Late Antiquity Research Papers - Academia.edu (original) (raw)
Sidonius C. Sollius Apollinaris Sidonius, Die Briefe. Eingeleitet, übersetzt und erläutert von Helga Köhler, Stuttgart: Hiersemann 2014, XXXVII + 355 pp., ISBN 978-3-7772-1414-6, € 224 (hb). Die Briefe des Apollinaris Sidonius sind seit... more
Sidonius C. Sollius Apollinaris Sidonius, Die Briefe. Eingeleitet, übersetzt und erläutert von Helga Köhler, Stuttgart: Hiersemann 2014, XXXVII + 355 pp., ISBN 978-3-7772-1414-6, € 224 (hb). Die Briefe des Apollinaris Sidonius sind seit eh und je eine erstrangige Quelle für das Gallien des fünften Jahrhunderts und haben bis in den Humanismus hinein die europäische Literatur entscheidend beeinflusst. Als prototypi-sche Mischgestalt aus Aristokrat und Seelenhirt, römischem Präfekt und Bischof von Clermont, Hofpoet und liturgischem Autor ist Sidonius wesent-lich für unser Verständnis des spätantiken Christentums. Helga Köhler (K.) stellt ihn nun erstmals in einer mustergültigen Übersetzung seiner ganzen Korrespondenz dem deutschsprachigen Publikum vor. Dank ihrem wegwei-senden Kommentarband zum ersten Buch der Korrespondenz (Heidelberg 1995) ist K. eine der Urheberinnen der heutigen Sidonius-Renaissance. Das Buch enthält, neben der Übersetzung, eine Einleitung, eine Auswahl-Bibliographie und ein Namen-und Sachregister. Die Einleitung ist eine gekonnte, äußerst zugängliche Zusammenfassung unserer Kenntnis auf dem heutigen Stand der Wissenschaft. Binnen dreißig Seiten wird der Leser infor-miert über den Autor, seine Briefkunst und sein Nachleben. Zudem legt K. Rechenschaft ab über die Entscheidungen, die sie bei der Übersetzung getroffen hat. Einige, für die Übersetzung wichtige Aspekte möchte ich hier hervorheben. Die Sammlung von 147 Briefen in neun Büchern würdigt K. zu Recht als mehr als ein historisches Dokument, nämlich als ein sorgfältig angeleg-tes Gesamtkunstwerk aus Prosa und poetischen Einlagen, das Politik und Privatleben, Weltliches und Geistiges verbindet zu einem Kaleidoskop wech-selnder Stimmungen. Form und Sprache der Briefe stehen dabei stets gleich-rangig neben ihrem Informationsgehalt. Dem Stil des Sidonius gerecht zu werden war Hauptaufgabe dieser Über-setzung. Die sehr langen Perioden, die alle denkbaren Stil-und Gedankenfi-guren häufen, überforderten schon nachweisbar manche Zeitgenossen. K. hat sich für die weitestmögliche Nachbildung des Originals entschlossen, da die deutsche Syntax ja die Möglichkeit zu Schachtelsätzen bietet. Das Ergebnis ist eine vornehme, zuweilen leicht altertümliche, aber immer kristallklare Über-setzung. Die erfindungsreiche Wortwahl und der präzise Aufbau steuern den langen Atem, den der Leser braucht. Die Übersetzung wäre besonders dazu geeignet, vorgetragen zu werden. Bemerkenswert sind die poetischen Einla-gen, die K. virtuos gemäß der ursprünglichen Metren übersetzt.