Ingeborg Bachmanns und Max Frischs Briefwechsel (original) (raw)

Als alles schon in Scherben liegt, aber zumindest bevor auch die noch zertreten werden sollten, schreibt Ingeborg Bachmann an Max Frisch: „Sonst hoffe ich . . ., dass nie etwas an einen anderen Menschen kommen wird, auch nicht an den Dir vertrautesten –, ich meine, dass dieser ganze Komplex, den ich nicht näher zu bezeichnen brauche, für immer in Deinem und meinem Schweigen aufgehoben ist.“ Der Brief mit der als Hoffnung kaschierten Forderung an den verflossenen Liebhaber stammt vom 3. Mai 1963; vier Jahre und acht Monate zuvor, am 3. Juli 1958 – so viel Genauigkeit muss sein, weil das Datum eine wichtige Rolle in Bachmanns Werk spielen wird – war aus den beiden ein Paar geworden, in Paris, auf für sie und ihn gleichermaßen fremdem Terrain. Sie selbst waren einander damals auch noch fremd – es war nach Jahren wechselseitiger literarischer Bewunderung ihre erste persönliche Be­gegnung. Trotzdem scheint Bachmann von Frisch sofort eine Entscheidung zur Liebe verlangt zu haben, denn drei Tage später schreibt er ihr: „Du trittst in mein Leben, Ingeborg, wie ein langerwarteter Engel, der da fragt Ja oder Nein.“