Glosse Feuilleton: Geschichte ist gut, Filme sind besser (original) (raw)

Das Jahrhundert des Kinos auf sieben DVDs, das ist erst einmal ein gewaltiges Projekt, welches das British Film Institute zum hundertsten Geburtstag des Kinos 1995 angestoßen hat. Sechzehn nationale Kinematographien, fünfzehn Regisseure (weil der Italiener Bernardo Bertolucci damals so mit "Stealing Beauty" beschäftigt war, daß Scorsese aus Little Italy für ihn eingesprungen ist). Da fehlt natürlich erst einmal nichts, sondern es gilt den Reichtum der Perspektiven zu bewundern, die sich aus der Eigenwilligkeit der Regisseure ergeben, die sich natürlich weder auf Tonfall noch Herangehensweise festlegen lassen. Und die Liste ist ja tatsächlich beachtlich: von Scorsese bis Godard, von Nagisa Oshima bis Mrinal Sen, von Stephen Frears bis Edgar Reitz, von Stanley Kwan bis zu dem Schauspieler Sam Neill. Daß auf dieser Weltkarte des Kinos mancher weiße Fleck bleibt, liegt in der Natur des Unterfangens. Man könnte allerdings sagen, daß das spanische Kino eher einen Beitrag verdient hätte als das irische. Aber der Mut zur Lücke ist Programm - genau deshalb hat man ja Regisseure verpflichtet. Beim Sehen wird man jedoch schnell damit konfrontiert, daß viele Filme, die angesprochen werden, nicht auf DVD verfügbar sind und noch Jahre vergehen werden, bis das Medium seine Geschichte aufgearbeitet haben wird. Und gerade die geographische Einteilung läßt natürlich manchmal von einem Folgeprojekt träumen, das andere Schnitte durchs Reich des Kinos wagen könnte, nach Figuren, Motiven, Genres fragt oder auf eine Art und Weise das Ganze ins Auge faßt wie Godard in seinen "Histoire(s) du cinema", die leider noch nicht auf DVD vorliegen. Aber Godard wäre fast schon ein eigenes Kapitel des Weltkinos wert. malt