Österreichs FPÖ-ÖVP-Verhandlungen: Kickl kompromisslos (original) (raw)
Herbert Kickl am Mittwoch
Es war von Anfang an ein heikles Unterfangen, sich auf Koalitionsverhandlungen mit der rechten FPÖ unter Herbert Kickl einzulassen. Kickl ist genau jener Mann, vor dem die konservative ÖVP im Wahlkampf noch in aller Dringlichkeit gewarnt hatte – und mit dem der damalige ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer eine Zusammenarbeit strikt ausschloss.
Kickl ging es um den fundamentalen Umbau des Staates
Dennoch war es angesichts der verfahrenen Lage in Österreich richtig, diesen schwierigen Schritt zu gehen – genauso richtig, wie es nun war, die Reißleine zu ziehen.
Denn Kickl hat in den Gesprächen genau jenen Wesenszug offenbart, vor dem seine Gegner mit gutem Grund warnen: seine radikale Kompromisslosigkeit. Schon als Innenminister hatte er einst reichlich Belege für die Bereitschaft geliefert, seine eigenen Interessen mit aller Macht durchzudrücken. Im Wahlkampf setzte er auf maximale Zuspitzung. Dass er in den Koalitionsverhandlungen dann alle zentralen Schaltstellen der Macht für seine Partei beanspruchte und davon nicht abrücken wollte, musste Beweis genug sein, dass es Kickl offenbar nicht nur um das Wiener Kanzleramt ging, sondern um den fundamentalen Umbau des österreichischen Staates.
Wer wird es der ÖVP danken?
Dieser Punkt war und ist für die ÖVP (neben vielen inhaltlichen Differenzen) eine rote Linie. Hier musste sie hart bleiben und staatspolitische Verantwortung zeigen. Kickl glaubte offenbar, das Maximum durchsetzen zu können – oder er legte es, berauscht von dem Höhenflug seiner FPÖ in den Umfragen, auf ein Scheitern der Verhandlungen und Neuwahlen an.
Die ÖVP ist nun in einer unangenehmen Lage. Erst laugten die zähen Verhandlungen mit SPÖ und Neos die Partei aus, dann verprellte sie mit der Hinwendung nach rechts Wähler der Mitte. Nun versucht die FPÖ gar mit aller Kraft, das Verhandlungsende gegen die Konservativen zu wenden, als wären die Gespräche daran gescheitert, dass die ÖVP wie eh und je nur auf Ministerposten aus war. Beim Ringen um das Innenministerium ging es um die Frage, wer den Staat vor radikalen Kräften schützen kann.
Für Neuwahlen ist die Ausgangsposition der ÖVP nun reichlich schlecht, zumal ihr personell ein Zugpferd fehlt. Ihr bleibt die Hoffnung, dass es mancher Wähler danken wird, dass sie im richtigen Moment Rückgrat gezeigt hat.