Stadtbezirk 6 - Lichtenbroich, Unterrath, Rath, Mörsenbroich (original) (raw)

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Vom Waidwerk zum Mannesmannröhrenwerk

Schon als die Grafen von Berg im 12. Jahrhundert von hoher Warte ihre Blicke besitzergreifend zum Rhein schweifen ließen, fiel ihnen ein schönes großes Waldstück auf. "Als Aufenthalt zu frischem, fröhlichem Waidwerk war Rath den Herrschern besonders liebt und wert", erzählt Friedrich Lau in seiner Düsseldorfer Stadtgeschichte (1921).

Die Erforschung der Rather Geschichte wird erschwert durch die Namensgleichheit mit anderen Orten dem Umgebung, die ebenfalls auf Rodungen von Wäldern entstanden sind. Von seiner jahrtausendealten Vergangenheit zeugt jedoch nicht nur ein anderthalb Meter langer Mammut-Stoßzahn, den man in einer Unterrather Ziegelei fand und der jetzt im Löbbecke-Museum bestaunt werden kann, sondern auch Steinbeile aus der Jungsteinzeit und Scherben aus der Zeit vor 1000 v. Chr. Weitere Ausgrabungen weisen darauf hin, daß es schon um 500 n. Chr. eine Siedlung in Rath gegeben haben muß. Der Aaper Wald wird bereits 1140 erwähnt. Die Honschaft Rath findet man im Jahre 1375 als "Roede under dem Aype" in den Urkunden. Aype oder Aape bezeichnet einen wasserreichen Wald.

Die ersten Siedler waren Rodebauern. Ihre Bauplätze und Äcker mußten sie mühsam aus dichten Waldungen schlagen. Wenn die Heimatdichter schwärmen: "Wie wor et schön em alde Roth", so meinen sie das heutige Unterrath. Hier, wo früher der Rather Königshof stand, umgeben von den von Steuer und Frondiensten entbundenen "freien Höfen", und wo heute noch die Kirche "Maria unter dem Kreuz" das Ortsbild bestimmt, war der Kern der ehemaligen Honschaft Rath. Als dann 1891 ein Bahnhof gebaut wurde, gab es im heutigen Oberrath schon die Bahnstation Rath. Zum Unterschied bekam der neue Bahnhof - und damit der alte Stadtteil - den Namen Unterrath.

Die Honschaft Rath gehörte zu Beginn des 19. Jahrhunderts zur Bürgermeisterei Eckamp, aus der sie 1899 wieder ausgegliedert wurde. Das wieder selbständige Rath ließ sich dann - auf eigenen Wunsch - 1909 mit Unterrath und Lichtenbroich nach Düsseldorf eingemeinden.

Rather Geschichte und Brauchtum präsentieren sich heute sprudelnd und plätschernd: Urige Abbilder von Schützen und Schinkenklopfern, Rodebauern und Industriearbeitern, Kartäusermönchen und Martinssingern speien Wasserstrahlen in einen Folklore-Brunnen am Klosterhof in Unterrath. Auch das ehemals blutige Spiel des Hahneköppens ist in Bronze gegossen. Heute wird in Unterrath wie anderswo um die Schützenkönigsehre geschossen. Doch der Name Hahnekirmes blieb für das letzte und beliebte Schützenfest im September des Düsseldorfer Schützenjahres.

Noch bis zur Jahrhundertwende waren Rath, Unterrath und ihr Umland geprägt von Landwirtschaft und Ziegeleien. Doch ab 1897 prägten nicht mehr Hand- und Waidwerk, sondern das nach Rath verlegte Mannesmann-Röhrenwerk Rath. Nicht ganz so nahtlos wie dessen Röhren aber unaufhaltsam vollzog sich der Wandel zu einem Industrie- und Gewerbe-Vorort, der sich dennoch seine idyllischen Fleckchen bewahrt hat. Die Rather loben den Wohnwert ihrer Siedlungen nicht öffentlich, sie plaudern darüber lieber unter sich, in gepflegter Nachbarschaft.

Als der Rhein sich in früheren Jahrhunderten noch uneingedämmt "sein Bett selbst machen" durfte, sorgte er mit einem starken Flußarm am Fuße des Waldes immer wieder für Überschwemmungen. So entstanden die versumpften Flecken Mörsenbroich, Ratherbroich und Lichtenbroich. Die Mörsenbroicher wurden deshalb auch oft scherzhaft "Frösche" genannt. Straßennamen wie "Im Dämmergrund" und "Heideweg" künden von ihrem Lebensraum.

Bis ins 19. Jahrhundert hinein bleibt Mörsenbroich ein kleines Dörfchen. Es wuchs mit der Industrialisierung, wurde jedoch im letzten Krieg, bedingt durch seine strategische Lage in unmittelbarer Nachbarschaft zur Kaserne und umgeben von Bahngleisen fast völlig zerstört. Der Wiederaufbau wandelte das Bild des Stadtteils. Gärtnereien, Gemüseanbauflächen und Pferdekoppeln verschwanden nun vollends, Wohnblocks wuchsen. Mörsenbroich ist heute ein Wohnbezirk zwischen Rath, Derendorf und Düsseltal mit unterschiedlichster Struktur - vom Städtischen Wohnheim bis zur Luxus-Villa.

Zwischen Alt-Rath und Lichtenbroich ist von Industrie- und Siedlungsgelände keine Spur, schilderte ein Heimatfreund einen Spaziergang im Frühjahr 1910, auf dem er noch einen Rehbock im nahen Eichenforst verschwinden sah. Der Sumpfwald wucherte hier früher mehr licht als dicht. Darauf wird der Name Lichtenbroich zurückgeführt, der 1193 erstmals in Urkunden auftaucht. "Letbrok" sagen die Rather in ihrem Platt. Auch hier, in Düsseldorfs nördlichstem Zipfel wuchsen auf freiem Feld die Wohnblocks nach dem Kriege. Vertriebene aus Pommern, Ost- und Westpreußen fanden hier ein neues Zuhause. Weltbekannt wurde der Stadtbezirk um Rath ohne Zweifel durch Mannesmann. Düsseldorf konnte sich mit dem Attribut "Röhrenstadt" schmücken. Die Stadtteile am Kittelbach entwickelten sich zu einem typischen Arbeitnehmer-Bezirk, dessen politische Vertreter heute darauf achten, dass seine Bürger bei kommunalen Planungen nicht "in die Röhre gucken", sondern auch noch in's Grüne.