Mieschflue (Premiere) und Stockhorn (Judengasse) [hikr.org] (original) (raw)
Bei meinen verschiedenen Besuchen auf dem Stockhorn ist mir die Mieschflue aufgefallen, das verwachsene Felsriff direkt neben der Mittelstation Chrindi. Begehungsnachweise auf den einschlägigen Portalen liessen sich keine finden, was mich stutzig machte. Immerhin, Maurice Brandt erwähnt in seinem Clubführer von 1981 gar zwei Routen und aus der Distanz erscheint das Gelände eigentlich wie gemacht für T6-Enthusiasten wie mich. Den Abschluss findet meine heutige Runde um den Oberstockensee standesgemäss auf dem Stockhorn, und zwar mit Aufstieg von Norden über die Judengasse; danke Zaza für den Hinweis auf diese herrliche Führe.
Um halb neun geht's los von der Mittelstation Chrindi (1636m). Zeit zum Einlaufen bleibt für einmal keine, denn bereits nach circa 200 Metern dem Seerundweg folgend stehe ich beim Einstieg (direkt bei der Spielstation mit der Hängebrücke). Die schlechte Nachricht zuerst: Das Gelände präsentiert sich von unten äusserst unübersichtlich, ich bin bereits auf heikle Versteiger programmiert. Aber irgendwie fügt sich im Verlauf des Aufstiegs alles logisch zusammen. Entscheidend ist, dass man (wo denn möglich) dem markanten Karstband folgt und Ausflüge in die benachbarte Steilvegetation meidet. Statt Kampf durchs Dickicht entpuppt sich der Aufstieg über griffigen Fels bis zum Ostgrat als technisch gutmütig (obere T5 im Idealfall) und Genuss pur. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Oben erklettere ich anspruchsvoll das Felsriff des Ostgrats: leider Sackgasse. Rückzug und stattdessen über eine grüne Rampe auf der Nordseite nochmals zum Grat hoch. Ab dort folge ich ihm mehr oder weniger direkt mit nur kleinräumigen Umgehungen auf beide Seiten. Der mediterrane Bewuchs ist teils recht dicht, stellenweise helfen gute Wildspuren. Die Mieschflue (1841m), ein kleines Fesplateau, ist hingegen gänzlich frei.
Es folgt der Abstieg über den im oberen Bereich sehr steilen Westgrat. Oberhalb der Schlüsselstelle (T6/II) hängt eine Schlinge, welche ich nicht benötige, die Reepschnur bleibt den ganzen Tag im Rucksack. Bald legt sich der Grat fast horizontal zurück und eine Wildspur hilft durch den Bewuchs und unweit von P. 1762 erreiche ich wieder den Wanderweg. Nach wenigen Metern verlasse ich ihn bereits wieder, um in direkter Linie das Cheibenhorn (1952m) zu gewinnen. Wer wie ich zu faul ist, das abschliessende kleine Gipfelwändchen westseitig zu umgehen, darf nochmals T6en.
Nun folgt eine längere Passage des Genusswanderns ohne technische Schwierigkeiten: Abstieg über den Wanderweg nach Vorderstocken und wieder rauf zur Stockeflue (1949m). Anschliessend folge ich durchgehend dem Kamm übers Pfaffli (1949m) bis zum Sattelspitz (1957m). Die Schwierigkeiten bleiben auch im Folgenden gering, doch die Vegetation schlägt zurück bei der Traverse über den Gugeni (1861m), bis ich schliesslich beim Sättelchen P. 1682 wieder das Wegnetz erreiche. Man verliert nun einige Höhenmeter, bevor man übers Bättelwägli die Walalp und die Baachegg (1804m) gewinnt.
Mittlerweile haben sich Quellwolken breit gemacht und nur sporadisch kann ich die Judengasse einsehen, mein Zugang zur Südseite des Stockhorns. Viel schneller und einfacher ginge das natürlich über den Normalweg hoch zum Strüssligrat. Es wartet ein weiterer Gegenabstieg bis ca. 1610m und so werden auf dieser Rundtour trotz hohem Ausgangspunkt gegen 1600Hm zusammenkommen. Dort verlasse ich den Wanderweg und steuere in relativ direkter Linie die Judengasse an. Die Sicht müsste schon sehr schlecht sein, um die markante Grasrampe zu verpassen. Die gute Nachricht: Meist ist so was wie eine Wegspur erkennbar. Die erste Steilstufe wird
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überwunden, auf keinen Fall rechts versuchen... Wieso ich das weiss? Weil ich es probiert habe, eine Anweisung im Führer offenbar falsch verstehend. Generell ist das Grasgelände zwar steil, aber nicht speziell schwierig, im unteren T6-Bereich. Bei Nässe wie heute wird's aber schnell heikel und der Pickel empfehlenswert. Weiter oben auf circa 1800m versperrt eine kleine Felswand den direkten Weiterweg. Man quert ihr entlang anregend nach
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(ausgesetzt, T6), um bei erster Gelegenheit zur Lücke im Stockhorn Ostgrat hochzusteigen. Hier endet die Route.
Man kann dem Grat bei Bedarf noch einige Zeit folgen (T5), um an beliebiger Stelle zum Wanderweg durch den Chummli-Kessel rüberzuqueren. Über die Südflanke und den Normalweg hoch zum Stockhorn (2190m), wo ich es mir auf dem Westgrat - abseits der Touristen - für eine längere Rast bequem mache. Zuvor habe ich einen GIpfelpinkler überrascht, der überhastet am Hosenladen rummontierte... Die Seilbahn bringt mich später knieschonend zurück nach Chrindi und Erlenbach.
Zeiten (kum)
0:45 Mieschflue
1:20 Cheibenhorn
1:50 Stockeflue
2:15 Sattelspitz
3:10 Bachegg
4:45 Stockhorn