Anne Wills Abschied: Danke für 16 Jahre Aufklärung (original) (raw)
Sie lag bis zum Schluss vorn: Anne Will in ihrer letzten Sendung Anfang Dezember.
3,35 Millionen Zuschauer haben sich den Abschied von Anne Will in ihrer Talkshow im Ersten am Sonntagabend angesehen. Als Maßstab für den „Erfolg“ der Sendung muss man das nicht heranziehen, auch wenn der produzierende NDR in der Pressemitteilung zum Abschied der Talkmasterin hervorhob, wie „reichweitenstark“ ihre Sendung doch war.
3,35 Millionen indes ist nicht viel, dem Anlass nicht angemessen und insofern vielsagend, als den vor dem Talk laufenden „Tatort“ aus Köln 9,34 Millionen Menschen gesehen haben. Danach waren sechs Millionen nicht mehr dabei.
Das spricht für die allseits beschworene Politik- und Krisenmüdigkeit, die bei manchen vielleicht schon aufkommt, wenn sie den Titel von Anne Wills letzter Sendung lesen: „Die Welt in Unordnung – Ist Deutschland den Herausforderungen gewachsen?“ Mit der Frage sollte sich jeder befassen und zum Beispiel hören und sehen, wie Minister Robert Habeck – in dieser Rolle ist er in der Bundesregierung herausragend – darum ringt, „die Wirklichkeit hereinzuholen“ und zu erklären, dass es in der deutschen Politik nicht wie in den vergangenen 18 Jahren weitergehen kann.
In diesen Jahren hieß es mit der Altkanzlerin Angela Merkel und ihrem Nachfolger Olaf Scholz immer wieder: „Augen zu und durch“ oder in Merkeldeutsch: „Wir schaffen das.“ Damit hat sich Anne Will in ihrer Talkshow mitunter auch abgefunden.
Sie ist damit nicht allein, und sie wurde, nach einer Zwischenphase, in der man den Eindruck gewinnen konnte, sie habe die Lust an der Debatte verloren, zuletzt immer besser. Danke für 16 Jahre Aufklärung. Sie sei stilprägend gewesen, sagt Robert Habeck in Wills letzter Sendung. Nehmen wir diese als Blaupause, würden wir sagen: In dem Sinn kann Caren Miosga als Wills Nachfolgerin fortfahren.