K otázce vlivu jezuitů na český duchovní zpěv (original) (raw)

2010, Petronilla Cemus (ed): Bohemia Jesuitica 1556-2006, Praha: Karolinum 2010, tomus 2, s. 1113-1135.

Zum Einfluss der Jesuiten auf den Kirchengesang in Böhmen. Die Jesuiten haben durch die Pflege des Kirchengesanges die Kultur der Böhmischen Lander beeinflusst. Ihr Anteil an der Herausgabe von Gesangbüchern und am Entstehen einer neuzeitlichen katholischen Hymnendichtung war da ebenso stark wie in Deutschland, Österreich und Ungarn. Im Umfeld der tschechischen Sprache begegnete diese Dichtung einer überaus starken, bis ins 15. Jahrhundert reichenden Tradition, die in hohem Masse vom Utraquismus geprägt war. Deshalb zeichnet sich das böhmische Kirchenliedgut im Zeitalter der Rekatholisierung durch die Beibehaltung eines kontinuierlichen Repertoires aus. Als Verfasser tschechischer und deutscher Lieder, als Redakteure und Drucker von Gesangbüchern ergriffen die Jesuiten schrittweise Initiative. Um alle Aspekte ihres Einflusses auf den Kirchengesang in Böhmen vom 16. bis 18. Jahrhundert zu beleuchten, müsste die gesamte katholische Hymnendichtung der Frühen Neuzeit interdisziplinär behandelt werden. Deshalb kann dieser Beitrag lediglich eine Zusammenfassung der bisherigen Diskussion mit einigen thematischen Schwerpunkten bieten. Ausgangspunkt der katholischen Hymnendichtung in tschechischer Sprache ist der 1588 von Václav Šturm SJ erbrachte Nachweis, dab einige Kirchenlieder der Böhmischen Brüdergemeinde schon vor der Reformation gesungen worden sind. Als Begründung verweist er auf die “Altertümlichkeit" dieser Lieder und argumentiert damit ähnlich wie die Historiker der Gesellschaft Jesu, etwa Bohuslaus Balbinus. Als locus communis wird in den Vorworten katholischer Gesangbücher auf das „altböhmische“ Bewusstsein verwiesen. Neben der Komposition von Kirchenliedern sowie der Herausgabe von Gesangbüchern unterstützten die Jesuiten utraquistische Literatenbruderschaften und formten diese zu Marianischen Kongregationen um, deren Hauptaufgabe nach wie vor in der Leitung des Gemeindegesangs in den Pfarreien bestand. Beachtlich ist der Respekt, mit dem die Socii das überlieferte Liedgut redigiert haben, und ihr Bemühen, die traditionelle Hymnendichtung zu ubernehmen und weiterzuführen. Als erfahrene Volksmissionare kannten alle Jesuiten, die bedeutende Redakteure von Gesangbüchern waren (Friedrich Bridelius, Mathias Wenceslaus Steyer, Antonín Koniáš), die kirchliche Situation, den Geschmack und die Mentalität der Glaubigen. Dies zeigt sich etwa bei der Bearbeitung des Gesangbuches Kancionál český, das Steyer als Organismus mit unterschiedlichen Stilschichten behandelt (J. Sehnal 1972) und dessen überliefertes Repertoire er mit Bedacht „katholisiert“ (M. Škarpová 2005; 2006). Dabei nimmt er die Lieder als Ganzes wahr und entscheidet bei der Auswahl nach deren Be- liebtheit, Altertümlichkeit und theologischer Verständlichkeit. Sein Gesangbuch wurde so geschätzt, dass es sechsmal nachgedruckt und erweitert und in der zweiten H¨¨alfte des 19. Jahrhunderts als Norm angesehen wurde (Kancionál 1863/1864), an der sich die Reformgesangbücher des Cacilianismus/Cyrillis mus orientiert haben. Ein eigenes Kapitel stellt der Einfluss von Kirchenliedern auf Sitten und Gebräuche sowie auf böhmische und mährische Volkslieder dar. Die Rezeption von etlichen in der Epoche der Gegenreformation entstandenen Liedern dauert bis heute an.