Baltic archaeology Research Papers - Academia.edu (original) (raw)

Gegenstand der Studie sind Tierknochenreste, die im späten Mittelalter auf dem Markt deponiert wurden. Anhand zahlreicher Spuren von scharfen Werkzeugen sowie von anatomischen und artenbezogenen Analysen konnte festgestellt werden, dass... more

Gegenstand der Studie sind Tierknochenreste, die im späten Mittelalter auf dem Markt deponiert wurden. Anhand zahlreicher Spuren von scharfen Werkzeugen sowie von anatomischen und artenbezogenen Analysen konnte festgestellt werden, dass es sich dabei hauptsächlich um Abfall vom Verzehr handelte. Insgesamt wurden mehr als 4.700 Exemplare in drei Untergruppen untersucht und analysiert, die wie folgt datiert wurden: a) 2. Hälfte des 13. Jh.; b) Anfang des 14. Jh.; c) 14. Jh.; d) 13.-14. Jh.
Die Zucht von Säugetieren, hauptsächlich von Rindern, weniger von Schweinen und Schafen/Ziegen, spielte eine wichtige Rolle bei der Versorgung der Stadt mit tierischen Rohstoffen. Ferner wurden Vögel in die Stadt gebracht, vor allem Hühner, zudem auch Fische und Wild. Letzteres war von untergeordneter Bedeutung. Grundlage für diese Schlussfolgerung ist ein kleinerer Anteil von Wildüberresten als bei den Vögeln. Von jagdbaren Säugetieren wurden am häufigsten Rehe und Hasen, aber auch Hirsche und Wildschweine verzehrt. Alle Teile der Schlachtkörper wurden auf den Markt gebracht, die wichtigsten darunter waren zweifellos die Rippen, die in mehrere Stücke geschnitten wurden (durchschnittlich etwa 85 mm lang im 13. Jh. und 76 mm lang im 14. Jh.). Spuren von Schlachterarbeiten, einschließlich des Zerlegens, konnten an Knochen aus verschiedenen topographischen Teilen des Skeletts aufgezeichnet werden. Bei allen Funden wurden die meisten Metzgerwerkzeug-Negative, die beim Schneiden/Zerhacken entstanden, an Knochen von Rindern gefunden, vor allem an Rippen, Mittelhand- und Mittelfußknochen. Zwei Gruppen von Rindern mit voll ausgewachsenen Schlachtkörpern wurden in die Stadt geleitet,
wovon die erste Gruppe etwas jünger war (ca. 2 Jahre). Das Fleisch von solchen Tieren hatte andere Eigenschaften als das der älteren Gruppe, deren Tiere etwa 3,5-5 Jahre lang gehalten wurden. Auch die jüngste Klasse, die Kälber, kamen in die Stadt, aber ihre Anzahl war definitiv geringer als die
von aufgezogenen Tieren. Die Qualität des verzehrten Schweinefleischs war unterschiedlich. Einerseits wurden viele relativ junge Exemplare, die nicht älter als 10 Monate waren, andererseits auch ältere Tiere, d. h. im Alter von etwa eineinhalb Jahr und zwei Jahren, geschlachtet. Viel seltener konsumierte
man Jungtiere, die nur wenige Wochen lebten. Bei Wiederkäuern wurde vermutlich Fleisch von jungen, aufgezogenen und voll ausgewachsenen Tieren geschätzt. Pferde wiederum wurden als Transport- oder landwirtschafliche Zugtiere eingesetzt. Von großer Bedeutung waren Rinder, daher fand man in den untersuchten Materialien Knochen von Kastraten sowie pathologische Veränderungen an Knochen, die bei Nutztieren (auch Kühen) entstehen.
Knochen und Hornscheiden waren äußerst wichtige Rohstoffe. Bei den ersteren spielten die Mittelhand- und Mittelfußknochen von Rindern sowie von Pferden eine große Rolle. Die gefundenen Rosenstöcke von Rindern und Ziegen, die als Abfälle von der Gewinnung von Hornscheide eingestuft wurden, weisen auf die große Bedeutung dieses Rohstoffs für die Herstellung von Gegenständen hin. Im Untersuchungszeitraum wurden Katzen immer beliebter. Es ist nicht auszuschließen, dass
von diesen Tieren das Fell abgezogen wurde. Darauf deuten jedenfalls Spuren von scharfen Werkzeugen
auf einem der gefundenen Schädel.
Die untersuchten Tierreste und die vorgelegten Forschungsergebnisse erlaubten es Beobachtungen
zu machen, die die Bedeutung der Fauna für die Entwicklung der spätmittelalterlichen Stadt Stargard
besser erklären. Gegenwärtig ist Stargard die einzige Stadt in diesem Teil Vorpommerns, für die so viele
archäozoologische Daten für das späte Mittelalter gewonnen werden konnten.