinnen und Schüler neunter Klassen und 5.529 aus vierten Klassen befragt. Wir danken den beteiligten Kommunen, der Volkswagen-Stiftung, dem Programm Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) sowie den Landesmedienanstalten aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen dass sie uns die für die Untersuchung notwendigen Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt haben. Inhaltlich eingebettet ist die Schülerbefragung 2005 in ein auf mehrere Jahre angelegtes und von der Volkswagen-Stiftung gefördertes Forschungsprogramm. Mithilfe eines interdisziplinären Forschungsansatzes sollen die Auswirkungen, die ein verändertes Freizeit-, insbesondere ein verändertes Medien-"Menü" von Kindern und Jugendlichen auf ihre Leistungsfähigkeit in Schule und Gesellschaft hat, näher betrachtet werden. Die Entwicklung medienpädagogischer Alternativen ist ein weiterer Schwerpunkt des Gesamtprojektes. Ferner sollen in einer Kombination neurobiologischer, gedächtnispsychologischer und medienpädagogischer Forschungsansätze die hirnphysiologischen und kognitiven Folgen eines intensiven Medienkonsums untersucht werden. Unsere Kooperationspartner sind hier Prof. Dr. Heinze und Prof. Dr. Düzel von der medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg. Eine dritte wichtige Säule dieses Forschungsprojektes bildet schließlich eine auf vier Jahre angelegte Längsschnittstudie, deren Ziel in der umfassenden Beantwortung der Frage besteht, in welcher Weise sich die Mediennutzung auf Kinder und Jugendliche bezüglich ihrer Freizeitgestaltung, ihres Sozialverhaltens, ihrer Intelligenzentwicklung und ihrer Schulleistungen auswirkt. Außerdem soll in dieser Studie geklärt werden, welche Veränderungen sich durch eine gezielte Intervention und zeitliche Reduktion der Mediennutzung bei Kindern erreichen lassen können. Das Buch "Bildschirmmedien im Alltag von Kindern und Jugendlichen" bildet insofern nur den Auftakt einer Reihe von Veröffentlichungen, die sich mit der Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen und ihren Folgen beschäftigen werden.

Digitale Kindheiten. Kinder - Familie - Medien

2020

Digital vernetzte Medien werden als kooperative Werkzeuge, Plattformen und Infrastrukturen gestaltet, die bestehende Öffentlichkeiten transformieren und neue Öffentlichkeiten ermöglichen. Sie sind nicht mehr als Einzelmedien zu verstehen, sondern verlangen eine praxistheoretische Auffassung der Medien und ihrer Geschichte. Alle Medien sind kooperativ verfertigte Kooperationsbedingungen. Ihre Praktiken und Techniken entstehen aus der wechselseitigen Verfertigung und Bereitstellung gemeinsamer Mittel und Abläufe. Darum verläuft die Erforschung digitaler Medien quer zur gängigen wissenschaftlichen Arbeitsteilung und verlangt eine gezielte Engführung von Medientheorie und Sozialtheorie. Digital network media are designed as cooperative tools, platforms and infrastructures which transform existing publics and give rise to new ones. Digital media can no longer be understood as individual media, but demand a practicetheoretical perspective on media and their history. All media are cooperatively accomplished devices of cooperation. Media practices and techniques evolve from the mutual making of shared resources and joint processes. That's why the study of digital media disturbs our scientific division of labour and remains a challenge for the intersections between media theory and social theory.

Kids und neue Medien: Netz- oder Pixelgesellschaft?

2013

Vor dem Hintergrund von Forschungsprojekten mit Kindern, Jugendlichen und neuen Medien diskutiert der Autor die These, wonach computervermittelte Formen der Kommunikation Identität und Sozialcharakter der mit den neuen Medien sozialisierten Kinder verändern. Demgegenüber erscheint die Diskussion um die Rolle der Schule als Sozialisationsinstanz eigentümlich verkürzt, denn sie wird voreilig darauf festgelegt, Medienkompetenz zu vermitteln. Dies kann die Schule nicht leisten; eher läßt die konzeptionelle Schlichtheit des Anliegens auf einen Bedarf der Erwachsenen als auf einen der Kinder schließen. Analysiert man die Diskussion genauer, so zeigt sich schnell, daß zwischen einem Prozeß der Mediatisierung und einem Prozeß der Ökonomisierung zu unterscheiden ist. Der heute stattfindende Prozeß der Ökonomisierung von Beziehungen und Lebensbereichen, von Werten, Motiven und Orientierungen ist der entscheidende Motor für die Durchsetzung der neuen Medien. Er prägt aber auch in sehr einseiti...

Digitale Medienbildung in der Grundschule. Primarstufenspezische und medienpädagogische Anforderungen

2019

Digitale Medien prägen unsere kulturelle, soziale und wirtschaftliche Welt in einem vor wenigen Jahrzehnten noch nicht vorstellbarem Ausmaß. Von dieser digitalen Durchdringung unserer Lebenswelt bleibt auch der Alltag von Kindern nicht ausgenommen. Die aktuelle und künftige Bedeutung digitaler Medien im Leben der Kinder stellt die Grundschule vor neuen Aufgaben. Im Artikel werden ausgehend von der Darstellung des aktuellen Forschungsstandes zur Wirkung von Medien verschiedene medienpädagogische Ansätze diskutiert. Dabei finden die spezifischen Besonderheiten des Lehren und Lernens in der Grundschule besondere Beachtung. (phsg.bsz-bw.de)

Digitale Kindheiten. Kinder – Familien – Medien

2020

Schon wieder eine neue "Kindheit"? Das wissenschaftliche Begreifen des Neuen und bislang Unerforschten bringt das Erproben neuer Begriffe mit sich. Wir spüren und sehen soziale Veränderungen, die wir jedoch erst noch in den bewährten Begriffen und mit erprobten Unterscheidungen verstehen wollen. Für die Kindheitsforschung ist die Unterscheidung von Kindern und Erwachsenen eine solche bewährte Unterscheidung und zugleich Teil ihrer eigenen Identitätsherstellung (siehe Kelle 2005). In der Spezifizierung maßgeblicher Eigenschaften sind verschiedene "Kindheiten" erforscht und begriffen worden. So waren es Kindheitsorte wie die Straße, das zu Hause oder spezifische Institutionen, die ins Zentrum der Analyse des Aufwachsens der nachwachsenden Generation gerückt wurden. "Wo findet Kindheit in der Moderne statt?", fragte Jürgen Zinnecker in seinem 2001 veröffentlichten Band zu 30 Jahren Forschung zum "Kinderleben zwischen Straße und Schule" (Zinnecker 2001). Ausgehend vom "Straßenkind" ist Kindsein zu Hause als "Verhäuslichung" (Behnken 2001) beschrieben worden, das Pendeln der Kinder zwischen ihren Kindheitsorten mit der These der "Verinselung" (Zeiher 1994) beschrieben und Kindsein in Institutionen als "betreute Kindheit" (Rauschenbach 2011) charakterisiert worden. Mit der Auseinandersetzung rund um die Mediatisierung und Technologisierung des Alltags geriet die Mediennutzung der Kinder als "Medienkindheit" bzw. "mediatisierte Kindheit" (Fuhs 2014, S. 319) in den Fokus der Kindheitsforschung. Damit sind neben den Räumen und Orten die Medien als spezifische Phänomene der Kindheit ins Zentrum ihrer differenzierten Bestimmung gerückt. All diese nebeneinander bestehenden, erkenntnispraktisch genutzten Eigenschaftsbestimmungen von "Kindheit" variieren ein gemeinsames, wiederkehrendes Motiv: Gesellschaftliche Entwicklungen sind Anlass, die stattfindende Kindheit mit Hilfe eines Labels neu zu beschreiben. Gesellschaftliche Veränderungen wirken sich auf das Verhältnis der jeweiligen Erwachsenen zur Kindergeneration und umgekehrt aus-als auch auf die Beschreibungsweisen der zeitgenössischen Kindheit. Dem Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts konstatierten "Verschwinden der Kindheit" (Postman 1983) als einen Verlust der realen Unterscheid

Überlegungen zum Lernen mit und über Medien im Zeitalter der Digitalisierung

MedienPädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, 2021

Auch wenn die Medienpädagogik als erziehungswissenschaftliche Disziplin erst seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts existiert, sind Fragen nach dem Lernen mit und über Medien schon weit früher diskutiert worden. Schule als Institution des Lernens war immer schon mit Medien verbunden, welche die direkte Anschaulichkeit der Welt über Fibeln und Lesebücher mit den darauf bezogenen kognitiven Strukturen verbanden und so «Lernen» ermöglichten. Lesen und Vorlesen beruhen auf Medien, mit denen Erfahrungen mit der Welt versprachlicht und damit gleichsam auf der Basis von Buchstaben «abstrakt» gemacht werden können. Der Abacus als didaktisches Hilfsmittel ist z. B. ein Medium, um den Begriff der Zahlen anschaulich zu machen und das Lernen von Zahlen zu unterstützen. Die Entwicklung der Medienpädagogik als eigene Fachdisziplin ist dann aber erst mit den technischen Medien aufgekommen – dies zuerst auf einer analogen Basis wie Film, Radio, Fernseher, Kinderkassetten etc. in diesem Beitrag s...