Biwaktour Schynige Platte - Wildgärst [hikr.org] (original) (raw)

zweitägige Biwakwanderung im Berner Oberland (mit David&Michi)Tag 0: Anreise

Am 12.8. ging es zunächst mal via Bahn, Bus und Standseilbahn auf den Beatenberg, wo David und Michi aktuell einen Jahreskurs am Seminar für biblische Theologie absolvieren. Mit ein paar ihrer Kollegen lassen wir uns per Seilbahn zum/zur Vorsess schaukeln und fahren mit dem Trottinett runter -- einfach, um es mal gemacht zu haben. Die Trottis sind etwas klapprig, meins hat einen Achter und einen verbogenen Lenker. Trotzdem macht es Spass, wenn man den Bogen raus hat. Mein Lieblings"sport" wird es aber sicher nicht.

Ich wohne im SBT-Männerhaus "Maranatha" in einem geschätzt 6qm kleinen Zimmerchen und esse bei den Studenten mit. Die Übernachtung ist nicht grade günstig zu nennen, eine SAC-Hütte bietet für denselben Preis mehr Essens- und nur geringfügig weniger Schlafkomfort. Gemütlich ist es aber allemal und ich zahle auch für die Privatsphäre.

Alle Wetterdienste sagen 50% Regen voraus, wir packen daher genügend Wasserschutz ein. Abends geniessen wir den noch freien Sternenhimmel und sehen ein paar Sternschnuppen -- die Perseiden sollen in dieser Nacht ihr Maximum haben.

Tag 1: Schynige Platte - Faulhorn - Hagelseeli
16.8km, 1100hm hoch, 660hm runter, Start 11:05 Uhr, Ende 18:31 Uhr (inkl. Pausen)

Morgens fahren wir zunächst mit dem Auto nach Wilderswil und parkieren auf dem Bahnhofsparkplatz. Die Preisliste interpretieren wir so, dass es vermutlich auf 11CHF rauslaufen wird (voller Preis für den ersten Tag und 5 CHF für den angebrochenen zweiten). Von hier aus gehts mit der Schynige-Platte-Bahn hoch auf 1967m. Die Sicht aus dem Waggon ist mässig, es geht mehrheitlich ohne Aussicht durch Wald, der auch in einem deutschen Mittelgebirge stehen könnte... Ein Kalb, das quer auf den Schienen steht und von den Zugbegleitern "entfernt" werden muss, sorgt kurz für Abwechslung. Oberhalb der Station Breitlauenen wird es allerdings offener und wir erhaschen zwischen den Wolken ein paar Blicke aufs Berner Dreigestirn.

Nach dem obligaten Startfoto durch zwei nette Amerikanerinnen und dem kurzfristigen Verlust des Autoschlüssels (den uns die Gruppe ebendieser Amerikanerinnen hinterhertrug: "Is that yours?" -- kurzes Dank-Stossgebet, dass wir den Verlust nicht nach der Wanderung bemerken mussten!) ging es am Loucherhorn vorbei immer dem Panoramaweg folgend auf die schöne, blumenübersäte Hochebene zum Sägistal. Geplant war hier, das Tal bis ans Ende abzuwandern und über die Fulegg zum Faulhorn aufzusteigen. Der Weg über den Gotthard sieht aber schöner aus, so entschliessen wir uns kurzfristig um. Die Landschaft ist wirklich atemberaubend schön, auch das Wechselspiel mit den Wolken ist sehr reizvoll.

Hinter dem Gotthard öffnet sich eine fantastische Sicht auf den (auf der Karte nicht mal benannten) Höhenzug, auf dem der weitere Weg verläuft. Wir machen es uns in den spektakulär ausgewaschenen Kalkfelsen gemütlich und geniessen den Blick auf die unglaublich fein und perfekt parallel geschichteten Felsen. Ein kleiner Pausenschnaps wird auch genossen.

Weiter gehts über das Gasthaus Männdlenen, das uns mit seinen zahlreichen Klimawandel-Plakaten (durchaus korrekt, aber leicht aggressiv anmutend) und den eifrigen Wachhund abschreckt statt einlädt, hoch auf den Höhenzug und in den Wolken weiter zum Faulhorn-Hotel auf 2680m, das wie ein Sammelsurium aus zufällig zusammengewürfelten Häusern auf dem Gipfel thront. Hier werden drei Gipfeli und drei Faulhorn-Kafi vernichtet, um den höchsten Punkt des Tages zu feiern (und etwas gegen die feuchte Kälte zu tun).

Ab hier ist der Weg, vorsichtig formuliert, rollstuhlgängig. Wir treffen im Abstieg sogar auf zwei Biker. Zum Glück können wir die breite Piste bei der Burgihitta gleich wieder verlassen und steigen Richtung Tierwang auf dem kleinen Wanderweg auf, der den Hang weiter oben ohne Höhenverlust quert.

Ab hier sind wir allein. Das Hiendertellti ist vom Berner Tourismus dahingehend wohltuend abgeschottet, dass es kein Gasthaus, Hotel oder sonstwas bietet, die Wege sind auch etwas rauher. Wir geniessen die Einsamkeit und Ruhe und wandern biwakplatzsuchend am Hagelseeli vorbei. Eigentlich war der Plan, bis zum Häxeseeli zu gehen, aber die flachen Schwemmflächen um den Hagelsee sind zu einladend. Schliesslich entschliessen wir uns, noch bis unter P.2403 aufzusteigen und dort das Lager aufzuschlagen. David schläft unter freiem Himmel, Michi hat sein 20EUR-Zelt dabei und ich teste meinen Exped-Poncho auf seine Zelttauglichkeit. Trotz Wettervorhersage hat es den ganzen Tag nicht ein Tröpchen geregnet!

Mit wenigen Ausnahmen verbringen wir den ganzen Abend im Nebel, nur kurz bietet sich ein schöner Blick auf den Sonnenuntergang und den Halbmond über dem Ritzengrätli. Heisser Tee und mehrere Schichten Kleidung helfen eine Weile, schliesslich verkriechen wir uns aber alle in unsere Schlafsäcke. Später nachts wachen wir noch einmal auf und staunen über den absolut klaren Nachthimmel, wieder mit etlichen Sternschnuppen verziert. Einfach wunderschön!

Tag 2: Hagelseeli - Wildgärst - Hagelseeli - First

15.0km, 830hm hoch, 1050hm runter, Start 8:55 Uhr, Ende 15:04 Uhr (inkl. Pausen)

Wir wachen um 6:40 Uhr unter einem klaren, blauen Himmel auf: Es hatte in der Nacht etwa -5°C, alles ist mit gefrorenen Wassertropfen bedeckt. Die Akkus von Handy und Kamera streiken ob der Kälte, das Feuerzeug auch und der Gasbrenner braucht ein paar Minuten, bis er sich gefangen hat. Merke: Elektronische Geräte und Feuerzeuge gehören in den Schlafsack, nicht nebendran! Erstaunlich aber, dass keiner von uns gefroren hat, die Schlafsäcke sind doch ziemlich gut.

Schon bald färben sich am Horizont die höheren Bergspitzen orange, auch an der Grossenegg wandert der gelbe Schimmer immer weiter nach unten. Wir beobachten einige Gemsenherden mit Kitzen, wie sie die senkrecht scheinende Felswand der Grossenegg hochklettern, nicht immer auf dem einfachsten Weg... Schliesslich linst die Sonne exakt in dem Moment über den Grat, als ich Michi beim Morgentee fotografiere, ein einmaliger Moment :)

Wir trocknen, was es zu trocknen gibt, packen unsere Sachen und gönnen uns ein Frühstück auf P.2403 in der Morgensonne. Dann gehts wieder los Richtung Wildgärst. Wir kommen am Häxeseeli vorbei, wo wir die Trinkwasservorräte auffüllen (es gibt im ganzen Tal auch immer wieder fliessend Wasser), begutachten beim Aufstieg zur Wart die Grossi Chrinne (eigentlich der geplante Rückweg) und beschliessen, dass uns das Schneefeld und die Schuttrinne zu steil sind. Nur einer hat Stöcke dabei, keiner Steigeisen oder Pickel.

Von der Wart aus gehts im endlos scheinenden Schutt auf den Wildgärst, den Tageshöchstpunkt, wo wir die nichtexistente Sicht auf EigerMönchJungfrau bedauern, die Wolken haben uns wieder eingehüllt. Dafür sehen wir auf der Nordseite immer wieder etwas.

Der Rückweg geht, oft im Schatten oder in den Wolken, wieder durchs Hiendertellti. Bei Tierwang biegen wir links ab auf den Weg zur First und auf einmal bietet sich uns das absolut klassische Berner-Oberland-Bild: blühende Wiesen, halbzahme Felsen, blaue Bergseen (Bach[alp]see und seine Kumpels) und dahinter die Weissen Riesen. Beeindruckend! Die autogängige Wanderpiste zur Firstbahn ist allerdings nicht ganz so schön. Wir sind froh um die Seilbahn nach Grindelwald, der Abstiegsweg wirkt von oben sehr wenig attraktiv... ein Ferienhaus am anderen, geteerte Strassen.