Baumgartner, Hieronymus - Deutsche Biographie (original) (raw)

V Gabriel Baumgartner (1449–1507), seit 1478 ordentlicher Professor in Ingolstadt, seit 1498 Ratskonsulent in Nürnberg;
MDorothea († 1510), T des Caspar Stengel aus Ingolstadt;
GvvKonrad Baumgartner (der Jüngere, 1406–57), Kaufherr;
GmvKunigunde, T des Caspar Haller aus Bamberg und der Gruber;
⚭ 23.1.1526 Sibilla (ca. 1510–66), T des Bernhard Dichtel aus München, herzoglich bayerischer Beamter, und der Barbara von der Rosen;
1 S, 6 T.

B. bezog, nachdem er 5 Jahre lang in Ingolstadt u. a. bei dem Humanisten J. Locher (Philomusus) ausgebildet worden war, 1518 - nach kurzem Besuch der Hohen Schule in Leipzig - die Universität Wittenberg, um sich dem Studium der Philosophie, Mathematik und Rechtswissenschaft sowie der Alten Sprachen zu widmen. Nach einer Begegnung mit Melanchthon und Luther wurde er überzeugter Anhänger des neuen Glaubens, den er nach der Rückkehr in seine Vaterstadt eifrig förderte. So nahm er als junger Ratsherr 1525 am Nürnberger Religionsgespräch teil, war bei der Kirchenvisitation 1528 sowie bei der Einführung der Reformation in den pfalzneuburgischen Pfandämtern Heideck, Hilpoltstein und Allersberg (1542) führend tätig. 1533 wurde ihm als erstem Kirchenpfleger die Leitung des gesamten Kirchen- und Schulwesens anvertraut. Neben Lazarus Spengler war er die treibende Kraft zur Gründung der „Oberen Schule“, des späteren Melanchthongymnasiums (1526) und legte 1538, zusammen mit Erasmus Ebner, den Grund zur Neuorganisation der Stadtbibliothek, die später durch seine eigene Büchersammlung vermehrt wurde. Die einflußreichsten reichsstädtischen Ämter wurden ihm zuteil, und der Rat betraute ihn mit wichtigen diplomatischen Sendungen, u. a. auf den Reichstagen zu Speyer 1529, Augsburg 1530 und in Schmalkalden 1536. Auf der Rückreise vom Speyerer Reichstag 1544 geriet er bei Sinsheim/Elsenz in die Gefangenschaft des Ritters Albrecht von Rosenberg und wurde erst nach 14 Monaten gegen hohes Lösegeld freigelassen. B.s Eintreten für die neue Lehre und seine humanistisch geprägte Bildung kamen am eindringlichsten zum Ausdruck in seinem vertrauten Umgang und Briefwechsel mit den Reformatoren und den führenden in- und ausländischen Gelehrten seiner Zeit, die ihn mit vielen Dedikationen ehrten.

Eigenhändiger Ber. üb. seine Gefangennahme v. J. 1544 (Bibl. d. German. Mus. Nürnberg), hrsg. v.H. W. Caselmann, in: Jber. d. Hist. Ver. v. Mittelfranken 33, 1865, S. 103 ff.

ADB II (unter Baumgärtner); G. E. Waldau, Lebensgesch. d. ersten Kirchenpflegers z. Nürnberg, in: Neue Btrr. z. Gesch. d. Stadt Nürnberg I, Nürnberg 1770, S. 233 ff., 297 ff. (P); ders., Joachimi Camerarii de vita H. B. narratio, ebenda 1785; Ph. Melanchthonis Opera, hrsg. v.K. G. Bretschneider, I ff., 1834 ff., = Corpus Reformatorum (Briefe Melanchthons an H. B.; vgl. bes. Index Bd. 28);
E. van Hout, Zum Briefwechsel d. älteren H. B., = Gymnasial-Progr. Bonn 1877;
N. Müller, Btr. z. Briefwechsel d. älteren H. B. u. seiner Familie, in: Mitt. d. hist. Ver. Nürnberg 10, 1893, S. 241 ff.;
O. Albrecht u. P. Flemming. Das sog. Manuscriptum Thomasianum, in: Archiv f. Ref.-Gesch. 12, 1915, 13, 1916 (Briefe v. u. an H. B.); H. Steiger, Das Melanchthongymnasium, 1926;
A. Engelhardt, Die Ref. in Nürnberg, in: Mitt. d. Hist. Ver. Nürnberg 33, 1936, 34, 1937, 36, 1939;
P. Meinhold, Die Genesisvorlesung Luthers u. ihre Hrsgg., 1936, S. 36 ff., 437 ff.;
K. Schornbaum, Zum Briefwechsel Ph. Melanchthons, in: Ztschr. f. bayer. Kirchengesch. 13, 1938, S. 102 ff.;
ders., Zum Briefwechsel V. Dietrichs, in: Mitt. d. hist. Ver. Nürnberg 38, 1941, S. 189 ff. (L).

Verschiedene Medaillen v. J. Deschler, 1553 (u. a. German. Mus. Nürnberg, Münzslg. K 580 [Silber], Wittenberg Lutherhalle), Abb. in: G. Habich, Die dt. Schaumünzen d. 16. Jh.s I/2, 1931;
Kupf. v. J. Pfann mit Darst. d. Gefangennahme (u. a. Staatsarchiv, Stadtbibl., German. Mus. Nürnberg, Dresden);
Kupf. v. unbek. Künstler, 1564 (u. a. Stadtbibl. Nürnberg);
Radierung d. Gefangennahme v. M. Zündt (German. Mus. Nürnberg, Kupf.-Kab,).

zum Gesamtartikel:F. H. Hofmann, Die Donatoren auf Dürers P.-Altar (mit Stammwappen), in: Die christl. Kunst I, 1905, S. 169 ff., 205 ff.;
-
W. Krag, Die P. v. Nürnberg u. Augsburg (L. Waren- u. Handelszeichen), = Schwäb. Gesch.qu. u. F I, 1919; E. H. Kneschke, Neues allg. dt. Adelslex. I, 1929;
K. O. Müller, Welthandelsbräuche 1480-1540 (mit Waren- u. Handelszeichen), Aufzeichnungen d. B.schen Handelsstube, = Dt. Handelsakten d. MA u. d. Neuzeit V, 1934;
J. Strieder, Zur Genesis d. modernen Kapitalismus, ²1935, bearb. v. F. Frhr. Karaisl v. Karais (mitTabellen d. Vermögensentwicklung d. B. v. 1479 bis 1540);
G. Frhr. v. Pölnitz, Jakob Fugger I, 1949, II, 1951;
Schottenloher II, 1935; G. Wolff, Bücherkde. d. fränk. Gesch. II, 1939, Sp. 306 f. (P-Ausgaben);
- Qu.: Hauptstaatsarchiv München (bes. Familienkodex d. H. B. d. J.);
Staatsarchiv Nürnberg (bes. z. Geneal.); Frhr. v. Stromer’sches Archiv, Schloß Grünsberg b. Altdorf; Fürstl. Waldburg-Zeil’sches Archiv (u. a. Usancenbücher, Großteil d. B.schen Archivalien), hierzu: R. Rauh, Systemat. Übersicht über d. Bestände d. Fürstlich v. Waldburg-Zeil’schen Ges.archivs in Schloß Zeil vor 1806, Würrt. Archivinventare 24, 1953.

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Puchner, Otto, "Baumgartner, Hieronymus" in: Neue Deutsche Biographie 1 (1953), S. 664-665 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116067128.html#ndbcontent
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