Review: Agostini, Giulia: Nach der Literatur. Studien zu einer Theorie der Literatur. Heidelberg: Universitätsverlag Winter. 2021 (original) (raw)
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BDA Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft Literaturtheorie 19-2 Literaturwissenschaft-Grundlagen einer systematischen Theorie / Klaus W. Hempfer.-Stuttgart : Metzler, 2018.-XV, 292 S. ; 24 cm.-(Abhandlungen zur Literaturwissenschaft).-ISBN 978-3-476-04699-4 : EUR 49.99 [#6432] Klaus Hempfer, emeritierter Romanist an der FU Berlin, ist dafür bekannt, daß er sehr klare und ertragreiche Beiträge z. B. zur Gattungstheorie gelie-fert hat, zuletzt etwa zur Lyrik, 1 die eine weite Leserschaft verdienen. Dem-entsprechend nimmt man mit besonderem Interesse und in freudiger Erwar-tung auch das neueste Buch aus seiner Feder in die Hand, das sich syste-matischen Fragen der Literaturwissenschaft widmet. Denn genauer den Kern dessen zu bestimmen, was Literaturwissenschaft macht und aus-zeichnet, ist unabdingbar für die Selbstpositionierung der Literaturwissen-schaftler einerseits, für die Anschlußfähigkeit in einem interdisziplinären Feld andererseits. Dazu gehört auch die Anstrengung des Begriffs, wozu Hempfers Vorbildliches leistet, das m. E. nicht genug gelobt werden kann. Das Buch von Hempfer en detail zu diskutieren, kann hier nicht geleistet werden, weil dies rasch in eine eigene literaturtheoretische Abhandlung münden müßte. Daher hier nur stichwortartig einige Hinweise darauf, worum es Hempfer geht und worin der Mehrwert für die Leser seines sehr guten Buches besteht. Ein solcher Mehrwert besteht übrigens auch darin, daß er solche einschlägig relevanten Texte in romanischen Sprachen in die Dis-kussion einbezieht, die in manchen angelsächsischen Beiträgen zur For-schung fahrlässig ignoriert werden. Die Studie gliedert sich in sechs Kapitel, 2 die auch jedes für sich gelesen werden können und teils auf aktualisierten und überarbeiteten früheren Ab-1 Lyrik : Skizze einer systematischen Theorie / Klaus W. Hempfer.-Stuttgart : Steiner, 2014.-91 S. ; 24 cm.-(Text und Kontext ; 34).-ISBN 978-3-515-10643-6 : EUR 29.00[#3687].-Rez.: IFB 15-1 http://ifb.bsz-bw.de/bsz399901744rez-1.pdf-Siehe auch Gattungstheorie : Information und Synthese / Klaus W. Hempfer.-München : Fink, 1973.-312 S.; ; 19 cm.-(Uni-Taschenbücher ; 1).-ISBN 3-7705-0644-8 sowie Der Dialog im Diskursfeld seiner Zeit : von der Anti-ke bis zur Aufklärung / Klaus W. Hempfer ; Anita Traninger (Hg.).-Stuttgart : Stei-ner, 2010.-374 S. ; 24 cm.-(Text und Kontext ; 26).-ISBN 978-3-515-09247-0 : EUR 54.00 [#1366].-Rez.: IFB 10-4
BDA Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft Literaturgeographie 09-1/2 Die Geographie der Literatur : Schauplätze, Handlungsräu-me, Raumphantasien / Barbara Piatti.-Göttingen : Wallstein-Verlag, 2008.-423 S. : graph. Darst., Kt. ; 23 cm + 9 Kt.-Beil.-Zugl.: Basel, Univ., Diss., 2006.-ISBN 978-3-8353-0329-4 : EUR 34.90 1 [#0215] Die Raumkonzeptionen in der Literatur stellen einen spannenden For-schungsgegenstand dar. Hatte vor nicht allzu langer Zeit bereits Niels Wer-ber einen durchaus programmatisch zu nehmenden Band über Die Geo-graphie der Literatur herausgebracht, so scheint sich nun der sogenannte spatial turn, die Wendung zu Fragen des Raumes, auch in den Literatur-und Kulturwissenschaften regelrecht zu einer Mode zu entwickeln. Dabei wäre eigentlich zu erwarten, daß mit Fragen des Raumes, die sich ja auf vergleichsweise harte politische und geographische Realitäten stützen, den dekonstruktiven Aspekten mancher kulturwissenschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre Einhalt geboten würde. Allerdings hat man den Eindruck, daß auch im Zuge des spatial turn das Interesse an ideologischen Konstruk-tionen stärker als eine realistische Einschätzung von Raumfragen ist. Die Arbeit von Barbara Piatti geht nun davon aus, daß man im Gebiet der Literaturgeographie "Berührungspunkte zwischen fiktionaler und realer Geographie" finden kann (S. 25). Gegen den in der Literaturtheorie gut ein-geführten Einwand, es handele sich bei dem geographisch tatsächlich vor-findlichen Paris kategorial um etwas anderes als das Paris z.B. Balzacs, wird man eben deshalb Bedenken anmelden müssen. Unter der Vorherr-schaft des Poststrukturalismus, die nachgerade zu einer "Vertreibung" der Referenz als Kategorie geführt habe (vgl. S. 26) und in Derridas bekanntem und umstrittenen, weil unklaren Slogan, es gebe nichts außerhalb des Tex-tes, seinen angemessenen Ausdruck gefunden hat. Gegenüber der in wei-ten Teilen der Literaturwissenschaft herrschenden Abneigung gegen Refe-rentialität-die im Widerspruch stünde zur Fiktionalität-muß nun aber eine Literaturgeographie "gerade das Thema der Referenz" in das Zentrum ihrer Überlegungen rücken (S. 27). Die Frage lautet dann aber, worauf sich diese Referenz beziehen soll, wenn man nicht zu einer illusionären mimetischen Theorie zurückkehren möchte, was auch Piatti nicht anstrebt. Allerdings sei es nicht notwendig, auf der striktesten Interpretation des Grundsatzes zu beharren, dem gemäß Fiktion und Wirklichkeit unvereinbare Sphären seien (S. 28). Piatti beruft sich darauf, daß es aufregender sei, "mögliche Verhält-1 2009 erschien eine 2. (unveränderte) Auflage.
Am Peter Szondi-Institut der Freien Universität Berlin wird seit fünf Jahrzehnten Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft gelehrt. Das auf eine Überschreitung der Nationalphilologien angelegte Institut wurde 1965 für Peter Szondi eingerichtet. Indem er sich einerseits an der internationalen Komparatistik orientierte, andererseits an der Frankfurter Schule, legte er den Akzent von Anfang an auf Theorie. Das Versprechen der Theorie war gekoppelt an die Aufarbeitung der Geschichte, für die der Holocaust-Überlebende Szondi mit seiner Biographie stand. Mit seiner spezifischen Verbindung von Theorie und »philologischer Erkenntnis«, von Geschichtsphilosophie und Gattungspoetik, hat Szondi keine Schule geschaffen, sondern einen singulären Raum für eine zugleich textnahe, theoretische und gegenüber dem (hochschul-)politischen Geschehen kritische Literaturwissenschaft geprägt. Es ist kein Zufall, daß die deutschsprachige Rezeption von Derrida und Lacan von hier ausging. Der Titel »Nach Szondi« verbindet die Zäsur, die sein Tod für die Geschichte des seit 2005 nach ihm benannten Instituts darstellt, mit der Frage, welche Transformation Szondis Konzept von Literaturwissenschaft in der weiteren Entwicklung erlebte, wie es historisiert und zugleich weiterhin als Aufgabe verstanden werden kann. Der vorliegende Band ist aus einem kollektiven Experiment der Auseinandersetzung heutiger Studierender mit Archivalien und Ehemaligen des Instituts entstanden. Der erste Teil enthält unveröffentlichte Texte aus den verschiedenen Institutsepochen, von Szondis Institut (1965–1971) über das professorenlose »Interregnum« (1971–1977) und die Zeit mit Eberhard Lämmert, Peter Brockmeier, Winfried Menninghaus, Hella Tiedemann und Gert Mattenklott bis in die jüngere Vergangenheit, in der Gastprofessuren von internationalen Autoren und Übersetzern den Horizont noch einmal erweitert haben. Die Rückblicke des zweiten Teils zeigen das Institut als einen (auch kontroversen) Erinnerungsort. Eine ausführliche Chronik rundet den Band ab. Mit Beiträgen von Michael Angele, Friedmar Apel, Armen Avanessian, Anna Baccanti, Stefanie Bäuerle, Rosa Baumgartner, Sabine Beck, Henriette Beese, Hella Beister, Knut Boeser, Peter Brockmeier, Jürgen Brokoff, Jacques Derrida, Karen Diehl, Patrick Durdel, Elisabeth Edl, Rosa Eidelpes, Philipp Ekardt, Katharina Enzensberger, Wolfram Ette, Philipp Felsch, Justus Fetscher, Ralf Fiedler, Wolfgang Fietkau, Gundolf S. Freyermuth, Gunter Gebauer, Eberhard Geisler, Frank Günther, Gregor Gumpert, Werner Hamacher, Katrin Heinau, Jan-Niklas Howe, Carol Jacobs, Sabine Jainski, Hanna Kaapke, Jan Kedves, Christoph König, Lina Kokaly, Martin v. Koppenfels, Detlef Kuhlbrodt, Eberhard Lämmert, Bernd-Peter Lange, Hans-Thies Lehmann, Helmut Lethen, Oliver Lubrich, Bernhard Lypp, Gert Mattenklott, Winfried Menninghaus, Senta Metz, Bernhard Metz, V.Y. Mudimbe, Inka Mülder-Bach, Lothar Müller, Chetana Nagavajara, Barbara Naumann, Günter Peters, Helmut Pillau, Brian Poole, Axelle Putzbach, Sima Reinisch, Jochen Rehbein, Monika Rinck, Gisela Reß-Zielinski, Benjamin Schlodder, Thomas Schmitz, Marlene Schnelle-Schneyder, Hannah Schünemann, Jürgen Sieß, Irene Sommer, Christian Steinau, Ginka Steinwachs, Antonia Stichnoth, Robert Stockhammer, Peter Szondi, David Wagner, Samuel Weber, Liliane Weissberg, Uta Werner, Johannes Windrich, Georg Witte und Hanns Zischler.
HANDBUCH 19-2 Grundthemen der Literaturwissenschaft: Literarische Insti-tutionen / Norbert Otto Eke, Stefan Elit (Hrsg.).-Berlin [u.a.] : De Gruyter, 2019.-VIII, 539 S. ; 24 cm.-(Grundthemen der Li-teraturwissenschaft).-(De Gruyter reference).-ISBN 978-3-11-036469-9 : EUR 159.95 [#6522] Im Rahmen eines größer angelegten Projektes zum Komplex in der Reihe Grundthemen der Literaturwissenschaft, bei der man aber auf eine Nu-merierung der Bände verzichtet hat, 1 erscheint der vorliegende Band, der sich mit literarischen "Institutionen" befaßt. Dieser Begriff trifft mal mehr, mal weniger genau, worum es hier geht, denn in manchen Bereichen des Litera-tursystems ist der Begriff der Institution sicher zweifelhaft, etwa wo es um den Leser oder die Literaturkritik als angebliche Institution geht, während man an anderen Stellen tatsächlich greifbare Institutionen findet, von Verla-gen, Literaturhäusern, Literaturarchiven und-museen bis zu Bibliotheken. 1 Die Themen der anderen Bände, die am Ende des Bandes aufgelistet werden, seien hier genannt: Adaption, Autorschaft, Drama, Erzählen, Fiktionalität, Form, Interpretation, Lesen, Literaturdidaktik, Literaturgeschichte, Poetik und Poetizität, Weltliteratur. Einige der Bände sind allerdings noch nicht er-schienen. Sinnvoll wäre m. E. auch ein Band zum Thema Edition bzw. Editionsphi-lologie gewesen, das aufgrund seiner enormen Bedeutung für die Literaturwissen-schaft nur mit einem eigenen Schwerpunkt angemessen in den Fokus der Auf-merksamkeit gerückt werden kann. Auffällig ist auch die Abwesenheit des Lyri-schen, während dem Erzählen und dem Drama jeweils eigene Bände gewidmet werden. Zu letzterem ist eine Rezension in IFB vorgesehen: Grundthemen der Literaturwissenschaft: Drama / Andreas Englhart, Franziska Schößler (Hrsg.) Unter Mitarbeit von Andreas Grewenig und Hannah Speicher.-Berlin [u.a.] : De Gruyter, 2019.-VIII, 757 S. ; 24 cm.-(Grundthemen der Literaturwissenschaft) (De Gruyter reference).-ISBN 978-3-11-037959-4 : EUR 159.59 [#6379].
Marsilio Ficino, Protegé Cosimos, Pieros und Lorenzos von Medici, gilt als Zentralgestalt des italienischen Renaissance-Platonismus. Mit den Übersetzungen der Dialoge Platons, der Schriften Plotins und des Corpus Hermeticum sowie durch eine theoretische Verknüpfung von antiker Philosophie mit christlicher Religion übte er einen unübersehbar großen Einfluss auf die europäische Wissenschafts- und Geistesgeschichte aus. Im Zentrum seines Theorie-Gebäudes steht ein komplexes Konzept von Magie, dessen Konstruktion bis heute erforscht wird. Es hat dem Band den Titel gegeben, dessen Themen sich Ficinos intellektuellem Horizont entsprechend jedoch in eine Vielzahl weiterer Aspekte ausdifferenzieren. Diese literarisch-künstlerischen, literaturwissenschaftlichen, wissenschaftshistorischen und philosophisch-theologischen Implikationen von Ficinos Schriften werden paradigmatisch und vergleichend behandelt. Zugleich gibt das Programm des Sonderforschungsbereichs „Episteme in Bewegung“ einen analytischen Rahmen vor, mit dem an derzeit übergreifend verfolgte wissenshistorische Neu-Positionierungen angeknüpft werden kann. Es verspricht, sich auf Ficinos Schriften gewinnbringend beziehen zu lassen und zugleich neue Bereiche seines Einflusses zu erschließen. So sind Kontinuität, Verlauf und die mögliche Logik von Transferbewegungen von Wissen genauer abzubilden als durch die bislang zumeist sehr allgemein hypostasierte „europäische Rezeption“ der Arbeiten von Ficino.
2021
Durch eine originell zu nennende Herangehensweise an dieses Untersuchungsgebiet ist es dem Wiener Musikwissenschaftler Juri Giannini gelungen, sich mit seiner 2019 publizierten Dissertation einen ganz eigenen Platz in diesem Ensemble zu sichern. Anders als die meisten erwähnten Autor*innen wählt Giannini nicht die Opernwerke eines einzelnen Komponisten bzw. Librettisten als Gegenstand seiner Ausführungen, noch strebt er eine ausführliche Auflistung und Beschreibung der Herausforderungen und Potenziale der Librettoübersetzung an. Dreh-und Angelpunkt seiner Dissertation, die Erkenntnisse aus der Musikologie, den Translationswissenschaften und den Opera Studies kombiniert, ist mit Hans Swarowsky dagegen eine wichtige Dirigenten-und Übersetzerpersönlichkeit des 20. Jahrhunderts, die über ihre ganze Karriere hinweg Übersetzungen von musikbegleiteten Texten anfertigte und deren Werk und Wirken gegenwärtig auf ein erhöhtes akademisches Interesse stößt (cf.