Pre-Roman Iron Age Research Papers (original) (raw)
Gegenstand vorliegender Arbeit ist der Versuch, in neuer Weise den Wandel, zu dem es am Ende des 1. vorchristlichen und zu Beginn des 1. nachchristlichen Jahrhunderts im uns interessierenden Gebiet kam, zu betrachten und zu... more
Gegenstand vorliegender Arbeit ist der Versuch, in neuer Weise den Wandel, zu dem es am Ende des 1. vorchristlichen und zu Beginn des 1. nachchristlichen Jahrhunderts im uns interessierenden Gebiet kam, zu betrachten und zu interpretieren. Es handelt sich folglich um einen breiteren Horizont als nur die Phase, während der das Marbod-Reich bestand. Eine sehr wichtige Rolle spielen dabei Funde aus dem Gebiet an der Nida, vor allem von den durch den Verfasser geführten Grabungen bei Pełczyska. Hier befindet sich ein großes und reiches Siedlungsensemble, welches Fundplätze vom Neolithikum bis zum Frühmittelalter umfasst. Zur riesigen Fundmasse als Zeugnis außergewöhnlicher vor- und frühgeschichtlicher Siedlungsaktivität gehört auch eine umfangreiche Artefaktsammlung aus der uns interessierenden Phase. Dieses Material spiegelt hervorragend die komplizierten Besied- lungs- und Kulturveränderungen wider, welche in Kleinpolen zu jener Zeit vonstatten gingen, füllt in bedeutender Weise Wissenslücken und wirft neues Licht auf eine Reihe von Problemen. Die Funde von Pełczyska demonstrieren, wie unzureichend unsere Quellenbasis ist, auf der wir die komplizierte Thematik angehen. Hier werden nämlich die Probleme von Migrationen, von kulturellen und ethni- schen Differenzierungen sowie vielschichtige Fragen überregionaler Bedeutung berührt, alles von dynamischen, kurzfristig ablaufenden Umgestaltungen betroffen. Doch sind die Quellengrundla- gen dazu sehr bescheiden. Dies betrifft unter anderem das wenig umfangreiche Metallmaterial vonSiedlungen, was – nach Meinung des Verfassers – vor allem auf die hauptsächlich in den fünfziger und sechziger Jahren, zum Teil auch noch später, angewandte Grabungsmethodik zurückzuführen ist. Dies betrifft nicht nur Kleinpolen, aber Symbol dessen wurde das vor kurzem entdeckte, keltische, überregional bedeutsame Handwerks- und Handelszentrum vom Typ Roseldorf-Němčice auf dem Gelände einer in dieser Zeit untersuchten Siedlung bei Nowa Cerekwia, pow. Głubczyce, woj. opolskie. Ein weiteres Problem ist das Fehlen von Gräberfeldern der vorrömischen Eisenzeit, erklärbar nur mit spezifischen Bestattungssitten der Kelten seit der jüngeren Phase der Mittellatènezeit. Das nahezu völlige Fehlen auch von Gräberfeldern der Träger der Przeworsk-Kultur wird traditionell mit der Übernahme keltischer Sitten erklärt. Neue Funde, darunter von Pełczyska, scheinen anzudeuten, dass diese Deutung in Gänze oder zu großen Teilen falsch ist. Die Gründe für das genannte Phänomen sind offenbar viel prosaischer. Aus ökologischer Sicht gehört das uns interessierende Gebiet zu den degradiertesten ganz Polens. Durch Charakter und Umfang negativer Umformungen führte die Anthropopression die Landschaft in einen katastrophalen Zustand. In Konsequenz dessen wurden archäologische Fundplätze in unvorstellbarer Weise gestört. Die Entdeckungen auf den Fundplätzen bei Pełczyska, besonders den sepulkralen, waren durch glücklichen Zufall und dank der angewandten Untersuchungsmethoden möglich. Dadurch verdop- pelte sich innerhalb weniger Jahre die Zahl donauländischer Importe der Phasen LT D2 – B1a. Von weitreichenden, vorher unbekannten Kontakten der ansässigen Bevölkerung zeugt eine Reihe von Neufunden. Dieses Beispiel zeigt eine einsetzende, weitreichende Neubewertung des Charakters und der Rolle Kleinpolens bei den breit verstandenen Kontakten zwischen Caput Adriae und den Gebieten an der Ostsee an der Wende von der vorrömischen Eisen- zur römischen Kaiserzeit. Dies betrifft auch die Frage seines Verhältnisses zum Marbod-Reich, die in der Fachliteratur im Grunde noch überhaupt nicht gestellt worden ist.