Der Herr. Ein Abgesang (original) (raw)
2012, Geiger (Hg.): Der schöne Mann, Hamburg: Textem
Wann ist ein Mann ein schöner Mann? Auf den ersten Blick dann, wenn er den vermeintlich universalen oder eben nur kulturspezifischen Konventionen äußerlicher Attraktivität entspricht. Laut Wikipedia sind diese vor allem in einem mesomorphen Körperbautyp zu finden: "mächtiger Brustkorb, feste und dicke Haare, Körper in V-Form […], dicke Haut, markante Wangenknochen und massiver Unterkiefer, langes und breites Gesicht, Fettanlagerungen im Allgemeinen meist nur an Bauch und Hüfte, große Hände und Füße, langer Oberkörper, kräftige Muskulatur und große Körperkraft" 1 . Mesomorph oder nicht, der moderne Mann hat von den Frauen lernen müssen, sich und seinen Körper als Lustobjekt zu begreifen. Er ist wie sie zu einer lebendigen Ware geworden, und zwar auf dem segmentiertesten und härtesten Markt der Welt: dem Heirats-beziehungsweise Partnermarkt. Wie alle anderen Waren, die dort zirkulieren, hat auch der männliche Körper einen von den Marktteilnehmer(inne)n gnadenlos taxierten Genusswert. Und wie alle anderen muss auch der moderne Mann bemüht sein, dem kommerzialisierten Zeitgeschmack zu entsprechen und seinen Marktwert durch Investitionen in body und look zu erhöhen.